Hamburg. Bis 2019 steigt die Zahl von 325 auf 425 Anwärter. Der ungewöhnliche Plan: 50 Beamte sollen später in den Ruhestand.
Innensenator Michael Neumann (SPD) will die Polizei personell aufstocken. Mittelfristig sollen 100 Beamte mehr als heute dauerhaft an die Polizeikommissariate geschickt werden. Neumann reagiert damit in erster Linie auf die Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise. Die zusätzlichen Beamtenstellen sind Teil eines Maßnahmenpakets für die Sicherheitsbehörden, mit dem auch der Gefahr durch den islamistischen Terrorismus begegnet werden soll.
„Die Polizei zeigt verstärkt lokale Präsenz. Wir wollen deutlich machen, dass wir die Menschen an den Unterkünften mit ihren Ängsten und Sicherheitsbedenken nicht alleine lassen“, sagte Neumann im Gespräch mit dem Abendblatt. Beginnend von 2016 an soll in jedem Jahr eine zusätzliche Klasse mit 25 Polizeianwärtern für den mittleren Dienst ausgebildet werden. Damit steigt die jährliche Ausbildungszahl bei der Polizei von 325 Frauen und Männern auf 425 im Jahr 2019. Der Anteil des gehobenen Dienstes bleibt mit 75 Anwärtern unverändert.
Um möglichst schnell mehr Personal in und an den Flüchtlingsunterkünften einsetzen zu können, hat Neumann einen ungewöhnlichen Plan. Er bietet 50 überwiegend bürgernahen Beamten an, nach Erreichen der Ruhestandsgrenze von 60 Jahren freiwillig drei Jahre länger zu arbeiten.
Die Beamten sollen für die Sorgen der Anwohner ein offenes Ohr haben, aber auch Straftaten nachgehen. Das bedeute jedoch nicht, so der Innensenator, dass die Kriminalität im Umfeld der Unterkünfte gestiegen sei, denn dafür gebe es weder Erkenntnisse noch statistische Belege.
So hilft Hamburg den Flüchtlingen
Gleichzeitig sollen die Beamten den Flüchtlingen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und ihnen vor Augen führen, „dass man vor Polizisten Respekt, aber keine Angst haben muss“. Viele der Flüchtlinge kämen schließlich aus Staaten, in denen die Polizei keinen guten Ruf habe. „Unsere Beamten sollen den Bewohnern ein anderes Bild der Polizei vermitteln“, betonte Neumann.
Feste Polizeistationen in den Unterkünften soll es aber nicht geben. „Das gibt die Lage nicht her“, sagte Neumann. Das aktuell noch mit zwei Beamten besetzte Polizeibüro in der Zentralen Erstaufnahme an der Schnackenburgallee in Bahrenfeld werde aufgelöst, sobald die Zeltunterkünfte dort abgebaut seien.
Neumann ist zuversichtlich, dass er ausreichend qualifizierte Bewerber für die neuen Stellen im Polizeivollzug findet. Allerdings hat die Polizei schon seit Längerem Nachwuchsprobleme.
Zwischen 76 und 84 Prozent der Bewerber sind in diesem Jahr durch den Eingangstest gefallen. Nach Informationen des Abendblatts scheitern die meisten Aspiranten am Fitnessteil des Tests – zehn Klimmzüge – und an der Rechtschreib-Übung. Gleichwohl ist der Beruf des Polizeibeamten offenbar für viele junge Frauen und Männer weiter attraktiv. Für das kommende Jahr haben sich 3471 junge Menschen bei der Hamburger Polizei beworben.
Wegen der Probleme bei der Gewinnung ausreichend qualifizierten Personals hat Schleswig-Holstein kürzlich den Numerus clausus für Bewerber im mittleren Dienst abgesenkt und den Deutschtest vereinfacht, um sein Personalproblem in den Griff zu bekommen. „Das wird es mit mir nicht geben“, sagte Neumann. „Wir wollen nur die Besten.“
Erneut Massenschlägerei unter Flüchtlingen
Als Reaktion auf die seit Monaten erhöhte Gefährdungslage durch den islamistischen Terror auch in Hamburg will Neumann zudem zehn zusätzliche Verfassungsschützer einstellen. Dies sei aber keine Folge der Terrorserie in Paris, sondern schon länger vorgesehen. Zudem soll der Schichtdienst attraktiver werden, indem die Zulage für den Nachtdienst von 1,28 Euro pro Stunde auf bis zu vier Euro, abhängig vom Wochentag, erhöht wird. „Die Arbeit zu ungünstigen Zeiten soll sich mehr lohnen“, begründete Neumann den Schritt.
Durchschnittlich steigt das Einkommen nach Angaben der Innenbehörde durch die erhöhte Schichtzulage damit um 50 bis 80 Euro monatlich. Die Zulage liegt zwischen 170 und 280 Euro und ist steuerfrei. Die Behörde geht von jährlichen Kosten in Höhe von rund 800.000 Euro aus. Eine weitere Erhöhung der Zulage sei in den kommenden Jahren geplant. In dieser zweiten Stufe würde die Mehrvergütung zwischen 190 und 310 Euro monatlich betragen. Noch einmal zwei Millionen Euro will Neumann zum Abbau von Überstunden bereitstellen.