Abendblatt-Flüchtlingsreporter beim Bürgermeister: Es ging um Sprachkurse und Perspektiven – aber auch um islamistischen Terror.

Der Bürgermeister nahm sich eine Stunde Zeit, um ein auch für ihn ungewöhnliches Interview zu geben. Denn erstmals stellte er sich den Fragen von Flüchtlingen: Mays Albeer, 37, aus dem Irak, Sahar Raza, 28, aus Afghanistan, Michael Mengsteab, 44, aus Eritrea, Mohammed Shoaib Rezayi, 22, aus Afghanistan und Berj Baghdee Sar, 31, aus Syrien.

Mays Albeer: Herr Bürgermeister, das Schwierigste für uns Flüchtlinge ist das Warten und das Nichtstun. Leider dauert es oft sehr lange, bis die Behörden entscheiden, ob jemand bleiben, ob er arbeiten darf oder ob er gehen muss. Das kostet Deutschland viel Geld und uns viel Zeit. Warum geht es nicht schneller?

Olaf Scholz: Das ist eine gute Frage, über die deshalb seit Langem diskutiert wird. Vergangene Woche wurde beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt beschlossen, dass die Zahl der Mitarbeiter beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge massiv erhöht wird. Wir brauchen natürlich Fachleute, die aus- oder fortgebildet werden müssen, deswegen geht es leider nicht so schnell voran. Aber der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, der jetzt die Leitung übernommen hat, hat zugesagt, alles dafür zu tun, dass mehr und schneller ausgebildet werden kann.

 Mays Albeer im Gespräch mit Bürgermeister
Olaf Scholz
Mays Albeer im Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz © HA | Marcelo Hernandez

Außerdem sorgen wir dafür, dass Flüchtlinge noch vor dem Abschluss ihres Verfahrens arbeiten dürfen. Wir bauen in Hamburg jetzt mit den Erfahrungen der Jugendberufsagentur eine Organisation auf, mit dem Ziel, Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive schneller in den Arbeitsmarkt zu inte­grieren. Wir wollen schnell erkennen, wer welche fachlichen Qualifikationen mitbringt, und den Menschen helfen, die bürokratischen Hürden zügig zu nehmen.

Sahar Raza: Ich habe die ersten Deutschkurse absolviert, kann jetzt aber nicht weitermachen, denn ich müsste 600 Euro dafür bezahlen, die ich nicht habe, weil ich nicht arbeiten darf. Warum ist das so?

Scholz: Künftig wird es für die Deutschkurse eine bessere Finanzierung geben. Die Mittel dafür werden deutlich aufgestockt. Auch das haben die Ministerpräsidenten durchgesetzt. Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive sollen in Zukunft auch vor der offiziellen Entscheidung Sprachkurse belegen können. In Hamburg haben wir bisher aus eigenen Mitteln geholfen.

Mays Albeer: Ich möchte arbeiten und mit meinem Mann unser eigenes Leben aufbauen, ohne Geld vom Staat bekommen zu müssen. Ich bin Irakerin und Ärztin – doch es ist gerade für Ärzte aus dem Irak und Afghanistan so kompliziert, die Abschlüsse anerkennen zu lassen. Kann man dieses Verfahren vereinfachen?

Scholz: Es gibt neue Gesetze – für die ich mich schon lange eingesetzt habe –, damit die Berufsabschlüsse anerkannt werden können. In Hamburg haben wir auch ein eigenes Anerkennungsgesetz. Allerdings müssen in jedem Einzelfall die beruflichen Fähigkeiten überprüft werden. Es gibt keine Sonderregelungen für Mediziner aus dem Irak und Afghanistan.

Manchmal sind auch die verschiedenen Wege der Berufsausbildung ein Pro­blem. Ich kenne den Fall eines Diplom-Kochs aus Osteuropa, der seinen Meister machen wollte. Doch in Deutschland kennt man diesen Abschluss nicht, deshalb bekam er keine Förderung. Erst als wir im Bundesministerium klarstellten, dass der Titel dem eines Gesellen entspricht, wurde der Meisterkursus genehmigt. Mit der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung haben wir eine Beratungsstelle geschaffen, die jeden Einzelnen auf dem Weg der Anerkennung unterstützt und im Einzelfall auch ein landesfinanziertes Stipendium vergeben kann. Nutzen Sie diese Beratungsmöglichkeiten!

Berj Baghdee Sar: Wer mindestens drei Jahre in Deutschland lebt, darf Ehepartner und Kinder nachholen, nicht aber die Eltern. Nun weiß ich, dass einige es doch geschafft haben, obwohl es nicht erlaubt ist. Wie kann ich legal meine Eltern aus Syrien holen?

