Hamburg. Drei Wochen nach den Sex-Angriffen kann die Hamburger Polizei einen Erfolg verbuchen. Die Zahl der Strafanzeigen ist erneut gestiegen.
Die Fotos waren erst wenige Stunden zuvor veröffentlicht worden, dann zeigte die Fahndung Erfolg: Die Polizei hat am Mittwoch zwei Männer festgenommen, die an Silvester auf der Großen Freiheit eine 18-Jährige gemeinschaftlich sexuell genötigt haben sollen. Es handelt sich bei den Tatverdächtigen um Flüchtlinge aus Afghanistan, die in Hamburg leben. Einer von ihnen befindet sich in Untersuchungshaft. Nach Abendblatt-Informationen identifizierte ein Mitarbeiter der Zentralen Erstaufnahme an der Kieler Straße den dort untergebrachten Ghafur N., 29. Bei seiner Vernehmung habe es nach Polizeiangaben Hinweise auf den 24 Jahre alten Farid N. als zweiten möglichen Täter gegeben, der in einer Erstaufnahmeeinrichtung am Wiesendamm wohnt. Wie das Abendblatt erfuhr, soll es die Frau von Ghafur N. gewesen sein, die den Hinweis auf den zweiten Verdächtigen gab. Die beiden Männer sind offenbar verwandt, aber keine Brüder. Ghafur N. und Farid N. sind die ersten Tatverdächtigen, die die Polizei nach den Silvester-Übergriffen festgenommen hat.
Das Opfer hatte Ghafur N. und Farid N. auf einem Übersichtsfoto von der Großen Freiheit wiedererkannt und ausgesagt, diese hätten sie gegen 1 Uhr in der Silvesternacht sexuell belästigt. Nach Abendblatt-Informationen gab die 18-Jährige an, die beiden Tatverdächtigen hätten sie von der Menschenmenge auf der Großen Freiheit abgedrängt und isoliert. Am Mittwoch gab die Staatsanwaltschaft Bildausschnitte für die Öffentlichkeit frei, auf denen die beiden Männer zu erkennen sind. „Das Opfer hatte die Tatverdächtigen zuvor eindeutig wiedererkannt, die Ermittlungen konnten jedoch nicht zur Feststellung ihrer Identität führen“, sagte Polizeisprecher Andreas Schöpflin. „Daher war die Öffentlichkeitsfahndung unser letztes Mittel.“
Nachdem die Polizei Ghafur N. am Mittwoch in der Unterkunft angetroffen hatte, erwirkte die Staatsanwaltschaft im Schnellverfahren einen Durchsuchungsbeschluss für dessen Wohnbereich. „Dabei wurden unter anderem Kleidungsstücke als Beweismittel sichergestellt“, sagte Schöpflin.
Silvester-Übergriffe: Mehr als 200 Anzeigen
Ghafur N. und Farid N. wurden am Donnerstag gegen 14 Uhr einem Haftrichter vorgeführt. Beide sollen die Tat bestreiten. Der 29-Jährige kam dennoch in Untersuchungshaft, der 24-Jährige wurde wieder entlassen. Ein dringender Tatverdacht, der Voraussetzung für die U-Haft ist, konnte ihm nach den Vernehmungen nicht nachgewiesen werden. „Einzelheiten kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht nennen“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Ghafur N. und Farid N. sind nach Informationen dieser Zeitung bisher in Deutschland nicht mit Straftaten in Erscheinung getreten. Unklar ist, wie lange sie sich schon im Land aufhalten.
Inzwischen sind bei der Polizei mehr als 200 Anzeigen von Frauen eingegangen, die angeben, in der Silvesternacht sexuell genötigt worden zu seien. Ghafur N. und Farid N. gehören zu einer Gruppe von acht Männern, die die Polizei bisher als Tatverdächtige identifiziert hat. Ob weitere Männer ebenfalls per Öffentlichkeitsfahndung ermittelt werden könnten, ist bisher unklar. Ausgeschlossen ist es aber nicht. Polizeisprecher Andreas Schöpflin sagt: „Wir haben weitere Tatverdächtige, die bisher noch nicht identifiziert werden konnten.“