Hamburg/Frankfurt. Hamburger Reederei verschiebt Ausgabe von Aktien. Was die Entscheidung für Anleger und die Stadt Hamburg bedeutet.
Die Vorbereitungen für den Auftritt der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd am Frankfurter Aktienmarkt waren eigentlich schon abgeschlossen. Mit einer imposanten Schiffsglocke sollte Unternehmenschef Rolf Habben Jansen das Börsendebüt an diesem Freitag einläuten. Auch das Aufstellen von Containern vor dem Börsengebäude hatten die Hamburger erwogen, um dem Finanzplatz ein gewisses maritimes Flair zu verleihen.
Doch aus dem lange geplanten Debüt wird nun erst einmal nichts. Kurz nach Ende der offiziellen Zeichnungsfrist für die Aktien der Reederei verschickte das Unternehmen am Dienstagmittag eine kurze Zweizeilenmeldung. Der Angebotszeitraum für die Papiere werde um eine Woche bis zum 3. November verlängert. Im Klartext: Wegen der eher mageren Nachfrage will das Unternehmen noch etwas länger auf Anlegersuche gehen. Der Termin für die geplante Erstnotiz am Freitag ist damit ebenfalls obsolet.
Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum verschobenen Börsengang.
Warum hat Hapag die Zeichnungsfrist für die Aktien verlängert?
Ein Unternehmenssprecher begründete diesen Schritt am Dienstag mit den „angespannten Kapitalmärkten“. Dahinter dürfte sich vor allem die Tatsache verbergen, dass sich die Stimmung unter den Anlegern in den vergangenen Tagen deutlich verschlechtert hat. Am Freitag hatte der Hapag-Lloyd-Konkurrent und Weltmarktführer A.P. Moeller-Maersk angesichts der schwachen Aussichten in der Containerschifffahrt eine Gewinnwarnung herausgegeben. Daraufhin sollen nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters diverse Investoren von Hapag-Lloyd kalte Füße bekommen und ihre Aktienbestellungen storniert haben. Zwar versuchte die Reederei die Stimmung mit einer Bekräftigung der eigenen Prognose noch zu drehen, doch dies verfing offenbar nicht.
Die am Börsengang beteiligten Investmentbanker wollen sich nun noch eine Woche Zeit nehmen, um die Anleger umzustimmen. Dabei dürften sie unter anderem mit den unterschiedlichen Fahrtgebieten von Maersk und Hapag-Lloyd argumentieren. Während die Dänen vor allem im besonders unter Preisdruck stehenden Fernost-Geschäft unterwegs ist, bedienen die Hamburger zum Großteil die Nordatlantik-Routen, auf denen der Preiskampf nicht ganz so stark ist.
Was bedeutet dies für den Börsengang von Hapag-Lloyd?
Der Termin für den Börsengang am 30. Oktober ist durch die Verlängerung der Zeichnungsfrist hinfällig geworden. Ein neues Datum teilte Hapag-Lloyd am Dienstag nicht mit. Hält sich die Reederei allerdings an die bisherigen Abstände zwischen Ende der Zeichnungsfrist und Erstnotiz, dann müsste der neue Termin am 6. November liegen. Sicher ist dies aber nicht. Denkbar ist grundsätzlich auch, dass das Unternehmen den Börsengang komplett absagt, allerdings gibt es dafür noch keine Anzeichen.
Ist es möglich, dass der Preis für die Hapag-Lloyd-Aktien noch weiter sinkt?
Bisher bietet die Reederei ihre Aktien zu einem Preis zwischen 23 und 29 Euro an, wobei zuletzt von einer Zuteilung am unteren Rand dieser Spanne ausgegangen wurde. Nach Informationen aus dem Umfeld von Hapag-Lloyd erwägen die beteiligten Investmentbanker derzeit, die Spanne noch weiter abzusenken, um die Papiere attraktiver zu machen. Von einem solchen Schritt geht auch Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz aus. „Üblicherweise bedeutet eine Verlängerung der Angebotsfrist eine Senkung der Preisspanne für den Ausgabepreis“, sagt Kurz.
Was bedeutet die Verschiebungdes Börsengangs für die Stadt?
Die Finanzbehörde will sich dazu nicht äußern und sich auch nicht an Spekulationen beteiligen, falls der Börsengang noch ganz abgesagt wird. Fest steht, dass die Beteiligung Hamburgs an der Reederei ein finanzielles Desaster ist. In den Büchern der städtischen Beteiligungsgesellschaft HGV stehen die Papiere von Hapag-Lloyd mit einem Anteilswert von 41,22 Euro je Aktie, nachdem sie schon einmal insgesamt um 152 Millionen Euro abgewertet worden sind. Bei einem Ausgabepreis von zunächst angenommenen 23 Euro ergäbe sich ein neuer rechnerischer Verlust von rund 437 Millionen Euro. Fällt der Ausgabepreis noch niedriger aus, ergibt sich noch ein größerer Verlust. Eine weitere Abwertung in der HGV-Bilanz wäre erforderlich. Gegenwärtig bewertet die Stadt ihren Anteil an der Reederei mit gut einer Milliarde Euro. Die Beteiligung an der Reederei beträgt 23 Prozent.
Ursprünglich war der Senat davon ausgegangen, die Finanzierungskosten für den Kauf der Anteile über Dividendeneinnahmen bezahlen zu können. Doch bisher ist noch keine Dividende geflossen. Erstmals erwartet die Stadt jetzt ab 2017 Einnahmen aus Dividendenausschüttungen. Die Kosten für die Finanzierung der Anteile belaufen sich seit 2008 auf 190 Millionen Euro.
Können Privatanleger auch jetzt noch ihren Zeichnungsauftrag stornieren?
„Das ist möglich“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Innerhalb von 14 Tagen gebe es ein Widerrufsrecht, solange die Aktien noch nicht zugeteilt sind beziehungsweise an der Börse gehandelt werden.
Sollten sich Privatanleger derzeitgenerell an Börsengängen beteiligen?
Dies sollten sich Anleger sehr genau überlegen, Aus der Sicht von Aktionärsschützer Kurz gibt es dafür „im Moment keinen Grund“. Denn man könne darauf spekulieren, dass der Kurs schon nach einigen Wochen unter den Ausgabepreis falle – wie beim Autozulieferer Schaeffler.