Altstadt. Bürgermeister stellt Finanzplan für Olympia 2024 vor. „Wir haben die höchsten Zahlen angenommen“, verspricht Olaf Scholz.

„Wir sind begeistert von der Idee, Olympische und Paralympische Spiele 2024 in Hamburg auszurichten. Begeisterung ist aber nicht Euphorie. Bei Begeisterung kann man auch einen klaren Kopf behalten. Und den haben wir behalten.“ Diese vier einleitenden Sätze waren Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) besonders wichtig, bevor er mit Staatsrat Christoph Krupp den Finanzplan der Stadt vorstellte, die in neun Jahren das größte Sportfest der Welt feiern will. Denn die ganz großen Zahlen, die beide anschließend verkündeten, bedurften einer intensiven Erklärung.

Knapp 15 Milliarden Euro würden Olympische und Paralympische Spiele 2024 in Hamburg alles in allem kosten. 3,636 Milliarden Euro sollen dabei von privaten Investoren für den Bau des Medienzentrums und des olympischen Dorfes aufgebracht werden. Weitere 3,814 Milliarden Erlöse sollen aus dem Verkauf von Grundstücken auf dem Kleinen Grasbrook kommen (387 Millionen Euro), aus Mieten und Pachten (63 Millionen) und aus den Einnahmen des Organisationskomitees OCOG (3,364 Milliarden).

In dem OCOG-Budget ist ein Zuschuss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) von einer Milliarde Euro enthalten, die gleiche Summe könnten nationale Sponsoren und Ausrüster in die Kasse bringen. Für den Verkauf der elf Millionen Eintrittskarten sind Einnahmen von 870 Millionen Euro angesetzt. Ein Ticket bei den Spielen in Hamburg würde demnach im Durchschnitt rund 79 Euro kosten.

Das soll Olympia 2024 in Hamburg kosten

 

Olympia-Gesamtkosten bis 2024: 11,22 Milliarden Euro

 

Kosten für den Steuerzahler: 7,4 Milliarden Euro

 

Einnahmen durch Olympia: 3,81 Milliarden Euro

 

Olympische Sportstätten: 1,97 Milliarden Euro

 

OlympiaCity bis 2036: 1,66 Milliarden Euro

 

Olympiastadion: 295,3 Millionen Euro, max. 595,7 Millionen Euro

 

Mobilität: 2,11 Milliarden Euro

 

öffentliche Sicherheit: 461 Millionen Euro

 

Ausgaben in Kiel (Segelwettbewerbe etc.): 146 Millionen Euro

 

Durchführung der Spiele: 2,61 Milliarden Euro

 

Privatinvestitionen bis 2036 insgesamt: 3,64 Milliarden Euro

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Dazu addieren sich kleinere Beträge aus unterschiedlichen Positionen. Gehen diese Rechnungen auf, blieben für den Steuerzahler 7,4 Milliarden Euro übrig, verteilt auf die Jahre 2018 bis 2023, dem geplanten Ende der olympischen Baumaßnahmen. Hamburg würde davon 1,2 Milliarden Euro tragen können, 6,2 Milliarden müsste der Bund beisteuern.

Dass bei dem Betrag für die Stadt wenig Spielraum nach oben ist, ließ Scholz wiederholt anklingen. Er verwies dabei auf die Kosten, die das weit größere London für die Sommerspiele 2012 aufzubringen hatte: 940 Millionen Euro in Preisen von 2024. Seine Botschaft an den Bund: Wenn die Stadt London, die Greater London Authority, bei einem Jahreshaushalt von rund 30 Milliarden Euro weniger als eine Milliarde zahlt, die britische Regierung aber fast neun Milliarden, sind 1,2 Milliarden Euro für Hamburg (Etat: rund zwölf Milliarden Euro) mehr als genug.

Scholz: "Wir wollen die Kosten aber eher unterbieten als übertreffen"

Dass der Bund seinen Verpflichtungen nachkommen wird, gilt im Rathaus als ausgemacht. Allein Bundes­finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) scheint sich bislang gegen klare Zusagen zu sträuben. Er möchte seine schwarze Null im Bundeshaushalt nicht gefährden.

