Hamburg. Geldhäuser geben seit 2004 immer mehr Standorte in Hamburg auf. Konkurrenz durch kleine Firmen, sogenannte Fintechs, wächst.
Die Banken in Hamburg haben zu kämpfen: Immer weniger Kunden kommen in die Filialen, die niedrigen Zinsen erschweren die Geschäfte. Zugleich steigt der Verwaltungs- und Kostenaufwand durch immer rigidere Vorschriften der Bankenaufsicht. Schließlich machen kleine Firmen, sogenannte Fintechs (Financial Technology), der etablierten Bankenwelt Konkurrenz. Die Start-ups entwickeln Dienstleistungen und Produkte wie etwa die Überweisung kleiner Beträge von Handy zu Handy, die bisher den Banken vorbehalten waren. Mit dem Ratenkreditvermittler Finanzcheck, Zinspilot oder Kreditech haben sich in Hamburg einige dieser Firmen angesiedelt.
Eine Antwort der etablierten Banken auf diese Entwicklung ist die Ausdünnung ihres Filialnetzes. Mindestens 82 Filialen sind in Hamburg seit 2004 geschlossen worden. Was die HypoVereinsbank gerade hinter sich hat, steht der Deutschen Bank noch bevor. Von den derzeit 28 Filialen in der Stadt könnten bis zu acht Standorte bis 2017 geschlossen oder mit anderen zusammengelegt werden, wenn man die bundesweiten Planungen auf Hamburg überträgt. Denn der Schwerpunkt der Filialanpassung „liegt in den urbanen Räumen“, sagt Markus Weik, Sprecher der Deutschen Bank. „In der Fläche bleiben wir aber präsent.“ In den vergangenen elf Jahren hat die Deutsche Bank ihr Filialnetz unterdurchschnittlich verringert. Es schrumpfte um zwölf Prozent, während bundesweit 20 Prozent der Bankstellen geschlossen wurden, wie eine Untersuchung des Abendblatts ergibt. Die verbleibenden Filialen sollen gestärkt und die Kompetenzen gebündelt werden. „Wir bleiben eine Beratungsbank“, sagt Weik. „Künftig soll an jedem Standort ein hochqualitatives Private-Banking-Angebot zur Verfügung stehen.“
Generell dünnen die Banken ihr Filialnetz aus und setzen gleichzeitig auf größere und moderne Filialen, die mit Lounge-Ecken, moderner Technik und Kaffee-Bar mehr Kunden anziehen sollen. Doch immer mehr Kunden erledigen konventionelle Bankgeschäfte wie Überweisungen oder Daueraufträge von zu Hause aus. Die Banken setzen daher auf die Multikanalbank, die nicht auf die Filiale verzichtet, aber über digitale Zugangswege 24 Stunden am Tag erreichbar bleibt und Beratungsleistungen auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten anbietet. Auch das ergibt sich aus der Abendblatt-Umfrage bei neun Banken, die in Hamburg präsent sind, zur Entwicklung des Filialnetzes und der künftigen Strategie. „Filialen sind künftig digitaler und mit anderen Kanälen enger verzahnt“, sagt Frank Haberzettel, Bereichsvorstand der Commerzbank in Hamburg.
Die HypoVereinsbank (HVB) hat ihre Filialanpassung gerade abgeschlossen. Von 20 Standorten in der Hansestadt im Jahr 2014 blieben elf übrig. So wurden Standorte am Mittelweg, in Eimsbüttel und Fuhlsbüttel aufgegeben. Offiziell will die Bank die vom Abendblatt ermittelte Zahl von elf Filialen nicht bestätigen, sie spricht von 24 Filialen in der Metropolregion Hamburg. Aber auch in diesem größeren Gebiet hat sich die Zahl der HVB-Standorte mehr als halbiert. „Die Kunden sind uns dennoch treu geblieben“, sagt Birgit Zabel, HVB-Sprecherin für die Region Nordwest. „Sie schätzen vor allem unsere Beratungsangebote in den modernisierten Filialen.“ Ein Beispiel ist die neue Filiale an der Altenwallbrücke in der Hamburger City. Die Beratungsräume haben einen großen Bildschirm, auf dem die Kunden alle Schritte des Beraters, die er an seinem PC macht, verfolgen können. „Der Kunde sieht alle Daten und was wir damit machen. Das erhöht das Vertrauensverhältnis“, sagt Zabel. Gleichzeitig können über den Bildschirm Experten zugeschaltet werden, etwa wenn es um eine Baufinanzierung geht. Dafür muss der Kunde aber auch gar nicht mehr in die Filiale kommen. Er kann die Beratung auch von zu Hause oder von unterwegs aus nutzen.
