Hamburg. Viele machen schlechte Erfahrungen. Es geht um verschleppte Entscheidungen bei den Gerichten und zweifelhafte Betreuer.

Nach dem Abendblatt-Bericht über die vermögende Dame von der Elbchaussee, die mutmaßlich gegen ihren Willen von einer gesetzlich bestellten Anwältin betreut wird, gab es unzählige Leser-Reaktionen. Darunter waren Schilderungen von Schicksalen, Beispiele von gelungenen und katastrophal verlaufenen Betreuungen sowie Dokumente, die nahelegen: In einzelnen Betreuungsfällen wirkt kriminelle Energie mit.

Leser berichten von Menschen, die ohne Not aus ihrer bisherigen Umgebung wie einem Heim oder einer Dementen-WG herausgeholt und in eine neue Einrichtung gebracht werden, weil die Betreuer dort eine Art „Fangprämie“ erhalten. Mehrere dieser Fälle liegen dem Abendblatt vor. Beweisen lassen sich diese Praktiken nicht. In einem besonders krassen Fall im östlichen Hamburger Umland hat ein ehrenamtlicher Betreuer Strafanzeigen gestellt gegen eine Berufsbetreuerin und den Geschäftsführer eines Pflegedienstes. Sie sollen sieben Bewohner mit betrügerischen Methoden in eine andere Unterkunft gelotst haben.

Betreuerverband bietet Beschwerdesystem und Schlichtung an

Die gerichtlich bestellten Berufsbetreuer streiten solche Praktiken ab. Sicherlich sind die schwarzen Schafe auch die Ausnahme. Der Geschäftsführer des Bundesverbands der Berufsbetreuer, Harald Freter, sagte dem Abendblatt, man fordere für Betreuer seit Jahren verbindliche Qualitätskriterien. „Betreuung – das kann nicht jeder.“ Der Verband biete ein Beschwerdesystem und Schlichtungsverfahren. Zugleich versichert Freter, dass die meisten Betreuer ordentliche Arbeit leisteten.

Die Vorwürfe kommen meist von Verwandten. „Eingesetzte Betreuer haben Narrenfreiheit“, schrieb dazu ein Leser aus Norderstedt mit mehrjähriger Erfahrung mit seiner dementen Mutter.

Eine Leserin berichtet, wie lange bestimmte Hamburger und Amts­gerichte aus der Metropolregion angeblich Entscheidungen verschleppen. So sollte die Mutter der Leserin aus Kostengründen aus einem Heim in eine günstigere, aber genauso komfortable Dementen-WG kommen, um den Eigenanteil an der Pflege zu reduzieren. Weil das Gericht rund zwei Jahre für den Beschluss brauchte, hat die Leserin ihren hohen Kostenanteil weiter tragen müssen – insgesamt zahlte sie durch die Wartezeit mehr als 20.000 Euro zu viel.

Kick-back-Geschäfte mit Immobilien?

Ein Fall, der bei einem Amtsgericht lag, zeigte krass, wie dubiose Betreuer ihre Stellung ausnutzten. So sollen Häuser von Klienten an bestimmte Käufer deutlich unter Wert verkauft worden sein. An der Differenz zum tatsächlichen Wert soll der Betreuer beteiligt worden sein – ein verbotenes Kick-back-Geschäft.

Eine Leserin lag im Bundeswehrkrankenhaus in einem Zimmer mit einer demenzkranken Frau. Deren Betreuerin kam und wurde von der Schwester gebeten, der Betreuten das Essen zu reichen. „Die Betreuerin antwortete: ,Nein, das kann ich nicht!‘ Ich war entsetzt über das asoziale Verhalten der Betreuerin.“

"Das Erbe einem anderen zugeschanzt"

In einem Fall aus Bergedorf haben sich Nachbarn für einen hilflos gewordenen Mann eingesetzt, dem sein letzter Halt im Leben während eines UKE-Aufenthalts vom sofort eingesetzten Betreuer wegorganisiert wurde: sein Hund. Eine Zwischenunterbringung in einem Tierheim war dem Betreuer zu aufwendig.

Ein Leser schrieb, er habe hilflos zusehen müssen, „wie das Erbe meines Vaters von seiner zweiten Ehefrau ihrem Freund zugeschanzt worden ist, indem sie ihm eine private Betreuungsvollmacht erteilt hat“. Er erwarte vom Gesetzgeber, dass private Betreuungsverträge grundsätzlich notariell beurkundet werden müssten.