Flüchtlinge: Impressionen aus Hamburg und Europa

Endlich angekommen: Eine 60-jährige Afghanin mit ihrem 110 Jahre alten Vater, den die Familie aus Angst vor den Taliban bis nach Bayern getragen hatte
Endlich angekommen: Eine 60-jährige Afghanin mit ihrem 110 Jahre alten Vater, den die Familie aus Angst vor den Taliban bis nach Bayern getragen hatte © dpa
Am 20. August war es in einer Flüchtlingsunterkunft im thüringischen Suhl zu einem massiven Gewaltausbruch unter Flüchtlingen gekommen
Am 20. August war es in einer Flüchtlingsunterkunft im thüringischen Suhl zu einem massiven Gewaltausbruch unter Flüchtlingen gekommen © dpa
Das Reichstagsgebäude: Am Dienstag will die Bundesregierung über Gesetzespaket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beraten
Das Reichstagsgebäude: Am Dienstag will die Bundesregierung über Gesetzespaket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beraten
Bei einer stundenlangen Massenschlägerei sind im Flüchtlingszeltlager im hessischen Calden mindestens neun Menschen leicht verletzt worden
Bei einer stundenlangen Massenschlägerei sind im Flüchtlingszeltlager im hessischen Calden mindestens neun Menschen leicht verletzt worden © dpa
Die Grenzen sind dicht: Kraftfahrer warten vergeblich am serbisch-kroatischen Übergang Batrovci-Bajakovo
Die Grenzen sind dicht: Kraftfahrer warten vergeblich am serbisch-kroatischen Übergang Batrovci-Bajakovo © dpa
Notunterkunft in Wiesen (Österreich)
Notunterkunft in Wiesen (Österreich) © dpa | Robert Jaeger
Unterschlupf vor dem Regen in Athen
Unterschlupf vor dem Regen in Athen © REUTERS | PAUL HANNA
Notunterkunft in Wiesen (Österreich)
Notunterkunft in Wiesen (Österreich) © dpa | Robert Jaeger
Helfer verteilen in der neuen Erstaufnahmestelle für Asylsuchende im Geutensweg in Neugraben-Fischbek bei Hamburg Feldbetten, Campingmatratzen und Schlafsäcke. Am Freitag wurden in dem ehemaligen OBI-Baumarkt rund 300 Schlafplätze aufgebaut, insgesamt sollen 500 Flüchtlinge in der Halle Platz finden
Helfer verteilen in der neuen Erstaufnahmestelle für Asylsuchende im Geutensweg in Neugraben-Fischbek bei Hamburg Feldbetten, Campingmatratzen und Schlafsäcke. Am Freitag wurden in dem ehemaligen OBI-Baumarkt rund 300 Schlafplätze aufgebaut, insgesamt sollen 500 Flüchtlinge in der Halle Platz finden © dpa | Christian Charisius
Die Roma-Familien wollen bleiben, bis ihnen der Aufenthalt in Hamburg zugesichert wird
Die Roma-Familien wollen bleiben, bis ihnen der Aufenthalt in Hamburg zugesichert wird © dpa | Markus Scholz
Afghanische und syrische Flüchtlinge, die offenbar kaum schwimmen können, vor der griechischen Insel Lesbos
Afghanische und syrische Flüchtlinge, die offenbar kaum schwimmen können, vor der griechischen Insel Lesbos © REUTERS | YANNIS BEHRAKIS
Fluchtversuch in Beli Manastir in Kroatien
Fluchtversuch in Beli Manastir in Kroatien © REUTERS | LASZLO BALOGH
Viele Menschen versuchen, den Zug Richtung Ungarn zu erreichen
Viele Menschen versuchen, den Zug Richtung Ungarn zu erreichen © dpa | Antonio Bat
Trotz Grenzblockaden strömen Tausende Flüchtlinge über Kroatien Richtung Deutschland und Skandinavien
Trotz Grenzblockaden strömen Tausende Flüchtlinge über Kroatien Richtung Deutschland und Skandinavien © dpa | Balazs Mohai
Self ist der Mann: Schauspieler Til Schweiger mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Musiker Thomas D.
Self ist der Mann: Schauspieler Til Schweiger mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Musiker Thomas D. © dpa | Rainer Jensen
Flüchtlingskinder in Hamburg bei der HSV-Hilfsaktion in der Nähe des Volksparkstadions
Flüchtlingskinder in Hamburg bei der HSV-Hilfsaktion in der Nähe des Volksparkstadions © WITTERS | ValeriaWitters
Maureen Reinmheimer (Freundin von Sven Schipplock) und Anncharlott Alfs (Freundin von Lewis Holtby) sortieren gespendete Kleidung
Maureen Reinmheimer (Freundin von Sven Schipplock) und Anncharlott Alfs (Freundin von Lewis Holtby) sortieren gespendete Kleidung © WITTERS | ValeriaWitters
Olcay Beiersdorfer (Ehefrau von Dietmar Beiersdorfer, Mitte) und Lilli Holunder (Freundin von René Adler, rechts) sortieren gespendete Kleidung
Olcay Beiersdorfer (Ehefrau von Dietmar Beiersdorfer, Mitte) und Lilli Holunder (Freundin von René Adler, rechts) sortieren gespendete Kleidung © WITTERS | ValeriaWitters
Flüchtlingskinder in Hamburg bei HSV-Hilfsaktion
Flüchtlingskinder in Hamburg bei HSV-Hilfsaktion © WITTERS | ValeriaWitters
