Hamburg . Die Dauerkrise in der Schifffahrt hinterlässt ihre Spuren. Sanierung der HSH Nordbank könnte Druck auf den Märkten nochmals erhöhen.

Die deutsche Handelsflotte schrumpft. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ging die Zahl der Schiffe unter deutscher Regie um netto 117 auf 3122 Schiffe zurück, teilte der Verband Deutscher Reeder (VDR) am Donnerstag in Hamburg mit. Allein 182 Schiffe wurden ins Ausland verkauft, darunter 68 Containerschiffe. Seit dem Höchststand im Jahr 2012 hat die Transportkapazität der Handelsschiffe um 12 Prozent, die Zahl der Schiffe sogar um 17 Prozent abgenommen. „Das ist eine beunruhigende Entwicklung“, sagte VDR-Präsident Alfred Hartmann. Auch die Zahl der deutschen Seeleute verringerte sich von mehr als 7000 auf 6700.

Durch die Verkäufe ins Ausland verschärfen sich die Konkurrenz und der Kostendruck auf den Weltmärkten weiter. Die verkauften Schiffe bleiben meist zu besseren Bedingungen in Fahrt, weil sie in der Anschaffung günstig sind und einen niedrigeren Kapitaldienst tragen müssen. Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit dieser Schiffe. Angesichts der Überkapazitäten auf den Weltmärkten drückt das die Frachtraten und die Charterraten. Diese sind aber für die deutschen Reeder entscheidend. Die deutschen Reedereien, rund 350 meist kleine und mittlere Unternehmen, leben davon, ihre Schiffe an die großen Linienreedereien zu verchartern. „Die Charterraten sind wie vor 15 Jahren, bei den Kosten von heute“, sagte Hartmann.

Sanierung der HSH Nordbank kann Lage weiter verschärfen

Die bevorstehende Sanierung der HSH Nordbank kann die Lage weiter verschärfen. Die Bank gibt 8,2 Milliarden Euro an notleidenden Schiffskrediten ab, davon zwei Milliarden Euro in den freien Markt. „Wenn nun viele Schiffe auf den Markt geworfen werden, dann werden die Preise weiter sinken“, sagte Hartmann. „Es ist zu befürchten, dass Hedgefonds in großer Zahl Schiffe zu günstigen Preisen kaufen.“ Der Verband bemühe sich gemeinsam mit der Politik, Möglichkeiten zu finden, die HSH-Schiffe in Deutschland zu behalten. „Es ist schwierig, solche Modelle zu entwickeln“, sagte Hartmann. „Aber es ist im nationalen Interesse“. Jedes Schiff, das ins Ausland verkauft werde, schwäche den maritimen Standort Deutschland und koste Arbeitsplätze und Knowhow.

Für ausländische Fonds seien Schiffe ein attraktives Investment, denn die Schifffahrt insgesamt sei keine Abbau- sondern eine Wachstumsbranche. Nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll der internationale Warenverkehr im kommenden Jahr um 4,1 Prozent wachsen. „Die wirtschaftliche Dynamik etwa in Indien und Teilen Afrikas eröffnet der Schifffahrt neue Perspektiven.“ Dennoch werde 2016 erneut ein schwieriges Jahr.

Hartmann mahnte an, dass Bundestag und Bundesregierung nun schnell ihre Zusagen umsetzen müssten, den EU-Förderrahmen für die Seeschifffahrt so wie in den Nachbarländern auszuschöpfen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Reeder die Lohnsteuer der Seeleute zu 100 Prozent behalten dürfen und die Beiträge zur Sozialversicherung erstattet bekommen.