Hamburg. Senatorin Stapelfeldt stellt Mietenspiegel 2015 vor – Erhöhung auf durchschnittlich 8,02 Euro pro Quadratmeter.

Stadtentwicklungs­senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) dürfte sicher schon einfachere Termine erlebt haben. Am Mittwoch musste die Politikerin der Öffentlichkeit erklären, warum in den vergangenen zwei Jahren die Mieten in Hamburg so stark gestiegen sind wie nie zuvor seit 1995 – und das, obwohl doch seit 2011 mehrere Tausend Wohnungen neu gebaut wurden. Die Senatorin flüchtete sich in die Formulierung vom „dynamischen Hamburger Wohnungsmarkt“ und fügte hinzu, sie sei „optimistisch, dass der Mietenanstieg sich durch den Wohnungsbau bremsen lassen wird“.

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Das allerdings hatte schon ihre Vorgängerin Jutta Blankau (SPD) bei der Vorstellung des Mietenspiegels vor zwei Jahren erklärt. Doch inzwischen hat sich die Situation nicht nur nicht entspannt, sondern sogar noch verschärft. Um 6,1 Prozent stieg die durchschnittliche Kaltmiete in den vergangenen beiden Jahren und übertraf damit die 5,7 Prozent, die zwischen 2011 und 2013 festgestellt worden waren. Bei 8,02 Euro pro Quadratmeter lag dem Mietspiegel zufolge der Wert zum Erhebungsstichtag 1. April 2015. Vor zwei Jahren hatte Blankau noch einen Mietpreis von 7,56 Euro verkündet.

Aber wie das so ist mit den Durchschnittswerten: Diese offenbaren oft nicht die ganze Wahrheit. Betrachtet man die Mietenstruktur, wird deutlich, dass 50,8 Prozent aller beim aktuellen Mietenspiegel berücksichtigten Mieten nach wie vor unterhalb der Schwelle von sieben Euro pro Quadratmeter liegen. Lediglich bei 11,8 Prozent der Wohnungen werden mehr als zehn Euro pro Quadratmeter fällig.

Diese Zahlen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass, so Senatorin Stapelfeldt, die Mietpreissteigerungen in der normalen Wohn­lage mit 6,9 Prozent erheblich deutlicher ausfielen als in der guten Wohnlage mit 2,9 Prozent. Als Folge habe sich der Abstand zwischen guter und normaler Wohnlage signifikant verringert.

Überdurchschnittlich teurer wurden zwischen 1919 und 1948 errichtete Wohnungen. Sie verzeichneten einen Mietenanstieg von 11,2 Prozent. Ein Beispiel für diesen Gebäudetyp stellt die Jarrestadt im Bezirk Hamburg-Nord dar. Um 8,6 Prozent verteuerten sich in den vergangenen beiden Jahren Wohnungen, die zwischen 1948 und 1960 gebaut wurden. Als Beispiel dafür dürften die Stadtteile Barmbek-Nord und Barmbek-Süd stehen. Besonders nachgefragt waren zudem Altbauwohnungen aus den Jahren von vor 1918. Das betrifft Wohnviertel in Winterhude und Eimsbüttel. Diese Altersklasse verzeichnete einen durchschnittlichen Mietenanstieg von 8,1 Prozent.

Allerdings vermeldet der Mietenspiegel auch sinkende Mieten. Bei Wohnungen, die zwischen 1968 und 1977 errichtet wurden, ging der Mietzins um 1,3 Prozent zurück. Damals waren Großwohnsiedlungen wie Osdorfer Born oder Steilshoop entstanden.

Senatorin Stapelfeldt verwies gesondert darauf, dass die aktuelle Mietenentwicklung sich mehr und mehr von der allgemeinen Preisentwicklung abkoppele. Inzwischen betrage der Abstand zur allgemeinen Preisentwicklung 4,6 Prozentpunkte. Diese Entwicklung sei seit 2009 zu beobachten.

Wenig überraschend reagierten die Mieterverbände mit Alarmismus auf die Veröffentlichung des Spiegels 2015. Von dem Anstieg seien besonders Mieten im mittleren Segment betroffen. „Die dort einst erschwinglichen Mieten gibt es nicht mehr“, sagte Siegmund Chychla, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. „Der Mietenanstieg hat die bürgerliche Mitte erreicht.“ Die hohen Neuvertragsmieten führten dazu, dass auch für besser Verdienende „ein Wohnungswechsel im bisherigen guten Wohnungsumfeld praktisch nicht mehr zu bezahlen ist“. Chychla sprach sich dafür aus, jährlich 8000 Wohnungen zu bauen.

Der Verein „Mieter helfen Mietern“ kritisierte die Bundesregierung, die sich mit einer Reform des Mietenspiegels Zeit lasse. „Nach wie vor fließen nur diejenigen Mieten in den Mietenspiegel ein, die in den letzten vier Jahren erhöht wurden.“ Der Anteil der Neuvertragsmieten lag bei der Erstellung des Mietenspiegels 2015 bei 44 Prozent. Das sei für den „kräftigen Anstieg mitverantwortlich“, erklärte der Verein. Dem widersprach Senatorin Stapelfeldt. Durch die Vierjahresregelung würden nicht nur die niedrigen älteren Mieten, sondern auch ältere hohe Mieten nicht mehr berücksichtigt.

Der FDP-Stadtentwicklungsexperte Jens P. Meyer machte die „wachsende Überregulierung des Wohnungsmarkts durch Rot-Grün“ für den starken Mietenanstieg verantwortlich. Der CDU-Baupolitiker Jörg Hamann kritisierte die flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse in Hamburg im Frühsommer. Nötig sei vielmehr eine bessere steuerliche Behandlung von Investitionen in den Wohnungsbau.

SPD und Grüne hingegen verteidigten die Mietpreisbremse. Diese werde beim Mietenspiegel 2017 wirksam werden, erklärte SPD-Experte Dirk Kienscherf. Olaf Duge von den Grünen äußerte den Verdacht, dass vor Einführung der Mietpreisbremse „vielerorts noch einmal Kasse gemacht wurde“.