Wasserwerfer und Tränengas: An der Grenze zu Ungarn eskalierte die Situation zwischen Polizei und Flüchtlingen
Wasserwerfer und Tränengas: An der Grenze zu Ungarn eskalierte die Situation zwischen Polizei und Flüchtlingen © dpa | Sandor Ujvari
Eine Passantin steht in der Wandelhalle im Hauptbahnhof in Hamburg vor einer Stellwand mit Informationen und Hinweisen für freiwillige Helfer und Flüchtlinge
Eine Passantin steht in der Wandelhalle im Hauptbahnhof in Hamburg vor einer Stellwand mit Informationen und Hinweisen für freiwillige Helfer und Flüchtlinge © dpa | Christian Charisius
Schauspieler Til Schweiger (3.v.l.) sowie der Schauspieler Jan Josef Liefers (v.l.) Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Politikerin Rita Süßmuth, Thomas Schreiber, Unterhaltungschef der ARD und Musiker Thomas D.
Schauspieler Til Schweiger (3.v.l.) sowie der Schauspieler Jan Josef Liefers (v.l.) Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Politikerin Rita Süßmuth, Thomas Schreiber, Unterhaltungschef der ARD und Musiker Thomas D. © dpa | Rainer Jensen
Zelte stehen vor dem Hauptbahnhof in Hamburg. In den Zelten sollen Flüchtlinge bis zu ihrer Weiterreise warten können
Zelte stehen vor dem Hauptbahnhof in Hamburg. In den Zelten sollen Flüchtlinge bis zu ihrer Weiterreise warten können © dpa | Daniel Reinhardt
Am Stacheldrahtzaun in die EU
Am Stacheldrahtzaun in die EU © Getty Images | Anadolu Agency
Ungarn hat das letzte Loch in seinem 175 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Serbien geschlossen
Ungarn hat das letzte Loch in seinem 175 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Serbien geschlossen © dpa | Thomas Brey
Eine Helferin steht mit einem Schild in der Wandelhalle im Hauptbahnhof in Hamburg und sammelt Spenden für Flüchtlinge
Eine Helferin steht mit einem Schild in der Wandelhalle im Hauptbahnhof in Hamburg und sammelt Spenden für Flüchtlinge © dpa | Christian Charisius
Die ungarische Polizei hat 16 Flüchtlinge festgenommen, die zuvor den Zaun an der Grenze zu Serbien durchschnitten und die Grenze überquert hatten
Die ungarische Polizei hat 16 Flüchtlinge festgenommen, die zuvor den Zaun an der Grenze zu Serbien durchschnitten und die Grenze überquert hatten © dpa | Sandor Ujvari
Flüchtlingsunterkunft im alten Stadion an der Oktaviostraße.
Flüchtlingsunterkunft im alten Stadion an der Oktaviostraße. © Michael Arning | Michael Arning
Flüchtlingsunterkunft im Jenfelder Moorpark an der Jenfelder Allee.
Flüchtlingsunterkunft im Jenfelder Moorpark an der Jenfelder Allee. © Michael Arning | Michael Arning
Flüchtlings- und Asylwerber- Erstaufnahmeeinrichtung in Kiel
Flüchtlings- und Asylwerber- Erstaufnahmeeinrichtung in Kiel © euroluftbild.de/Robert Grahn | euroluftbild.de/Robert Grahn
Ein Polizist kontrolliert am Grenzübergang in Mittenwald (Bayern) die von Österreich nach Deutschland einreisenden Autos
Ein Polizist kontrolliert am Grenzübergang in Mittenwald (Bayern) die von Österreich nach Deutschland einreisenden Autos © dpa | Sven Hoppe
Wegen der eingeführten Grenzkontrollen staute sich der Verkehr am frühen Morgen auf der Autobahn 8 rund drei Kilometer am Grenzübergang bei Bad Reichenhall
Wegen der eingeführten Grenzkontrollen staute sich der Verkehr am frühen Morgen auf der Autobahn 8 rund drei Kilometer am Grenzübergang bei Bad Reichenhall © dpa | Andreas Gebert
Die Autobahn zwischen Österreich und Ungarn war am Montagmorgen kurzzeitig gesperrt
Die Autobahn zwischen Österreich und Ungarn war am Montagmorgen kurzzeitig gesperrt © dpa | Boris Roessler
Ein Trachtler schaut in München auf einen Bus voller Flüchtlinge
Ein Trachtler schaut in München auf einen Bus voller Flüchtlinge © dpa | Nicolas Armer
Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München
Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München © dpa | Sven Hoppe
Feuerwehrleute löschen in Wiehl, Nordrhein-Westfalen, einen Zug. Die Polizei schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus. Der Waggon war mit Parolen wie
Feuerwehrleute löschen in Wiehl, Nordrhein-Westfalen, einen Zug. Die Polizei schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus. Der Waggon war mit Parolen wie "Go Home Asyl" beschmiert © dpa | Michael Kleinjung
Flüchtlinge in München
Flüchtlinge in München © dpa | Sven Hoppe
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht neben Bundespräsident Joachim Gauck beim Bürgerfest im Garten von Schloss Bellevue in Berlin mit Auszubildenden aus dem Verein „Ausbildung statt Abschiebung e.V.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht neben Bundespräsident Joachim Gauck beim Bürgerfest im Garten von Schloss Bellevue in Berlin mit Auszubildenden aus dem Verein „Ausbildung statt Abschiebung e.V.“ © dpa | Michael Kappeler
