Altstadt. Für den HSH-Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Mirow geht es jetzt darum, das krisengeschüttelte Geldinstitut „verkaufsfähig“ zu machen.
Ein Mann der lauten Worte war Thomas Mirow – Ex-Wirtschaftssenator, Ex-Stadtentwicklungssenator, Ex-SPD-Bürgermeisterkandidat – noch nie. Als Aufsichtsratsvorsitzender der krisengeschüttelten HSH Nordbank, der Mirow seit knapp drei Jahren ist, gehört der distinguierte Auftritt zur Rollenbeschreibung.
Da kommt es einem Temperamentsausbruch gleich, wenn der 63-Jährige sagt: „Ich werde jedem in den Arm fallen, der die HSH Nordbank unverdienterweise schlechtredet.“ Was den früheren Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ärgert, sind „falsche Behauptungen“ über die Bank. „Etwa, wenn behauptet wird, der Vorstand belüge die Öffentlichkeit. Das ist eindeutig nicht der Fall“, so Mirow bei einem Pressegespräch in den Räumen der Bank am Gerhart-Hauptmann-Platz.
Nun würde Mirow niemals Namen nennen, das ist nicht sein Stil. Aber er dürfte den früheren schleswig-holsteinischen Wirtschaftsminister Werner Marnette im Blick haben, einen der härtesten Kritiker der diversen milliardenschweren Rettungsversuche der Bank, deren Haupteigentümer die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein sind. Marnette lässt in der Regel auch an HSH-Vorstandschef Constantin von Oesterreich kein gutes Haar. Zuletzt hatte Marnette gegen die Bankchefs Strafanzeige wegen des Verdachts einer schweren Untreue erstattet.
Der Grund: Ende Oktober 2015 hatte die EU-Kommission eine weitere Rettungsaktion genehmigt – es ist eine Art letzter Chance für das Geldinstitut. Die Parlamente von Hamburg und Schleswig-Holstein haben noch einmal Kreditermächtigungen in Höhe von schier unglaublichen 16,2 Milliarden Euro beschlossen, um die Bank bis 2018 über Wasser zu halten. Aber: Spätestens dann muss die HSH Nordbank privatisiert werden – das ist die Auflage der EU-Kommission. Findet sich kein Käufer, wird die Bank abgewickelt.
Es geht um sehr viele Arbeitsplätze
Es geht also ums Überleben und nicht zuletzt um sehr viele Arbeitsplätze – derzeit rund 2400 an den beiden Standorten Hamburg und Kiel. „Es hat die sehr entscheidende Etappe begonnen, die Bank verkaufsfähig zu machen“, betonte Mirow. Und da sieht der Aufsichtsratsvorsitzende das Geldhaus auf einem guten Weg. „Es lässt sich sehr eindeutig belegen, dass das Risiko für die Steuerzahler seit 2009 massiv reduziert worden ist“, so Mirow. Das heutige Management sei erfolgreich darin, den „Riesenschlamassel der Jahre 2005 bis 2009“, für den andere verantwortlich seien, zu bereinigen.
Die HSH Nordbank ist geschrumpft: Die Bilanzsumme hat sich seit 2008 auf 105 Milliarden Euro halbiert, die Zahl der Mitarbeiter in etwa auch. Aus dem global agierenden „weltgrößten Schiffsfinanzierer“ ist in den Worten Mirows das geworden, „was die Landesbanken immer waren: eine Regionalbank“. Der Banker räumt zwar ein, dass der Bereich Schiffsfinanzierung derzeit „schrecklich“ laufe, aber besser stehe es bei den beiden anderen HSH-Säulen Immobilien- und Unternehmenskunden. „Wir haben mittlerweile nicht nur eine, sondern drei Handbreit Wasser unter dem Kiel“, drückt es Mirow passend mit einem maritimen Bild aus.
Der Aufsichtsratschef spricht von einem „validen Geschäftsmodell“ der Bank, die „durch und durch vernünftig aufgestellt“ sei. Die Prozesse „stimmen, das war nicht immer so“. Ein Beleg ist für Mirow die NPL(Non-performing Loans)-Quote, also der Anteil toxischer oder schlicht Schrottkredite. Beim Neugeschäft seit 2011 liegt die NPL-Quote bei 0,4 Prozent. Mirow: „Das ist sehr ordentlich.“ Wenn da nicht die Altlasten wären. Noch im Mai 2015 betrug der Anteil ausfallgefährdeter Darlehen 23 Prozent.
Die mit der EU-Kommission gefundene Lösung sieht vor, dass die Länder NPL in Höhe von 6,2 Milliarden Euro übernehmen und die NPL-Quote der Bank damit auf etwa 13 Prozent sinkt. „Für den Steuerzahler entstehen dadurch keine neuen Risiken.“ Das ist Mirow wichtig. Es erfolge nur eine Verschiebung von der Bank in die unmittelbare Zuständigkeit der Länder. Mit anderen Worten: Der Steuerzahler wird so oder so zur Kasse gebeten.
Der Vorteil für die HSH Nordbank: Sie kann sich auf den hoffentlich dauerhaft profitablen Kern ihres Geschäfts konzentrieren. Die Zwei-Jahres-Frist zur Privatisierung beginnt mit der abschließenden Entscheidung der EU-Kommission im März oder April. „24 Monate für eine Privatisierung im Finanzsektor ist nichts“, weiß Mirow. Und doch: Die HSH Nordbank sei „eine funktionierende, markt- und wettbewerbsfähige Bank, ein interessantes Unternehmen“. Kurzum: „Ich sehe gute Zukunftschancen.“ Zwar seien die Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein für den Verkauf verantwortlich, aber einen Rat gibt der Aufsichtsratschef dann doch: Die Bank sollte als Einheit erhalten bleiben und nicht durch den Verkauf besonders profitabler Teile zerpflückt werden.