Hamburg. Oberbaudirektor Jörn Walter zu der Idee, das Hafenareal trotzdem zu bebauen und zu einen neuen Radweg von der Veddel bis zur HafenCity.

Oberbaudirektor Jörn Walter dürfte die moderaten Töne, die nach dem Aus für Hamburgs Olympiabewerbung von der Hafenwirtschaft kamen, mit gemischten Gefühlen aufgenommen haben. Über Monate hatte vor allem der Unternehmensverband Hafen Hamburg lautstark und kritisch die geplante Herauslösung des Kleinen Grasbrooks aus dem Hafengebiet – dort sollte die Olympia City entstehen – begleitet. Jetzt heißt es, dass die Unternehmen trotz der Olympiaabsage prüften, ob sie ihren Standort verlagern sollten.

„Eines steht jetzt erst einmal fest“, sagte Walter am Dienstag dem Abendblatt, „für den Kleinen Grasbrook gibt es aus stadtentwicklungspolitischer Sicht zunächst keine weiteren Planungen. Das ist jetzt vorerst beendet.“ Der Oberbaudirektor meint damit die Idee, das olympische Dorf so zu entwickeln, dass nach den Spielen dort ein Vorzeigestadtteil in Sachen Nachhaltigkeit und Inklusion mit 8000 Wohnungen in einer sozial verträglichen Mischung zur Verfügung gestanden hätte.

Der Idee von Olympiakritikern, das Quartier könne auch ohne das sportliche Großereignis entwickelt werden, teilt der Oberbaudirektor eine Absage. „Wir haben im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung genau geprüft, welche Kosten durch die Verlagerung von Unternehmen und die Aufbereitung des Geländes entstehen würden.“ Dabei sei festgestellt worden, dass dieses Projekt „ohne die Spiele im Moment nicht zu stemmen ist“.

Hoffnung für die Entwicklung des Hafenareals

Allerdings hält der Oberbaudirektor in Sachen Kleiner Grasbrook noch nicht alle Messen für gelesen. „Wie man in zehn oder 20 Jahren über den Kleinen Grasbrook denkt, lässt sich heute noch nicht sagen. Ob es eine neue Hafennutzung gibt oder eine andere Entwicklung möglich ist, wird wohl die nächste Generation von Stadtplanern beschäftigen.“

Für die kommenden Jahre sieht Jörn Walter bei der Stadtentwicklung Hamburgs keine fundamentale Beeinträchtigung. Allerdings müsse man die Dinge realistisch sehen. „Mit den Olympischen Spielen hätten finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden, mit denen ein Teil der Städtebauprojekte rascher umgesetzt hätten werden können. Jetzt wird es eher im Normaltakt weitergehen.“

Damit meint der Oberbaudirektor zuallererst, dass an dem mit der Wohnungswirtschaft vereinbarten Bau von jährlich 6000 Wohnungen ohne Abstriche festgehalten wird. „Die Entwicklung des östlichen Teils der HafenCity geht ebenso voran wie der Sprung über die Elbe.“ Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße sei im Gange. Dadurch würden Flächen für den Bau von bis zu 2000 Wohnungen frei.

Im Osten bis zu 20.000 neue Wohnungen

Auch die Entwicklung von Hamburgs Osten verlaufe planmäßig. Auf dem Gebiet zwischen Hauptbahnhof und Mümmelmannsberg sollen innerhalb der kommenden zehn bis 15 Jahre bis zu 20.000 Wohnungen entstehen. Zunächst liegt der Fokus auf Rothenburgsort, das durch die Nähe der HafenCity an Bedeutung gewinnt. „Die HafenCity wächst an die Elbbrücken heran. Das Gleiche gilt für Rothenburgs­ort: Es wächst an die Stadt heran.“

Die Veddel hingegen solle nun über den Kleinen Grasbrook durch Brücken und Parks deutlich besser als bislang an die Innenstadt angebunden werden. Walter hofft, dass die Erneuerung der Freihafenelbbrücke genutzt werden kann, um eine bessere Radverbindung zu schaffen. „In der HafenCity haben Radfahrer eine gute Anbindung.“

Die Hoffnungen auf ein nachhaltiges und barrierefreies Bauen ruhen jetzt vor allem auf dem Projekt ,Neue Mitte Altona‘. „Die ersten Baugenehmigungen wurden erteilt, in Kürze werden die ersten Hocharbeiten losgehen.“ Die Idee, auf dem Kleinen Grasbrook einen Vorzeigestadtteil in Sachen Nachhaltigkeit zu errichten, beruhte auf Erkenntnissen, die man bei der Planung der Neuen Mitte Altona gewonnen habe. „Der zweite Abschnitt der Neuen Mitte Altona – aber auch viele andere Stadtteile – können vieles von dem Vorzeigestadtteil übernehmen.“

Schneller Wohnungsbau für Flüchtlinge

Angesichts des Flüchtlingsstroms verteidigte der Oberbaudirektor die Pläne des Senats, in jedem Hamburger Bezirk eine größere Flüchtlingsunterkunft zu bauen. „Wir müssen schnell Wohnungen schaffen, und es ist ein großer Schritt, nicht nur Provisorien, sondern feste Wohnungen mit Perspektive zu errichten.“ Ein großer Teil der Flüchtlinge werde bleiben.

„Hamburg hat die Entscheidung getroffen, nicht an einer Stelle eine große Unterkunft zu errichten, sondern mehrere kleinere“, sagte Walter. „Ich würde daher nicht von großen Flüchtlingseinrichtungen sprechen.“

Hamburg steht bei der Versorgung von Flüchtlingen unter großem Druck. Bis Ende Oktober mussten rund 30.000 von ihnen dauerhaft in der Hansestadt untergebracht werden. Bis zum Ende kommenden Jahres werde die Zahl auf rund 80.000 steigen, sagte unlängst Bürgermeister Olaf Scholz.