Papst Franziskus bei einem Besuch eines Camps mit Flüchtlingen in Rom
Papst Franziskus bei einem Besuch eines Camps mit Flüchtlingen in Rom © dpa | Osservatore Romano / Handout
Der 16-jährige Flüchtling Mogfaba aus Afghanistan kommuniziert am 10.09.2015 im Bahnhof von Flensburg zwischen schlafenden Flüchtlingen mit seinem Smartphone über ein Video-Chat-Programm mit einem Freund, der schon am Bahnhof in Kopenhagen (Dänemark) angekommen ist und dort auf ihn wartet
Der 16-jährige Flüchtling Mogfaba aus Afghanistan kommuniziert am 10.09.2015 im Bahnhof von Flensburg zwischen schlafenden Flüchtlingen mit seinem Smartphone über ein Video-Chat-Programm mit einem Freund, der schon am Bahnhof in Kopenhagen (Dänemark) angekommen ist und dort auf ihn wartet © dpa | Christian Charisius
Flüchtlinge schlafen am Bahnhof von Flensburg
Flüchtlinge schlafen am Bahnhof von Flensburg © dpa | Christian Charisius
Berlin: Flüchtlinge kommen in der Schmidt-Knobelsdorf Kaserne an
Berlin: Flüchtlinge kommen in der Schmidt-Knobelsdorf Kaserne an © Reto Klar | Reto Klar
Bundespräsident Joachim Gauck spricht neben seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Bürgerfest im Garten von Schloss Bellevue in Berlin mit Auszubildenden aus dem Verein „Ausbildung statt Abschiebung e.V.“
Bundespräsident Joachim Gauck spricht neben seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Bürgerfest im Garten von Schloss Bellevue in Berlin mit Auszubildenden aus dem Verein „Ausbildung statt Abschiebung e.V.“ © dpa | Michael Kappeler
Die sechs Monate alte Borusy aus Syrien wird in einer kurzfristig eingerichteten Notunterkunft in einer ehemaligen Bundeswehr-Sporthalle in Stern-Buchholz bei Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) von einer Helferin der Malteser gehalten
Die sechs Monate alte Borusy aus Syrien wird in einer kurzfristig eingerichteten Notunterkunft in einer ehemaligen Bundeswehr-Sporthalle in Stern-Buchholz bei Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) von einer Helferin der Malteser gehalten © dpa | Jens Büttner
Flüchtlingskind am Bahnhof in Salzburg
Flüchtlingskind am Bahnhof in Salzburg © dpa | Neumayr/Mmv
Bewohner stehen am 7. September 2015 in Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg) in der Nähe einer abgebrannten Flüchtlings-Unterkunft. Bei dem Brand sind fünf Bewohner verletzt worden
Bewohner stehen am 7. September 2015 in Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg) in der Nähe einer abgebrannten Flüchtlings-Unterkunft. Bei dem Brand sind fünf Bewohner verletzt worden © dpa | Marijan Murat
Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen in Ebeleben (Thüringen) nach einem Brand in einer künftigen Flüchtlingsunterkunft auf einer Drehleiter
Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen in Ebeleben (Thüringen) nach einem Brand in einer künftigen Flüchtlingsunterkunft auf einer Drehleiter © dpa | Sebastian Kahnert
Flüchtlinge nehmen einen Zug an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien
Flüchtlinge nehmen einen Zug an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien © dpa | Nake Batev
In Roszke (Ungarn) ist die Lage nach wie vor angespannt. Flüchtlinge laufen auf den Gleisen
In Roszke (Ungarn) ist die Lage nach wie vor angespannt. Flüchtlinge laufen auf den Gleisen © REUTERS | LASZLO BALOGH
An der Grenze zwischen Serbien und Ungarn
An der Grenze zwischen Serbien und Ungarn © Getty Images | Christopher Furlong
Asylbewerber Omar Ceesay (M.) unterhält sich in der Schreinerei Holitsch in Tettnang-Hiltensweiler (Baden-Württemberg) mit Schreiner Karl-Heinz Kübler (l.) und Geschäftsführer Alexander Lanz (r.), er macht eine Ausbildung
Asylbewerber Omar Ceesay (M.) unterhält sich in der Schreinerei Holitsch in Tettnang-Hiltensweiler (Baden-Württemberg) mit Schreiner Karl-Heinz Kübler (l.) und Geschäftsführer Alexander Lanz (r.), er macht eine Ausbildung © dpa | Felix Kästle
Die Leichen von Aylan und seinem Bruder Galip wurden am Freitag von der Türkei ins syrische Kobane gebracht
Die Leichen von Aylan und seinem Bruder Galip wurden am Freitag von der Türkei ins syrische Kobane gebracht © Reuters
Der Bestattungskonvoi wurde durch das türkische Militär gesichert
Der Bestattungskonvoi wurde durch das türkische Militär gesichert © Reuters
