Hamburg. Hamburgs Innen- und Sportsenator stellt erneut klar: Für Hamburg gibt es bei den Olympiakosten eine Obergrenze.
Es ist die große Unbekannte, die Frage nach der Kostenbeteiligung des Bundes bei der Finanzierung möglicher Olympischer und Paralympischer Spiele im Jahre 2024 in Hamburg. Und diese Ungewissheit scheint für viele Hamburger weiter ein entscheidendes Kriterium zu sein, ob sie beim Olympiareferendum mit Ja oder Nein stimmen. Bei Gesamtkosten von knapp 15 Milliarden Euro weist der vom Hamburger Senat vorgelegte Finanzreport dem Bund einen Betrag von 6,2 Milliarden zu. Hamburg will 1,2 Milliarden Euro zahlen, je 200 Millionen verteilt auf die Jahre 2018 bis 2023.
„Olympische Spiele in Hamburg – Chancen und Risiko“ hieß am Montagabend im vollbesetzten Reimarus-Saal im Haus der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke das Motto der Diskussionsrunde, in der Innen- und Sportsenator Michael Neumann, Landespastor Dirk Ahrens, Leiter des Diakonischen Werkes Hamburg, der Sportsoziologe Prof. Hans-Jürgen Schulke und der Politikwissenschaftler Prof. Michael Rothschuh, aktiv bei NOlympia, bekannte Positionen austauschten. Die Gretchenfrage kam dann aber mit Zorn in der Stimme aus dem Publikum: „Wie können wir bis zum 29. November über Olympia abstimmen, wenn bis dahin nicht geklärt ist, was Hamburg zu zahlen hat – und wer am Ende die Risiken einer Kostensteigerung trägt?“
Neumann brachte auch dieser Anwurf nicht aus der Ruhe: „Die Position des Senats, der SPD und der Grünen ist klar: Von 2019 an gilt in der Verfassung das Schuldenverbot, wir werden keine sozialen, kulturellen, wissenschaftlichen oder andere Projekte für Olympia zurückstellen. Und wenn der Bund sagt, Hamburg soll nicht 1,2 Milliarden, sondern zwei oder drei Milliarden zahlen, dann war’s das für uns. Dann werden wir uns nicht um Olympia bewerben!“ Diese 1,2 Milliarden Euro seien die Summe, die sich Hamburg leisten könne, um die größte Veranstaltung der Welt zu feiern. Schulke wiederum ist sich sicher, dass der Bund Hamburg nicht im Stich lassen werde: „Olympia ist eine nationale Angelegenheit. Und auch bei den Sommerspielen 1972 in München hat der Bund finanzielle Risiken immer wieder abgefedert.“
Rothschuh hingegen hat andere Bedenken. Er glaubt nicht, dass sich nach einem Zuschlag im September 2017 die nötigen Baumaßnahmen, vor allem die sehr komplexe Hafenverlagerung, in nur sechseinhalb Jahren umsetzen ließen. „Und wer hat von 2018 an das Sagen? Senat, Bürgerschaft und Bezirke wären dann nur noch ausführende Organe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die Planung für 2024 kann nicht wirklich ernst gemeint sein. Sie ist in dieser Zeit nicht zu schaffen“, sagte Rothschuh, der bekannte, im Jahre 2003 Olympia in Hamburg befürwortet zu haben. Damals hatte sich die Stadt um die Sommerspiele 2012 beworben.
Landespastor Ahrens, der „ohne mein Wissen“ in den Referendumsunterlagen von den Olympiagegnern zitiert wird, sorgt sich um die soziale Spaltung der Stadt, die Olympia beschleunigen könnte. Er fordert vom Senat erneut ein Armuts-Mainstreaming, einen Armutsbericht, der die sozialen Auswirkungen der Spiele aufzeigt. „Welche Folgen hat Olympia für die ärmeren Menschen in der Stadt? Darüber müssen wir Rechenschaft ablegen“, sagte Ahrens. Er vertraue zwar dem aktuellen Senat, dass er Schieflagen im Blick behält und sozialverträgliche Lösungen sucht und findet, „aber ist auch dem IOC zu trauen?“
Olympische Spiele, das stellte Neumann klar, werden in Hamburg in keinem rechtsfreien Raum ausgetragen: „Auch während der Spiele gilt das Grundgesetz.“ Kein Bettler werde aus der Stadt vertrieben, es gelte weiter die Versammlungsfreiheit. Sollte das IOC andere Vorstellungen haben, wäre das mit Hamburg nicht zu vereinbaren. Neumann: „Wir unterbreiten dem IOC ein Angebot, wie man Olympia anständig machen kann. Sollte das nicht gewollt sein, sind wir nicht mehr dabei.“
Der Soziologe Schulke schlug dann noch einen Bogen von den Flüchtlingen zu Olympia. „Friedenssuchende und die Friedensbotschaft der Spiele, das passt einfach!“ Olympische Spiele seien das größte Fest, das die Menschheit je gefeiert hat. „Ohne Olympia wäre die Menschheit ärmer!“