Hamburg. Rot-Grün fordert nach sexuellen Übergriffen an Silvester in Hamburg schärfere Gesetze. Der Senat plant eine Bundesratsinitiative.

Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht setzt Hamburg auf eine Verschärfung des Sexualstrafrechts. „Wir werden eine entsprechende Initiative im Bundesrat starten“, kündigte Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde der Bürgerschaft an.

Er begrüße zwar die Bemühungen von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) um strengere Regeln, meine aber auch, „dass es sinnvoll ist, hier weiterzugehen“. Ähnlich äußerte sich Hamburgs neuer Innensenator Andy Grote (SPD) in seiner ersten Rede vor dem Parlament. Er versprach, die Polizei werde alles in ihrer Macht tun, damit sich jede Frau überall in der Stadt - vor allem auf St. Pauli - frei und ohne Angst bewegen könne.

351 Frauen meldeten sich als Opfer

Nach den sexuellen Übergriffen an Silvester in Hamburg sind nach Polizeiangaben inzwischen 218 Strafanzeigen eingegangen. 351 Frauen hätten sich als Opfer gemeldet. Viele beschrieben die Täter als „Südländer“ oder „Nordafrikaner“. Nach der Veröffentlichung von Fotos von Verdächtigen haben Polizisten am Donnerstag zwei 29 und 24 Jahre alte Männer festgenommen. Gegen den 29 Jahre alten Afghanen wurde am Nachmittag Haftbefehl wegen sexueller Nötigung erlassen. Gegen den 24-Jährigen hat sich kein dringender Tatverdacht ergeben. Er wurde am Donnerstag wieder entlassen. Insgesamt sind damit sieben Tatverdächtige ermittelt worden.

Nach dem von SPD und Grünen vorgelegten Antrag zur Verschärfung des Sexualstrafrechts soll Deutschland die sogenannte Istanbuler Konvention ratifizieren, vollständig umsetzen und den Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Gesetz verankern. Nach der von Deutschland bereits 2011 unterzeichneten und 2014 in Kraft getretenen „Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ des Europarats verpflichtet Artikel 36 dazu, „jede nicht einverständliche sexuell bestimmte Handlung mit einer anderen Person unter Strafe zu stellen“. Dabei solle die Strafbarkeit auch solche Handlungen umfassen, bei denen die Opfer keinen Widerstand leisten.

Bislang muss dem Antrag von SPD und Grünen zufolge nach deutschem Recht der Täter Gewalt angewandt, mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben des Opfers gedroht oder eine objektiv schutzlose Lage des Opfers ausgenutzt haben, um sich wegen sexueller Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung strafbar gemacht zu haben. Dass die mutmaßlichen Täter bislang aus Länder kommen, die in besonderer Weise von patriarchalen Strukturen geprägt seien, sei eine besondere Herausforderung, räumten SPD und Grüne ein. Steffen betonte jedoch auch, dass sich sexuelle Gewalt durch alle Gesellschaftsschichten ziehe. Entscheidend sei daher, dass künftig jede sexuelle Handlung gegen oder ohne den Willen des Opfers strafbar sei.

Grote: „Attacken auf Frauen sind unerträglich“

„Die hemmungslosen Attacken auf Frauen und Mädchen in der Silvesternacht sind völlig unerträglich, abstoßend und für unser Gemeinwesen in keiner Weise hinnehmbar“, sagte Innensenator Grote. Er hoffe, dass bei einer Bestätigung der Vorwürfe gegen die beiden festgenommenen Männer eine angemessene Strafe ausgesprochen wird. Gleichzeitig kündigte er an, dass dann auch die Spielräume des Ausländerrechts vollständig ausgeschöpft würden. „Wer solche Taten begeht, ist als Gast hier nicht länger willkommen und muss damit rechnen, dass sein Aufenthalt beendet wird“, sagte Grote.

Verbale Auseinandersetzungen im Parlament gab es vor allem um die Frage, ob auch das Asylrecht verschärft werden soll. Während CDU, FDP und die rechtskonservative AfD dafür warben oder zumindest Diskussionen darüber für angebracht hielten, sahen SPD, Grüne und Linke zunächst keinen Bedarf. „Sexuelle Gewalt (...) ist kein Problem bestimmter Kulturkreise“, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir. Das zu behaupten sei eine Verniedlichung sexueller Gewalt, welche Frauen täglich erlitten.