Die kleinen Jungen waren im Mittelmeer vor Bodrum ums Leben gekommenen
Die kleinen Jungen waren im Mittelmeer vor Bodrum ums Leben gekommenen © Reuters
Flüchtlinge weigern sich im ungarischen Bicske vor dem Transport in ein nahe gelegenes Auffanglager
Flüchtlinge weigern sich im ungarischen Bicske vor dem Transport in ein nahe gelegenes Auffanglager © Reuters
Im Hafen von Mytilene auf der griechischen Insel Lesbos spielen sich bei der Registrierung für Flüchtlingsfähren dramatische Szenen ab
Im Hafen von Mytilene auf der griechischen Insel Lesbos spielen sich bei der Registrierung für Flüchtlingsfähren dramatische Szenen ab © Reuters
Auf Lesbos setzte die griechische Polizei Blendgranaten gegen Flüchtlinge ein
Auf Lesbos setzte die griechische Polizei Blendgranaten gegen Flüchtlinge ein © dpa
Bei dem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft im hessischen Heppenheim wurden mehrere Bewohner verletzt
Bei dem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft im hessischen Heppenheim wurden mehrere Bewohner verletzt © dpa
Ein Mann sprang aus dem zweiten Stock ins Freie und verletzte sich schwer
Ein Mann sprang aus dem zweiten Stock ins Freie und verletzte sich schwer © dpa
Eine Frau mit Reisekoffer auf dem ungarischen Bahnhof Bicske. Auf einem anderen Gleis verweigern rund 500 Flüchtlinge die Fahrt in ein Auffanglager
Eine Frau mit Reisekoffer auf dem ungarischen Bahnhof Bicske. Auf einem anderen Gleis verweigern rund 500 Flüchtlinge die Fahrt in ein Auffanglager © Getty Images | Matt Cardy
Die Situation am Budapester Bahnhof Keleti blieb am Donnerstag äußerst unübersichtlich
Die Situation am Budapester Bahnhof Keleti blieb am Donnerstag äußerst unübersichtlich © Getty Images
Flüchtlinge protestieren in Budapest, sie wollen nach Deutschland
Flüchtlinge protestieren in Budapest, sie wollen nach Deutschland © Getty Images | Matt Cardy
Flüchtlinge am Bahnhof in Budapest
Flüchtlinge am Bahnhof in Budapest © REUTERS | LEONHARD FOEGER
Schleuser wollten diese Menschen Richtung Deutschland transportieren. Die ungarische Polizei stoppte sie 157 Kilometer südöstlich von Budapest in Szatymaz
Schleuser wollten diese Menschen Richtung Deutschland transportieren. Die ungarische Polizei stoppte sie 157 Kilometer südöstlich von Budapest in Szatymaz © dpa | Zoltan Gergely Kelemen
Lager am Bahnhof in Budapest
Lager am Bahnhof in Budapest © REUTERS | LEONHARD FOEGER
71 Flüchtlinge starben in Österreich in einem Schlepper-Lkw - vor dem Bochumer Schauspielhaus wurde dieses Szenario im Rahmen einer Mahnwache nachgestellt
71 Flüchtlinge starben in Österreich in einem Schlepper-Lkw - vor dem Bochumer Schauspielhaus wurde dieses Szenario im Rahmen einer Mahnwache nachgestellt © dpa
Flüchtlinge stürzen und werden niedergetrampelt bei dem Versuch, die griechisch-mazedonische Grenze zu überqueren
Flüchtlinge stürzen und werden niedergetrampelt bei dem Versuch, die griechisch-mazedonische Grenze zu überqueren © REUTERS | OGNEN TEOFILOVSKI
Ungarische Polizisten und Flüchtlinge stehen sich vor dem Budapester Bahnhof Keleti gegenüber
Ungarische Polizisten und Flüchtlinge stehen sich vor dem Budapester Bahnhof Keleti gegenüber © Reuters
Flüchtlinge warten nahe des Budapester Ostbahnhofes Keleti auf ihre Weiterreise Richtung Österreich und Deutschland
Flüchtlinge warten nahe des Budapester Ostbahnhofes Keleti auf ihre Weiterreise Richtung Österreich und Deutschland © Getty Images
In Serbien wiederum hoffen diese Menschen auf ein Durchkommen nach Ungarn
In Serbien wiederum hoffen diese Menschen auf ein Durchkommen nach Ungarn © Reuters
In Wien wurde von der Polizei ein verbarrikadierter Schlepper-Lkw gestoppt
In Wien wurde von der Polizei ein verbarrikadierter Schlepper-Lkw gestoppt © dpa
In dem zugeschweißten Transporter saßen 24 Afghanen, der Fahrer flüchtete
In dem zugeschweißten Transporter saßen 24 Afghanen, der Fahrer flüchtete © dpa
Eine Eurostar-Mitarbeiterin informiert Reisende in Calais über die Mitfahrversuche von Flüchtlingen
Eine Eurostar-Mitarbeiterin informiert Reisende in Calais über die Mitfahrversuche von Flüchtlingen © Reuters
Wiederholt versuchen Flüchtlinge, auf Schnellzüge aufzuspringen und durch den Ärmelkanaltunnel nach Englang zu fahren - Eurostar-Züge wurden daher gestoppt, Passagiere mussten warten
Wiederholt versuchen Flüchtlinge, auf Schnellzüge aufzuspringen und durch den Ärmelkanaltunnel nach Englang zu fahren - Eurostar-Züge wurden daher gestoppt, Passagiere mussten warten © Reuters
