Hamburg. Der Sonderberater des UN-Generalsekretärs hält ein flammendes Plädoyer für Olympia an Alster und Elbe.
Wer auf dem traditionellen Jahresempfang des Hamburger Sportbundes (HSB) die eine oder andere kritische Stimme zur Hamburger Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 erwartet hatte, der war sicherlich auf der falschen Veranstaltung. Zwei Stunden lang wurden die rund 350 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Sport im Großen Saal des Emporio-Gebäudes am Dammtorwall auf ein Ja für das laufende Olympia-Referendum eingestimmt.
„Lassen Sie uns kämpfen!“, beschwor HSB-Präsident Jürgen Mantell die anwesenden Vereinsvertreter, „die Chance, Olympia nach Hamburg zu holen, gibt es nur einmal!“ Seit fünf Monaten hat der ehemalige Eimsbütteler Bezirksamtsleiter, ein promovierter Jurist, auf rund 180 Veranstaltungen für das Thema geworben. Und gut drei Wochen vor der Auszählung der Volksabstimmung sei sein Gefühl immer noch sehr gut, sagte Mantell: „Wir schaffen das, wenn wir im Schlussspurt noch mal alle Kräfte mobilisieren.“
Zu einer Jubelveranstaltung gehört auch ein Jubelredner. Und diese Rolle übernahm ganz am Schluss Willi Lemke, Sonderberater des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung, bekannter wohl als ehemaliger Manager und Vorstandsvorsitzender des Bremer Fußball-Bundesligaclubs SV Werder. „2024 muss Hamburg rocken!“ feixte Lemke unter dem tosenden Beifall seiner über so viel Enthusiasmus amüsierten Zuhörer.
„Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg – das müssen wir raushauen! Diese Chancen müssen wir unseren Kindern schenken! Macht es für unsere Kinder, die unsere Liebe zum Sport mitbekommen sollen“, forderte Lemke und rief den Kleinmütigen und Zaudernden in der Stadt zu, die immer nur an die vielen Kosten und an mögliche unbezahlte Rechnungen dächten: „Geld ist immer vorhanden!“
Dass er allerdings in seiner Familie weiter Überzeugungsarbeit zu leisten habe, gab der 69-Jährige später zu. „Die werden alle noch eingenordet.“ Sein Sohn lebe in Altona in einer Wohngemeinschaft, und dessen Mitbewohner seien bislang nicht davon überzeugt, dass Olympia Hamburg gut tue. „Da habe ich ihm gleich mal einige Argumente per WhatsApp geschickt.“
Nun wurde trotz des kaum zu stoppenden Redeflusses nicht ganz klar, was Willi Lemke seinen Verwandten genau empfiehlt, Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein wurde da schon präziser. „Transparenz schafft Vertrauen, und wir haben von Anfang an der Kampagne auf Transparenz gesetzt!“ Das sei die Haltung der Stadt.
Und wenn Lemke die Diskussion um Kosten höchst nebensächlich findet, Holstein hatte hier ebenfalls ein paar Antworten parat: „Wir haben uns an die Aussage gewöhnt, der Staat kriegt das nie hin. Alles wird zu spät fertig – und dann auch noch teurer.“ Olympia sei deshalb die Chance, „das Vertrauen in staatliches Handeln zurückzugewinnen“. Es gebe schließlich andere Beispiele. Der Neu- und Umbau des Universitätsklinikums Eppendorf sei nicht nur vor dem veranschlagten Zeitpunkt fertig geworden, man sei auch unter den kalkulierten Kosten geblieben. „Und das Ganze ist zudem ein Erfolgsmodell geworden“, sagte Holstein. Der Grund: Der damalige UKE-Chef Prof. Jörg Debatin habe die Baufortschritte täglich überwacht, frei nach Lenin: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dennoch warb Holstein um Vertrauen: „Wenn der Bürgermeister sagt, Hamburg zahlt 1,2 Milliarden Euro für Olympia, mehr geht einfach nicht, dann gilt dieses Wort.“ Und noch was: „Der Olympiasieger Nummer eins wird 2024 der Sportverein um die Ecke sein, weil ihm dann modernste Hallen und Plätze zur Verfügung stehen.“
Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), kam gerade aus Washington. In der US-Hauptstadt hatten am Wochenende die Vertreter der 206 Nationalen Olympischen Komitees getagt, die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sind. Gesprochen wurde dort auch über die fünf Olympiakandidaten für 2024, über Los Angeles, Paris, Rom, Budapest und eben Hamburg. „Aus allen Gesprächen und Rückmeldungen war herauszuhören: Das Rennen ist offen“, berichtete Hörmann. Dass Hamburg der richtige Kandidat sei, daran habe er weiter keinen Zweifel, „weil die Stadt bisher alle Versprechungen gehalten hat“. Und Hamburgs Image und Bekanntheit hätten bereits von der Kampagne profitiert, ist der DOSB-Präsident überzeugt: „Über Hamburg ist 2015 weltweit mehr berichtet worden als zu-sammen in den vergangenen 20 Jahren davor. Das wird sich nach einem erfolgreichen Referendum noch steigern.“
Das Schlusswort hatte Carl Jarchow, der ehemalige HSV-Präsident und FDP-Bürgerschaftsabgeordnete, einer, der Ja zu Olympia in Hamburg sagt. Wie er die Veranstaltung denn fand, wurde er gefragt: „Gut, aber wie immer viel zu lang.“