Langenhagen. Nach Hamburgs gescheiterter Olympia-Bewerbung entschied sich der DOSB nun gegen die geplante Willkommensfeier im August 2016.
Vier Tage nach dem Nein der Hamburger zur Fortsetzung der Olympiakampagne der Stadt haben Vorstand und Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zweieinhalb Stunden lang im Maritim-Hotel am Flughafen Hannover-Langenhagen die Entscheidung aufzuarbeiten versucht. „Es gab keine Schuldzuweisungen, die Aussprache war angenehm sachlich und zielführend“, betonten DOSB-Präsident Alfons Hörmann und der -Vorstandsvorsitzende Michael Vesper. „Es komme aber nicht darauf an, wie man sich selber bewertet, sondern wie das andere tun“, betonte Hörmann. Die zwölfte DOSB-Mitgliederversammlung am Sonnabend an selber Stelle werde deshalb für ihn zum „Tag der Wahrheit“.
Hörmann erwartet von den Mitgliedsverbänden jedoch keine Abrechnung, kein Nachtreten, dafür gäbe es bislang keine Indizien. „Alle Anrufe und Mails, die ich seit Sonntagabend erhalten haben, waren vom Tenor her positiv und konstruktiv. Es melden sich aber meist auch nur jene Leute, die einen trösten oder unterstützen wollen. Insofern wird es schon interessant, was am Freitag und am Sonnabend passiert.“ Je nach Verlauf der Versammlung schloss der DOSB-Präsident personelle Konsequenzen nicht aus.
Hörmann: Ungeklärte Finanzierung hat Prozentpunkte gekostet
Die Frage, warum die Hamburger gegen Olympia gestimmt haben, konnten auch Präsidium und Vorstand nicht eindeutig beantworten. Die ungeklärte Aufteilung der Kosten zwischen Hamburg und dem Bund habe sicherlich beim Referendum einige Prozente gekostet, glaubt Hörmann, aber auch der inakzeptable Zustand der Weltverbände des Sports, das nicht gelöste Dopingproblem habe wahrscheinlich zu einem Vertrauensverlust bei den Bürgern geführt. Er werde gerade dazu am Sonnabend in seiner Rede klare Worte sagen. „In diesem Punkt passt kein Blatt Papier zwischen mir und den Olympiagegnern“, stellte Hörmann klar.
Bei der finalen Aussprache über die gescheiterte Hamburger Bewerbung werden sich auch Bürgermeister Olaf Scholz, Innen- und Sportsenator Michael Neumann und Sportstaatsrat Christoph Holstein (alle SPD) den Fragen der Delegierten stellen wie die beiden Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft Nikolas Hill und sein Stellvertreter Bernhard Schwank. „Jetzt bringen wir die Sache auch anständig zu Ende“, sagte Scholz. Der Auftritt der Hamburger wurde nach dem Olympia-Aus allerdings kurzfristig von einer Stunde auf 20 Minuten reduziert.
Hamburg soll weiterhin internationale Meisterschaften austragen
Der vom Senat für Ende August 2016 in Hamburg geplante Empfang der deutschen Olympiamannschaft nach der Rückkehr von den Sommerspielen in Rio de Janeiro wurde am Freitagabend abgesagt, obwohl die Verträge fast fertig ausgehandelt waren. Die Begrüßung des Teams soll nach Abendblatt-Informationen jetzt in Frankfurt stattfinden. Auch die nächste DOSB-Mitgliederversammlung findet Ende nächsten Jahres nicht wie ursprünglich geplant in Hamburg statt. Aus DOSB-Kreisen heißt es, die Lust auf die Stadt sei bei Funktionären und Verbänden nicht gerade ausgeprägt.
Die begeisterte Willkommensfeier des deutschen Teams im Hamburger Hafen nach den Spielen 2012 in London war in diesem Frühjahr einer der Mosaiksteine der Entscheidung des DOSB, sich auf Hamburg und nicht auf Berlin als Olympiakandidaten festzulegen. Die Hoffnung jedoch bleibt, dass Hamburg dem deutschen Sport künftig als Ausrichter internationaler Meisterschaften zur Verfügung steht. Dass sich die Stadt weiter um die Olympiaqualifikation der Basketballer bemüht, wurde beim DOSB positiv aufgenommen.
DOSB: Deutsche Sport hat gute Perspektive
Der Sportbund erwartet nun ein Jahrzehnt ohne Olympiabewerbung, frühestens zu den Sommerspielen 2032 sollte man wieder an eine Kampagne denken. „Der Vorteil ist: Jetzt können wir uns auf andere, vor allem interne Aufgaben konzentrieren und hier noch mehr Gas geben“, sagte Hörmann. Die Strukturen im DOSB, das Verhältnis zu den Mitgliedsverbänden, die Schnittstellen zu den Tochterunternehmen wie der Deutschen Sportmarketing sollen verbessert, effektiver gestaltet, schlanker und sparsamer konstruiert werden. Wichtigster Punkt der Agenda bleibt die vor einem Jahr begonnene Reform des Leistungssports. Nach den Spielen im Rio soll im Herbst nächsten Jahres das Konzept fertig sein.
DOSB und das für Sport zuständige Bundesinnenministerium diskutieren derzeit in sieben Arbeitsgruppen mögliche Veränderungen. Der Befürchtung, dass nach dem Aus für olympische Heimspiele staatliche Mittel spärlicher fließen werden, trat Vesper entgegen: „Wenn das Konzept steht, wird die Umsetzung nicht am Geld scheitern.“ Hörmann könnte sich allerdings vorstellen, dass „manche Zusatzinitiative, mancher Impuls aus der Gesellschaft und der Wirtschaft schwerer zu bekommen sein wird“. Der deutsche Sport liege jedoch nicht in Schutt und Asche, der DOSB habe so viele Stärken, „dass es eine vernünftige Perspektive gibt“.