Ahmed (M.) ist mit seiner Familie aus Kabul (Afghanistan) am Hauptbahnhof München angekommen, über Budapest
Ahmed (M.) ist mit seiner Familie aus Kabul (Afghanistan) am Hauptbahnhof München angekommen, über Budapest © dpa | Peter Kneffel
Demonstration von Asylbewerbern in der Hamburger Schneckenburgallee
Demonstration von Asylbewerbern in der Hamburger Schneckenburgallee © Michael Arning | Michael Arning
Die Asylbewerber in Hamburg fordern Jobs oder Ausbildungs- und Studienplätze - sie wollen nicht nur herumsitzen
Die Asylbewerber in Hamburg fordern Jobs oder Ausbildungs- und Studienplätze - sie wollen nicht nur herumsitzen © Michael Arning | Michael Arning
Flüchtlinge und Polizisten stehen sich am vorübergehend gesperrten Budapester Ostbahnhof gegenüber
Flüchtlinge und Polizisten stehen sich am vorübergehend gesperrten Budapester Ostbahnhof gegenüber © Reuters
Die Behörden forderten die Flüchtlinge auf, den Bahnhof zu verlassen
Die Behörden forderten die Flüchtlinge auf, den Bahnhof zu verlassen © Reuters
Tausende Menschen drängen über Ungarn nach Westeuropa, viele rufen
Tausende Menschen drängen über Ungarn nach Westeuropa, viele rufen "Deutschland, Deutschland" © Reuters
In Salzburg drängten Tausende Flüchtlinge in Züge Richtung München
In Salzburg drängten Tausende Flüchtlinge in Züge Richtung München © dpa
Am Salzburger Bahnhof wurden kurzerhand Betten für die Flüchtlinge aufgestellt
Am Salzburger Bahnhof wurden kurzerhand Betten für die Flüchtlinge aufgestellt © dpa
An der griechisch-mazedonischen Grenze spielen sich dramatische Szenen mit Flüchtlingen ab
An der griechisch-mazedonischen Grenze spielen sich dramatische Szenen mit Flüchtlingen ab © dpa | Georgi Licovski
Der Lkw, in dem in Österreich 71 tote Flüchtlinge gefunden wurden
Der Lkw, in dem in Österreich 71 tote Flüchtlinge gefunden wurden © dpa | Hans Punz
In Berlin empfing Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit SPD-Genosse Sigmar Gabriel in Berlin ehrenamtliche Flüchtlingshelfer
In Berlin empfing Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit SPD-Genosse Sigmar Gabriel in Berlin ehrenamtliche Flüchtlingshelfer © dpa
Im niedersächsischen Salzhemmendorf wurde ein Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft verübt
Im niedersächsischen Salzhemmendorf wurde ein Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft verübt © dpa | Kreisfeuerwehr Hameln-Pyrmont
Auch im sächsichen Heidenau kam es zu Ausschreitungen rund um eine Erstaufnahme
Auch im sächsichen Heidenau kam es zu Ausschreitungen rund um eine Erstaufnahme © REUTERS | AXEL SCHMIDT
Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) bei ihrem Besuch einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau
Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) bei ihrem Besuch einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau © dpa
Die CDU-Chefin wurde nicht gerade freundlich begrüßt
Die CDU-Chefin wurde nicht gerade freundlich begrüßt © Getty Images
Sicherheitskräfte musste einen aufgebrachten Mob bändigen
Sicherheitskräfte musste einen aufgebrachten Mob bändigen © Getty Images
Etliche Menschen verschafften ihrem wie auch immer gearteten Ärger über die Flüchtlingspolitik Luft
Etliche Menschen verschafften ihrem wie auch immer gearteten Ärger über die Flüchtlingspolitik Luft © Getty Images
Merkel informierte sich indes bei Helfern über die Lage in Heidenau
Merkel informierte sich indes bei Helfern über die Lage in Heidenau © Getty Images
Zuvor hatte bereits Sigmar Gabriel die in einem ehemaligen Baumarkt eingerichtete Unterkunft besucht - als erstes Mitglied er Bundesregierung
Zuvor hatte bereits Sigmar Gabriel die in einem ehemaligen Baumarkt eingerichtete Unterkunft besucht - als erstes Mitglied er Bundesregierung © dpa | Maurice Weiss
Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (r.) forderte harte Strafen für rassistische Übergriffe
Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (r.) forderte harte Strafen für rassistische Übergriffe © dpa
Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz (M.) im Gespräch mit Polizisten
Heidenaus Bürgermeister Jürgen Opitz (M.) im Gespräch mit Polizisten © dpa
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Scholz: Grundsätzlich ist die Familie in Deutschland besonders geschützt, und als Familie gelten insoweit Eltern und ihre minderjährigen Kinder. Weitere Familienangehörige können ausnahmsweise und nur dann nachgeholt werden, wenn eine ganz besondere Fürsorgepflicht besteht.