Zwar will Scholz bis Mitte Februar auf Erklärungen des Bundes warten („Sie sollen genügend Zeit zum Nachrechnen haben“), dann sind erste finanzielle Garantien gegenüber dem IOC fällig. Ein deutliches Signal aus Berlin bis zum 26. Oktober, vor dem Versenden der Briefwahlunter­lagen zum Olympia-Referendum am 29. November, würde aber die Chancen wahrscheinlich wesentlich erhöhen, bei der Volksbefragung die nötige Zahl der Jastimmen zu erhalten.

Das Zahlenwerk, das der Senat jetzt vorlegte, berücksichtigt viele Variablen und viele denkbaren Risiken. Der Finanzplan sei so genau wie möglich gerechnet worden, „und wir haben immer die höchsten Zahlen angenommen“, sagte der Bürgermeister. Inflation (zwei Prozent pro Jahr) und Kostensteigerungen wurden in jedem der 695 Bauprojekte einkalkuliert. Zu den größten Posten gehören der Bau der olympischen Sportstätten auf dem Kleinen Grasbrook mit 1,968 Milliarden Euro und der Bau sowie die Ertüchtigung weitere Sportanlagen in der Stadt für 941 Millionen Euro.

Manches Projekt stehe jetzt „doppelt so teuer in den Berechnungen“, wie es zu heutigen Preisen tatsächlich sei. „Wir wollen die Kosten aber eher unterbieten als übertreffen. Die Chance dazu besteht“, sagte Scholz. Hamburg will sich damit von früheren Olympiabewerbern unterscheiden, die alle gewaltige Fehlprognosen abgegeben hatten. In der Vergangenheit wurden Olympische Spiele am Ende im Durchschnitt um 218 Prozent teurer als zu Beginn der Planungen. Scholz: „Was wir hier vorlegen, sind die am besten durchgerechneten Olympischen Spiele ever.“ Und weiter: „Olympische Spiele stärken mittelfristig die Finanz- und Wirtschaftskraft der Stadt. Die Möglichkeiten, etwas mehr zu tun, werden dadurch besser“, sagte der Bürgermeister.

Die Zweifel der Olympia-Gegner

Mögliche höhere Steuereinnahmen durch Olympia seien bei den Planungen nicht einmal gegengerechnet worden. Und dass die Stadt wachsen müsse, sei schon wegen der Flüchtlinge, von denen ein großer Teil in Hamburg bleiben wird, eine Notwendigkeit. Flüchtlinge und Olympia seien auch keine Gegensätze, „sondern sie zielen in die gleiche Richtung, nämlich sich anzustrengen für eine bessere Welt“, sagte Scholz. Er bezeichnete Deutschland als „einen Hoffnungsort“. Aber ohne „massive Wachstumsprozesse und ohne dramatische Steigerungen des Sozialprodukts“ werde es Olympische Spiele ohnehin nicht geben.

Die Olympiagegner überzeugten diese Einlassungen wie erwartet nicht. „Das sind gigantische Zahlen, wenn man bedenkt, dass es hier um eine Sportveranstaltung geht“, sagte Dirk Seifert, Umweltschützer und Internetblogger (FAIRspielen): „Es ist das Gegenteil von dem eingetreten, was ich erwartet und erhofft habe. Diese Spiele sind enorm teuer. Wie Hamburg das meistern will, ist mir schleierhaft.“ Seifert kritisiert die Zahlen auch im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. „Vor dem Hintergrund dieser Problematik ist solch eine Bewerbung für die Olympischen Spiele moralisch und finanziell nicht zu verantworten. Die Flüchtlingsproblematik wird dem Hamburger und dem Bundeshaushalt noch einiges abverlangen.“

Am Freitag stellen Bürgermeister Olaf Scholz und DOSB-Präsident Alfons Hörmann das Hamburger Olympia-Konzept öffentlich vor (Cruise Center Altona, Van-der-Smissen-Straße 5, Beginn: 17 Uhr).

Der Finanzreport zur Ermittlung der Kosten für Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg 2024 ist unter folgender Adresse im Internet zu finden: www.hamburg.de/finanzreport-olympia