Hamburg . Viele Geldinstitute in Deutschland verweigern Flüchtlingen eine eigene Bankverbindung. Die Haspa geht bewusst einen anderen Weg.

Cellou Diallo aus Guinea hat es geschafft. Der 19-Jährige beginnt gerade eine Ausbildung als Hotelfachmann und er hat auch ein Konto. „Ohne Konto hätte ich gar keine Ausbildung beginnen können“, sagt er. Denn die Ausbildungsvergütung wird von seinem Lehrbetrieb, dem Hotel Polo, überwiesen. Ein Girokonto ist wie eine Eintrittskarte in das Leben. Ob Ausbildung, Arbeitsplatz, Wohnung oder Sportverein: Ohne Kontoverbindung funktioniert der Zugang in das gesellschaftliche Leben hierzulande nicht. „Doch die meisten Banken haben mir ein Konto verweigert“, sagt Diallo, der schon seit rund zweieinhalb Jahren in Hamburg lebt.

Doch bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) hatte er Erfolg. „In der Filiale am Adolphsplatz habe ich problemlos ein Konto bekommen und das ist auch kostenlos, weil ich in Ausbildung bin“, sagt Diallo. Bisher hat Deutschlands größte Sparkasse nach eigenen Angaben 2500 Konten für Flüchtlinge auf Guthabenbasis eröffnet. Die Konten können also nicht überzogen werden. Häufig kommen die Asylbewerber mit Helfern oder Dolmetschern in die Filiale. „Es gehört zu unserem Selbstverständnis, den nach Hamburg kommenden Flüchtlingen zu helfen und für sie unbürokratisch ein Konto zu eröffnen“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. „Flüchtlingskonten können in allen Filialen eröffnet werden.“ Damit hat die Sparkasse die meisten Konten für Asylbewerber in Hamburg bisher eröffnet, wie eine Umfrage des Abendblatts unter insgesamt acht Banken ergab.

Danach ist eine Kontoeröffnung für die Flüchtlinge nicht einfach, wie teilweise die Antworten der Banken zeigen. „Zum einen möchten wir natürlich den Menschen helfen“, sagt zum Beispiel Konstantin Krüger von der Sparda Bank Hamburg. „Auf der anderen Seite gibt es für die Legitimationsanforderungen beim Eröffnen von Konten klar formulierte Anforderungen insbesondere mit Blick auf das Geldwäschegesetz.“

Die Deutsche Bank verweist darauf, dass sie neben den Anforderungen des deutschen Gesetzgebers auch gleichzeitig internationale Regulierungen zur Geldwäsche bei der Identifizierung von Geschäftspartnern beachten muss. Ähnlich argumentiert die HypoVereinsbank.

Diallo war in Hamburg bei der Commerzbank, der Deutschen Bank, der Postbank und der Sparda Bank. Doch ohne Erfolg. „Ohne Pass kann ich kein Konto eröffnen, wurde mir bei diesen Banken immer wieder gesagt“, so Diallo.

Doch er hat nur eine Aufenthaltsgestattung, ein dünnes Papier zur Identität mit einem Lichtbild und einer Arbeitserlaubnis, die zudem alle sechs Monate verlängert werden muss. Denn über seinen Asylantrag ist noch nicht entschieden. Als Angehöriger der Bevölkerungsgruppe der Fulbe fühlt er sich in seiner Heimat verfolgt und hat sie schon als Minderjähriger per Flugzeug verlassen.

Für einige Banken ist ein solches Papier zur Überprüfung der Identität offenbar nicht ausreichend. Die Postbank, die bisher nach eigenen Angaben noch keine Konten für Flüchtlinge eröffnet hat, sieht insbesondere bei der „Aufenthaltsgestattung“ ein Problem: Die Daten zur Person beruhen häufig nur auf den eigenen Angaben der Flüchtlinge, wenn sie bei ihrer Ankunft in Deutschland keine Pässe vorweisen können. „Dies nimmt den Finanzinstituten die Möglichkeit, die Identität des potenziellen Kunden überprüfen zu können“, sagt Iris Laduch-Reichelt von der Postbank.