Bei den in Hamburg direkt ansässigen Instituten sind die Veränderungen im Filialnetz weniger einschneidend. Die Hamburger Sparkasse hat in diesem Jahr weder Filialen zusammengelegt noch geschlossen. Seit 2004 jedoch gab sie rund 16 Prozent auf. Noch 150 Standorte in der Stadt sind nach Informationen des Abendblatts mit Personal besetzt. „Wir verfügen damit über das dichteste Filialnetz in Hamburg“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. In Zukunft werde die Zahl der Filialen leicht abnehmen. Gleichzeitig arbeitet die größte deutsche Sparkasse an der Weiterentwicklung ihres Angebots im Internet und auf mobilen Endgeräten. „Wir wollen die beste Multikanalbank in Hamburg werden“, sagt von Carlsburg. Eine Videoberatung wurde bereits eingeführt und der Internetauftritt vor Kurzem neu gestaltet. „Es geht darum, die neuen technischen Möglichkeiten sinnvoll mit dem Filialgeschäft zu kombinieren“, sagt von Carlsburg.
Auch die Hamburger Volksbank und die Sparda-Bank Hamburg halten an ihrem Filialnetz fest. „Dennoch arbeiten wir daran, Online- und Smartphone-Banking und die Videoberatung permanent auszubauen“, sagt ein Sprecher der Sparda-Bank. Im Hamburger Umland, in Buchholz, hat das Institut in diesem Jahr eine neue Filiale eröffnet. Anders als die meisten anderen Institute baute die Sparda-Bank ihre Präsenz in den vergangenen zehn Jahren aus und erhöhte die Zahl der Standorte um 23 Prozent. Auch die Targobank setzt bundesweit auf einen Ausbau des Filialnetzes. „Wir haben seit 2012 mehr als 30 neue Standorte in Deutschland eröffnet“, sagt Tanja Plebuch von der Targobank. Seit 2004 stieg die Zahl der Filialen in Hamburg um 20 Prozent. Im Stadtgebiet soll das Netz jetzt konstant bleiben, in Buchholz wurde aber gerade ein neuer Standort eröffnet.
Die Commerzbank hat in diesem Jahr zwei Filialen in der City zusammengelegt, seit 2004 wurden 30 Prozent der Filialen geschlossen. Jetzt will die Bank aber mit einem umfangreichen Filialnetz präsent bleiben. „Wir wollen in Hamburg deutlich wachsen, und das bedeutet, Kunden von Mitbewerbern zu gewinnen“, sagt Bereichsvorstand Frank Haberzettel. 9000 neue Kunden konnten in diesem Jahr bisher gewonnen werden. Ein erfolgreicher Verdrängungswettbewerb ohne Filialen sei nicht möglich. Denn nach einer Umfrage des Bankenverbandes wollen selbst in der Zielgruppe der jungen Kunden zwischen 14 und 24 Jahren vier von fünf eine Filiale in ihrer Nähe haben. Für mehr als 90 Prozent aller Kunden kommt als Hausbank nur ein Institut infrage, das auch Filialen betreibt, geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft Kampmann Berg & Partner hervor. „Es ist immer ein gewagter Schritt, einen Standort zu schließen“, sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management. „Zwar sind viele Menschen bereit, für eine Baufinanzierungsberatung auch fünf oder zehn Kilometer zu fahren.“ Aber die Banken müssten eine Mindestversorgung aufrechterhalten, sonst verlören sie Kunden.
Nach der Haspa verfügt die Postbank über das dichteste Filialnetz in Hamburg. Denn zu den 35 Finanzcentern kommen 36 Partnerfilialen der Deutschen Post mit Finanzdienstleistungen. „Wir stellen uns darauf ein, dass die Kunden ihre Bank immer und überall erreichen wollen“, sagt Tim Rehkopf von der Deutschen Post.
Die Santander Bank hat gerade in Poppenbüttel eine Select-Filiale eröffnet, in der eine Premium-Beratung für Kunden ab einem Anlagevolumen von 100.000 Euro angeboten wird. „Unsere Bankberater empfehlen nur Produkte, die sie in- und auswendig kennen“, sagt Matthias Ruddat, Leiter von Santander Select. Gleichzeitig wurde die Filiale in Billstedt mit der in der Dammtorstraße zusammengelegt. „Wir investieren weiterhin in das Online-Banking und sehen gleichzeitig, dass die Kundenberatung zur Hauptaufgabe der Filiale wird“, sagt Banksprecherin Anke Wolff. Die Zahl der Filialen werde in Hamburg konstant bleiben.