Hamburg. Eine Software zur Abrechnung der Krankheitskosten von Hamburger Beamten verzögert sich und verursacht neue Kosten – kein Einzelfall.

Der Senat bekommt die Probleme mit der Erneuerung seiner Verwaltungssoftware offenbar auch weiterhin nicht in den Griff. Nach den massiven Kostensteigerungen und Verzögerungen bei den Programmen Jus­IT (Jugendämter) und KoPers (Personalverwaltung) wird nach einer ersten Kostenerhöhung im Jahr 2014 nun auch die Software eBeihilfe noch einmal zusätzliche Kosten verursachen – weil sie noch später einsatzbereit sein wird. Das ergibt sich aus der Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Thilo Kleibauer.

Ursprünglich sollten erste Teile des Programms, das der Dienstleister Dataport für Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam entwickelt, bereits Ende 2013 in Betrieb gehen. Mithilfe der Software sollen die Landesbeamten künftig ihre Krankheitskosten abrechnen. Die zunächst veranschlagten Kosten von 2,2 Millionen Euro waren bereits im vergangenen Jahr auf 4,5 Millionen mehr als verdoppelt worden. Nun steigen sie weiter – und das Programm wird auch Ende dieses Jahres nicht einsatzbereit sein, wie es 2014 angekündigt worden war. „Aufgrund der im Abnahmetest durch die Kooperationspartner Schleswig-Holstein und Hamburg festgestellten, anhaltend vielen, zum Teil betriebsverhindernden Fehler im für eBeihilfe angepassten Beihilfe-Fachverfahren PERMIS B, wurde die Abnahme des Systems abgebrochen“, schreibt der Senat in seiner Antwort. „Die Fehler werden derzeit durch Dataport behoben. Nach einem erneuten Abnahmetest ist anschließend die Pilotierung geplant.“

Große Schwierigkeiten gibt es offenbar beim Einlesen von Dokumenten, etwa Rezepten. Die angestrebte Erkennungsrate von 85 Prozent wurde bei Tests laut Senatsantwort nicht erreicht. Die nötigen Korrekturen werden nicht nur mehr Zeit erfordern, sie machen das Projekt auch noch einmal teurer. „Die Kosten von 4.483.950 Euro beziehen sich auf das geplante Vorhaben bis zum Abschluss der Stufen 1a und 1b. Für Stufe 1a besteht durch einen mit Dataport geschlossenen Werkvertrag weitgehende Kostenstabilität, allerdings führen Verzögerungen zu einer insgesamt längeren Projektdauer, die kostensteigernd wirkt. Die Kosten für die Stufe 1b (Beschaffung und Einführung von Prüfsoftware) können weiterhin noch nicht abschließend geschätzt werden.“

Konkret bedeutet das: Zwar hat die Stadt mit Dataport einen Festpreis für die Software vereinbart. Die Mehrkosten für Hamburg entstehen aber dadurch, dass der Senat weiterhin eigene Mitarbeiter für das Softwareprojekt abstellen muss. Auch die durch die Einführung angestrebte Reduzierung der 55 Stellen in der Beihilfe-Abteilung um rund zehn Prozent lässt nun deutlich länger auf sich warten.

Die Probleme seien so massiv, dass man keinen neuen Einführungstermin nenne

„Wieder einmal fahren Senat und Dataport ein wichtiges IT-Projekt der Stadt gegen die Wand“, konstatiert nun CDU-Politiker Kleibauer. „Umfang und Kosten des Projekts wurden offenbar völlig falsch eingeschätzt. Ursprünglich sollte die Einführung von eBeihilfe schon 2013 starten, jetzt wurde die Umsetzung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Es kann nicht sein, dass in diesem Bereich keine funktionierende zeitgemäße Software zum Einsatz kommt.“ Während in anderen Bundesländern die papierlose Beihilfebearbeitung funktioniere, hinke Hamburg hinterher. „Dies führt bei steigenden Antragszahlen zu langen Bearbeitungszeiten trotz Wochenendarbeit der zuständigen Mitarbeiter. Hier muss der Senat endlich handeln und für eine vernünftige Projektsteuerung sorgen. Die angekündigte Kostenstabilität im IT-Bereich wird an dieser Stelle meilenweit verfehlt.“

Personalamts-Chefin Bettina Lentz versucht gar nicht erst, die Situation schönzureden. „Ich weiß auch nicht mehr, was ich noch sagen soll“, sagte Lentz dem Abendblatt. Weil die Probleme so massiv seien, habe man sich entschieden, gar keinen neuen Einführungstermin zu nennen. Noch deutlich größere Probleme hat das Personalamt bei der Einführung der Personalsoftware KoPers, mit der die Bezahlung von 70.000 städtischen Mitarbeitern seit 2014 abgewickelt werden sollte. Das von der Firma P&I entwickelte Programm ist bisher lediglich für die Auszahlungen an die ebenfalls rund 70.000 Versorgungsempfänger und Pensionäre im Einsatz. Die aktuell Beschäftigen (Lehrer, Polizisten, Feuerwehrleute etc.) werden ihr Geld laut Lentz frühestens 2017/18 mithilfe von KoPers bekommen. Die Kosten für das Programm sind bereits von zunächst 40 auf 57 Millionen gestiegen. „Und es wird eine weitere Kostensteigerung geben“, so Lentz, weil das Projekt noch nicht bis zum voraussichtlichen Ende finanziert sei. Immerhin: Von März 2016 an sollen zwei kleinere städtische Einheiten probeweise mit der teuren neuen Software arbeiten: das Statistikamt Nord und die Friedhöfe.

Man arbeite an einer Verwaltungsvorschrift zur Eindämmung der Kosten

Angesichts der immer neuen Meldungen über Kostensteigerungen bei IT-Projekten ist man auch in der SPD-Bürgerschaftsfraktion längst nicht mehr glücklich mit dem Agieren des eigenen Senats. Schon im Mai 2014 hatte die Fraktion der damals noch allein regierenden SPD den Senat aufgefordert, bis Oktober 2014 ein Konzept vorzulegen, mit dem IT-Projekte künftig besser kalkuliert werden sollen. Der Senat möge „Vorgaben für die Verwaltung entwickeln, die auf Basis der vielfältigen Erfahrungen aus IT-Projekten künftig eine höhere Kostenstabilität bei Entwicklungs- und Einführungsprozessen von IT-Verfahren und -Anwendungen sicherstellen“, hieß es in dem federführend von SPD-Haushaltspolitiker Jan Quast erarbeiteten Antrag. Der Senat legte jedoch bis heute kein entsprechendes Konzept vor.

Mittlerweile aber scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Im Rahmen eines IT-Gesamtplans arbeite man jetzt auch an einer Verwaltungsvorschrift zur Eindämmung der Kosten, heißt es aus der Finanzbehörde. Die Drucksache solle noch dieses Jahr vom Senat beschlossen werden.