Die Haspa stützt sich dagegen bei ihrer großzügigen Kontoeröffnung auf ein Schreiben der Finanzaufsicht BaFin an die deutsche Kreditwirtschaft, das dem Abendblatt vorliegt. Damit werden eine ganze Reihe bisher geltender Formalien außer Kraft gesetzt. So sollen bei den Flüchtlingen unkontrollierte Bargeldströme verhindert werden, was im Interesse des Geldwäschegesetzes sei.

Danach reicht ein Dokument der Ausländerbehörde mit Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild, Stempel und Unterschrift für die Legitimation völlig aus. Ob die Angaben zur Person nur vom Flüchtling selbst stammen und wie lange das Dokument noch gültig ist, spielt keine Rolle, wie die Behörde dem Abendblatt auf Nachfrage bestätigt.

Aber das Schreiben vom 21. August 2015 hat nur Empfehlungscharakter. Das reicht manchen Banken nicht. „Die Gesetzeslage bleibt unabhängig von der öffentlichen Wahrnehmung unverändert“, sagt die Sprecherin der Postbank. „Wir bedauern dies, müssen uns aber letztlich an geltendes Recht halten.“ Ähnlich argumentiert die Sparda Bank Hamburg.

Dennoch will die Sozialbehörde Hamburg den Zugang der Flüchtlinge zu Konten forcieren und dafür weitere Banken gewinnen. „Eine Umstellung auf vermehrte Kontozahlungen könnte die bezirklichen Zahlstellen entlasten, die durch die hohen Zugangszahlen an Flüchtlingen unter Druck stehen“, sagt Marcel Schweitzer, Sprecher der Sozialbehörde.

Auf die Konten der Flüchtlinge fließen zunächst nur kleine Beträge. Während des Aufenthalts in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind das für einen Single das Taschengeld in Höhe von 143 Euro. Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern bis sieben Jahre bekommt im Monat 426 Euro überwiesen. Erst wenn die Flüchtlinge nicht mehr in der Gemeinschaftsunterkunft leben und sich selbst versorgen müssen, steigen die monatlichen Leistungen für eine vierköpfige Familie auf 1080 Euro. Ein Single bekommt 359 Euro. Zusätzlich übernehmen die Behörden die Wohnkosten.

2016 soll über eine EU-Richtlinie die Kontoeröffnung einfacher werden

Wer nicht in der Ausbildung ist wie Cellou Diallo, muss bei der Hamburger Sparkasse auch Kontoführungsgebühren bezahlen. „Wir bieten verschiedene Kontomodelle in einer Preisspanne von 2,95 bis 6,95 an“, sagt die Haspa-Sprecherin. Die Kinder der Flüchtlinge könnten auch vom Mäusekonto profitieren, das mit drei Prozent verzinst wird. Bei der Commerzbank wird das AktivKonto angeboten, das 7,90 Euro im Monat kostet, unabhängig vom monatlichen Geldeingang. Bei der Sparda-Bank wird das Konto kostenlos geführt, wenn es einen regelmäßigen Geldeingang hat, sonst kostet es fünf Euro. Kostenfrei ist das Konto auch bei der Postbank, wenn es einen monatlichen Geldeingang von 1000 Euro aufweist, sonst kostet es 5,90 Euro. Allerdings kommen Flüchtlinge an diese Konten ja offenbar gar nicht.

Im Frühjahr nächsten Jahres soll mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie die Kontoeröffnung generell einfacher werden. Denn sie ist nicht nur ein Flüchtlingsproblem. Nach einer Schätzung des Bundesfinanzministeriums haben 580.000 Menschen in Deutschland kein Girokonto. Betroffen sind vor allem sozial Schwache und Obdachlose. Dann soll jeder bei der Bank seiner Wahl ein Basiskonto eröffnen können. Als einzige Voraussetzung gilt, dass sich der Kunde legal in der EU aufhält. „Wir arbeiten bereits intensiv an der Umsetzung der Richtlinie“, sagt Iris Laduch-Reichelt von der Postbank.