Mohammed Shoaib Rezayi: Ich würde gern meinen Führerschein machen, aber die theoretische Prüfung kann man zwar beispielsweise auf Türkisch ablegen, aber nicht auf Persisch – warum?

Scholz: In der theoretischen Prüfung sind die Sprachen zugelassen, die in der EU am häufigsten gesprochen werden. Neben Deutsch insgesamt elf Sprachen. Arabisch gehört nicht dazu. Türkisch wird von einer Vielzahl der in Deutschland lebenden Menschen gesprochen, ebenso Russisch.

Michael Mengsteab: Viele Flüchtlinge aus Eritrea haben Schwierigkeiten mit den deutschen Gepflogenheiten und Regeln und dem Vorgehen der Behörden. Gerade weil so viele aus meiner Heimat nach Deutschland kommen: Wäre es möglich, die wichtigsten Informationen in unsere Muttersprache zu übersetzen?

Scholz: Unsere Behörden bemühen sich, Informationen in möglichst vielen Sprachen herauszugeben. Das ist in vielen Fällen, bei geläufigen Sprachen, problemlos, doch bei manchen Sprachen leider schwierig. Denn eine Behörde muss sicher sein, dass alles genau und korrekt übertragen wird und beschäftigt deshalb vor allem beglaubigte Übersetzer.

 Berj Baghdee Sar interviewt Bürgermeister
Scholz
Berj Baghdee Sar interviewt Bürgermeister Scholz © HA | Marcelo Hernandez

Mays Albeer: Wir alle haben festgestellt, dass es bei Behörden oft Glücksache ist, an wen man gerät. Ich habe meinen Mann kirchlich und standesamtlich in Bagdad geheiratet. Dennoch wurde ihm hier trotz Urkunden eine offizielle Bestätigung verweigert, dass wir ein Ehepaar sind. Wir brauchen sie aber für unsere Krankenversicherung. Als ich es dann noch einmal versuchte, hatte ich nach zehn Sekunden den Stempel. Gibt es da keine klaren Regeln?

Michael Mengsteab: Das ist nur ein Beispiel, wir alle haben so etwas Ähnliches erlebt. Das wundert uns, weil wir dachten, in Deutschland gebe es für alles eindeutige Vorschriften.

