Hoheluft-West. Mongols-Chef Erkan U. sitzt nach seiner Festnahme in Haft. Dramatischer MEK-Einsatz in Hoheluft. Passanten befürchteten Terroranschlag.
Vielen Passanten stockte der Atem, manche befürchteten einen Terroranschlag, als am Freitag gegen 11 Uhr plötzlich mehrere Detonationen und Lichtblitze ein Haus an der Hoheluftchaussee erschütterten. Kurz darauf führten Polizisten den berüchtigten Chef der Rockerbande Mongols, Erkan U., in Handschellen ab.
Schwer bewaffnete Beamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), die über das Dach in eine Penthousewohnung eingedrungen waren und dafür die Glasscheiben auf dem Balkon zertrümmert hatten, überwältigten den Rockerboss, der keinen Widerstand leistete. „Er hat sich sogar selbst auf den Boden gelegt“, verriet ein Beamter. „Dabei hat er kein Wort gesagt.“
Die nächsten Monate dürfte der 37 Jahre alte Erkan U. im Gefängnis verbringen. Weil er „gröblich und beharrlich“, wie es im Juristendeutsch heißt, nach einer Verurteilung wegen Betrugs gegen Bewährungsauflagen verstoßen habe, sei vom Amtsgericht ein Sicherungshaftbefehl erlassen worden, damit Erkan U. seine Reststrafe absitzt.
Erkan U. gilt in Polizeikreisen als „völlig durchgeknallt“
Monatelang hatte der in Polizeikreisen als „völlig durchgeknallt“ geltende Boss des Hamburg-Ablegers der Rockergruppe Mongols mit wilden Hasstiraden über seine Facebook-Seite, aber auch mit offenbar gezielten Provokationen gegen die Rockergruppe Hells Angels mobil gemacht. Dabei kam es auch zu brenzligen Situationen, wie einem Aufmarsch der Mongols auf dem Kiez in ihren Rockerkutten in Beisein eines Rockers vom Club Bandidos, den Todfeinden der Hells Angels.
Von einem Rockerkrieg zwischen Mongols und Hells Angels will man bei der Polizei aber nicht reden. „Die Angels haben das nicht nötig“, sagt ein Beamter. „Die schauen sich das ganz entspannt an.“ Denn viel steckte nicht hinter den wüsten Drohungen von Erkan U. Selbst Kutten der Hells Angels, die Erkan U. wie Trophäen an die Wand nagelt, sind nach Erkenntnissen von Ermittlern nicht wie suggeriert „erobert“, sondern von einem Überläufer als Antrittgeschenk mitgebracht worden. Im Rotlichtmilieu herrschte trotzdem „Verunsicherung“.
Erst vor wenigen Tagen wurde in Niendorf ein Revolver – geladen mit Dum-Dum-Geschossen – sichergestellt. Er gehörte einem Mann, der dort seine Freundin abholen wollte, die in der Wohnung eines Mongols als Prostituierte arbeitet. Bei der Polizei war Erkan U. in der letzten Zeit mehr als Opfer denn als Täter aufgefallen.
Ende Oktober Handgranate unter Lamborghini
Ende Oktober banden ihm bis heute unbekannte Täter eine Handgranate unter seinen Lamborghini, die explodierte, aber wenig Schaden anrichtete. Kürzlich wurde er in der Wohnung in Hoheluft-West verprügelt. Dann wurde ihm noch seine Kutte gestohlen. Sie ist Rockern „heilig“. Die „Beute“ präsentierte per Video ein vermeintlicher Transvestit, der mit der übergestreiften Mongols-Kutte über den Kiez lief.
Ins Visier der Justiz war Erkan U. im April geraten, weil er in der Wohnung an der Hoheluftchaussee eine Frau mit einer scharfen Waffe bedroht haben soll. Kurz darauf stürmte das MEK erstmals seine Wohnung. Mit einem Hubschrauber landeten die Elitepolizisten auf dem Dach. In der Wohnung entdeckten die Beamten eine scharfe Schusswaffe und Drogen. Erkan U. kam damals wieder frei.
Im August durchsuchten Polizisten das Clubhaus der Mongols in Seevetal. Dort wurde abermals eine scharfe Schusswaffe gefunden. Erkan U. wurde damals ein paar Kilometer entfernt aus seinem Auto gezerrt. Er soll dabei unter Drogeneinfluss gestanden haben. Wieder kam der 37-Jährige auf freien Fuß. Für einen Rockerboss hatte er damit noch relativ wenig auf dem Zettel.
Zehn Monate im Gefängnis
Auch seine Verurteilung wegen Betrugs vor mehreren Jahren galt eher als Kleinkriminalität. In seiner Zeit als Wirtschafter im „Laufhaus“ soll er mithilfe von Prostituierten mehreren Freiern die EC-Karten samt Geheimnummer abgeschwatzt haben, um Konten zu plündern. Auch Bedrohung und andere kleinere Delikte flossen, so erinnern sich Beamte, in das Urteil ein. Eine Reststrafe aus diesem Urteil war zur Bewährung ausgesetzt worden.
Dass diese Haftstrafe jetzt abgesessen werden muss, hat offenbar nicht viel mit den jetzigen Ermittlungsverfahren zu tun. Erkan U. erhielt einen Strafbefehl wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, denn der Rocker mit türkischen Wurzeln zeigte sich mit Nazisymbolen. Rund zehn Monate der ursprünglich zur Bewährung ausgesetzten Reststrafe muss Erkan U. jetzt noch im Gefängnis absitzen.
Darauf könnte nahtlos eine weitere Haftstrafe folgen. Zurzeit laufen gegen Erkan U. noch Verfahren wegen Waffen- und Drogenbesitzes. Bei dem Einsatz am Freitag wurden neben der Waffe auch mehrere Munitionsdepots gefunden, zudem erneut Kokain. Der Lamborghini, der in einer Hotelgarage geparkt war, wurde beschlagnahmt.