Hamburg. Gruner+Jahr bringt das Magazin „Barbara“ an den Kiosk. Ist es mehr als eine stinknormale Zeitschrift mit einer Dosis Schöneberger?

Auch im Showhimmel herrscht knallharte Hierarchie. Da gibt es die mit der eigenen Fernsehsendung. Eine Stufe höher stehen solche, die einen dicken Werbevertrag (Gummibärchen, Fleischsalat, Fluglinie) vorzeigen können. Und ganz oben, im Promi-Olymp, thront seit heute Barbara Schöneberger. Grund dafür ist „Barbara“, ein Frauenmagazin Marke Schöneberger.

In Amerika hat es Moderatorin Oprah Winfrey mit „O“ vorgemacht, in den Niederlanden gibt es in „Linda“ die volle Dosis Linda de Mol – und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bevor das personalisierte Heft auch hierzulande seinen Weg an den Kiosk finden würde. Umgesetzt hat es der Hamburger Verlag Gruner+Jahr, Schöneberger fungiert als „Editor at Large“. Im Klartext heißt es, dass die Moderatorin nicht nur bestgelaunt vom Cover strahlt, sondern auch inhaltlich kräftig mitmischen darf.

„Barbara“ schreit schon vom Cover herab, was die Zeitschrift alles nicht sein will. Diät, Workout und To-do-Listen sind tabu. Was insofern konsequent ist, als heutzutage auch im Supermarktregal die Abwesenheit von Zutaten bereits als Qualitätsmerkmal gilt: Laktosefrei. Garantiert ohne Gluten.

Manch berührendes Thema geht im Plapperton unter

Die Macher scheinen wahrlich stolz zu sein, „kein normales Frauenmagazin“ auf den von der Konkurrenz schon reichlich verstopften Markt zu werfen. Brigitte Huber, langjährige „Brigitte“- und neuerdings auch „Barbara“-Chefredakteurin, nennt es die Abwesenheit der frauenzeitschriftentypischen „permanenten Aufforderung, sich zu verbessern“. Fühlen sollen sich die Leserinnen wie an einem „Abend mit Freundinnen“, so Huber. Unverkrampft also und ernstgenommen.

Schöneberger schreibt im Editorial: „Bei ,Barbara‘ sind wir auf jeden Fall unter uns und können zugeben: Man muss im Leben nicht alles erreichen, auch nicht Größe 36!“ Wie zur Bestätigung gibt es als Werbegeschenk das 2er-Set Muffinförmchen „Hüftgold“.

Der Tonfall maximaler Vertrautheit, den „Barbara“ anschlägt, kommt ein wenig aufdringlich daher. Berührende Themen („Auf einmal warst du weg“ über den plötzlichen Tod nahestehender Menschen) gehen unter im Plapperton des restlichen Hefts. Musikerin Sarah Connor erzählt, dass sie als Mädchen für Michael Jackson geschwärmt und mit 17 Jahren zuviel Rotwein getrunken hat. Schöneberger legt nach: „Ich habe auch mal nach einer Feier in einem Hotel gebrochen. Direkt in meinen Koffer. Da war ich 34.“ Das ist leidlich unterhaltsam, insgesamt aber ist das Schöneberger-Connor-Geplänkel dann doch eher Leitungswasser als Prosecco.

Wirklich hübsche Ideen - aber nachhaltig?

Doch immer wenn „Barbara“ droht, komplett in die Quasselfalle abzudriften, kommen die Macher mit wirklich hübschen Ideen um die Ecke: Eine Fotostrecke von einem Junggesellinnenabschied im englischen Blackpool, die ein bonbonbuntes Feier­gemetzel zeigt. Oder ein lesenswertes Plädoyer dafür, öfter mal alle Regeln über Bord zu werfen. Aber Nachhaltiges? Emotionales? So-noch-nicht-Gelesenes? Fehlanzeige. In dieser Hinsicht ist die Leserin mit dem Frauenklassiker „Brigitte“ besser bedient.

„Barbara“ scheitert am selbst auferlegten Spagat, das Frauenzeitschriftenrad neu zu erfinden und gleichzeitig den anscheinend unvermeidlichen Koch- und Kosmetik-Mainstream zu bedienen. Ganz ohne Botoxbeichten, Lippenstifttipps und Rezepte für Rindsroulade geht es auf einer Strecke von 200 Seiten dann eben doch nicht. Und die üppige Gruppe der Frauenzeitschriftenjunkies, die will der Verlag mit dem neuen Heft natürlich nicht vergraulen. Auch wenn Chefredakteurin Huber und ihr Team darüber hinaus versuchen wollen, solche Leserinnen anzulocken, die um „Für Sie“ & Co bislang einen weiten Bogen machen. Was bei einer Druckauflage von 380.000 wohl auch klug gerechnet ist.

Stinknormales Frauenmagazin mit einer Dosis Schöneberger

Optisch gibt es an „Barbara“ wenig auszusetzen. „Den Lautstärkeregler hochdrehen“, beschreibt Huber das Konzept. Und sieht man von wirklich grässlichen Kritzelein am Bildrand einmal ab („Oha, jetzt wird’s richtig interessant“), kommt das leicht Schrille des Magazins auch tatsächlich ansprechend rüber.

Und wie profitiert Barbara von „Barbara“? In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ verriet die Moderatorin: „Ich merke ohnehin, dass Fernsehen für mich an Grenzen stößt. Und da muss ich mir natürlich frühzeitig einen anderen Kanal suchen, wie ich mich weiterhin zuverlässig mitteilen kann.“ Ein Satz, der natürlich nur halbernst gemeint ist. Aber logisch, dass auch „Barbara“ auf die Marke Schöneberger einzahlt.

In gewisser Weise ist es nur konsequent, dass Barbara Schöneberger, die ja berühmt (geworden) ist fürs Normalsein, nun auch dort vertreten ist, wo sich die „normale Frau“ wöchentlich Anleitungen fürs Besserleben holt: im Zeitschriftenregal. „Barbara“ ist im Grunde – auch wenn anders behauptet – ein stinknormales Frauenmagazin, garniert mit einer satten Dosis Schöneberger. Eine Kombination, die passt. Hüftgold hin oder her.