Kiel/Hamburg. Neue Behördensoftware für Hamburg und Schleswig-Holstein läuft nicht – und wird immer teurer. Immer höhere Kosten für Steuerzahler.
Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit werkeln Hamburg und Schleswig-Holstein seit 2009 an einem ihrer seltenen Gemeinschaftsprojekte. Die beiden Länder haben allerdings auch keinen Grund, die Öffentlichkeit zu suchen. Denn es läuft nicht gut bei „KoPers“, der „Kooperation Personaldienste“. Längst sind alle Einführungstermine des 100-Millionen Euro teuren Computerprogramms gerissen worden. Ursprünglich sollte es bereits 2012 funktionieren, rund 110.000 Bedienstete der beiden Länder sollten damit entlohnt und verwaltet werden. Derzeit sind aber nur Teile des Programms einsetzbar, und auch die sind noch mit Mängeln behaftet. Der Staat, so scheint es, ist unprogrammierbar geworden.
KoPers zeigt wie unter einem Vergrößerungsglas, wie kompliziert und teuer unsere Bürokratie ist. Dabei sollte das Programm eigentlich genau das Gegenteil bewirken. Verwaltung sollte rentabler werden. Ob dieses Ziel je erreicht wird, ist mehr als fraglich. Die Kieler Staatskanzlei stellt regelmäßig Wirtschaftlichkeitsberechnungen für den schleswig-holsteinischen Teil von KoPers an. Sie ermittelte zuletzt einen negativen Kapitalwert von 32,8 Millionen Euro. Das bedeutet: KoPers ist eine höchst unvorteilhafte Investition.
Im Hamburger Senat gibt man sich mit derartigen Berechnungen gar nicht erst ab. Im November 2014 gab er auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Finn-Ole Ritter und Robert Bläsing folgende bemerkenswerte Antwort: „Einer Wirtschaftlichkeitsberechnung liegen konkrete Handlungsalternativen zugrunde. Einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zum heutigen Zeitpunkt fehlt die konkrete Handlungsalternative gegenüber dem erfolgreichen Abschluss des Projektes.“ Mit anderen Worten: Es ist ohnehin nichts mehr zu ändern.
Für die Steuerzahler wird das alles teuer. Hamburg hatte mit Einführungskosten von 40 Millionen Euro gerechnet, nun sollen es 57,45 Millionen Euro werden. Schleswig-Holstein hatte mit 26,5 Millionen Euro gerechnet, Ende 2014 waren davon schon 25 Millionen Euro ausgegeben. Hinzu kommen Lizenzgebühren, wenn das Programm des Wiesbadener Softwareunternehmens P&I läuft. Dass diese Lizenzgebühren gezahlt werden, ist vertraglich vereinbart. Der 2011 abgeschlossene Vertrag wird mittlerweile von allen Beteiligten kritisch gesehen. Die komplizierte Konstruktion mit Dataport, dem ländereigenen EDV-Dienstleister, hemmte das Projekt. Und P&I hatte offenbar die Komplexität der Programmieraufgabe massiv unterschätzt.
In Schleswig-Holstein geht man derzeit davon aus, dass KoPers erst 2018 mit allen Teilen funktionieren wird. Allerdings haben sich in der Vergangenheit schon viele Prognosen als falsch erwiesen. Hinzu kommt: Das System ist in einigen Bereichen schon jetzt so alt, dass es an „aktuelle technologische Entwicklungen“ angepasst werden muss, wie die Staatskanzlei schreibt. Folge: 2015 und 2016 braucht man insgesamt fast sechs Millionen Euro mehr.
Den Ländern rennt die Zeit davon, ein noch viel größerer Schaden droht. Denn je länger KoPers nicht funktioniert, desto länger muss die Software in Schuss gehalten werden, die derzeit noch die Auszahlung der Löhne und Gehälter vornimmt. Aber: „Die erforderlichen Kompetenzträger stehen zumeist altersbedingt nicht mehr zur Verfügung“, heißt es in der Kieler Staatskanzlei.
Und dann sind da noch die Folgen einer Verwaltung, sie seit mehr als 60 Jahren gewachsen und gewachsen ist – und sich immer neue und immer mehr Regeln gegeben hat. So gibt es bei der Entlohnung der Landesangestellten eine schier unübersehbare Fülle von Zuschlägen und Sonderzahlungen. Derzeit sind 400 Dienststellen mit Personalverwaltung beschäftigt, mehr als 3000 unterschiedliche Formulare werden benutzt. Ein Beispiel: In der Landesverwaltung gibt es insgesamt 64 Formulare, die zum Einsatz kommen, wenn ein Beamter seine Wochenarbeitszeit erhöhen oder verringern will. In Vorbereitung auf KoPers ist diese Zahl reduziert worden – auf 28.