Scholz: Es stimmt: Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem Regeln eine große Bedeutung haben. Wenn es um ausländische Dokumente geht, ist das für die Behörde nicht immer ganz einfach, die zu überprüfen. Und Sie können natürlich nicht mal eben in den Irak reisen, um eine Beglaubigung zu holen. Doch im Grundsatz gilt: Eigentlich muss es beim gleichen Problem immer zur gleichen Entscheidung kommen.

Berj Baghdee Sar: Wissen Sie eigentlich, dass viele sich hier als Syrer ausgeben, um eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, obwohl sie gar keine Syrer sind? Sie haben gar keine oder falsche Papiere. Jeder Syrer erkennt diese Menschen sofort an der Sprache, denn in der arabischen Aussprache gibt es riesige regionale Unterschiede. Warum wird das nicht kontrolliert?

Scholz: Das wird kontrolliert. Unsere Behörden achten darauf, aber es ist nicht immer einfach, das zu prüfen. Das gilt besonders kurz nach der Ankunft der Menschen. Und täglich müssen Tausende Entscheidungen getroffen werden. Ein Weg muss es sein, mit Leuten aus Syrien zusammenzuarbeiten.

Berj Baghdee Sar: Deutschland ist auch aus historischen Gründen so offen für Flüchtlinge. Gibt es einen Punkt, an dem Deutschland einmal Nein sagt und keine Flüchtlinge mehr aufnimmt? Polen nimmt zum Beispiel keine Flüchtlinge auf.

Scholz: Eines ist klar: Den Flüchtlingen, die jetzt nach Europa kommen und noch kommen werden, Schutz zu gewähren, ist eine gemeinsame europä­ische Aufgabe. Alle Staaten der EU müssen sich daran beteiligen. Es gibt Fortschritte, das hat der letzte EU-Gipfel gezeigt. Aber im Moment gibt es Staaten, die weniger Flüchtlinge aufgenommen haben als die Stadt Hamburg. Zweitens: Wer politisch oder religiös verfolgt wird oder vor dem Krieg flüchtet, muss sich und seine Familie retten können. Nur auf diese Gruppe können wir uns unter dem Stichwort Flucht konzentrieren. Auch andere Menschen mögen gute Gründe haben, in Deutschland leben zu wollen, aber das überstiege unsere Möglichkeiten. Wenn alle, die auf ein besseres Leben hoffen, aber nicht bedroht sind, zu uns kämen, dann würde Deutschlands Kraft nicht reichen. Für die Menschen vom Westbalkan zum Beispiel ist der Antrag auf Asyl deswegen keine Perspektive, um nach Deutschland zu kommen.

Den Flüchtlingen Schutz zu gewähren, ist keine leichte Sache. Das sieht man schon daran, dass wir sehr weitreichende Entscheidungen treffen müssen, damit im Winter niemand in einem Zelt schlafen muss. Vor zwei Jahren hätte ich gesagt, ich möchte niemanden in einer Halle unterbringen. Aber angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge bin ich jetzt froh, wenn das gelingt. So verschieben sich die Maßstäbe, das muss man ganz offen sagen.

Mays Albeer: Das Dublin-Abkommen macht für mich keinen Sinn. Wenn das Erst-Einreiseland für den Asylantrag zuständig ist, wäre es praktisch unmöglich, legal als Flüchtling nach Deutschland einzureisen. Niemand aus einem Krisenland schafft es, in einem Flugzeug direkt nach Deutschland zu kommen. Aber das wäre der einzige Weg.

Scholz: Sie haben recht. Wenn wir das Dublin-Abkommen streng anwenden, kommt in Deutschland kaum ein Flüchtling an.

Mays Albeer: Manche Flüchtlinge schaffen es trotzdem, ins Land zu kommen. Man muss in Wahrheit also lügen.

Scholz: Ich habe schon im Frühjahr letzten Jahres gesagt, dass wir ein neues System für die Aufnahme und Verteilung in Europa brauchen. Das kann bedeuten, dass jemand, der in Amsterdam ankommt, sein Asylverfahren zum Beispiel in Polen betreiben muss. Das gefällt ihm vielleicht nicht so gut, aber dasselbe machen wir ja auch innerhalb Deutschlands. Und wichtig ist doch, dass er Schutz genießt. Mein zweiter Vorschlag war, dass ein in Polen oder Griechenland anerkannter Flüchtling die gleichen Rechte haben soll wie ein

Pole oder Grieche innerhalb der EU. Wer aus eigener Kraft in Deutschland einen Arbeitsplatz findet, kann diese Arbeit antreten. Aber es ergibt sich daraus kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt.

Bürgermeister Olaf Scholz im Gespräch mit den Flüchtlingsreportern des Abendblatts
sowie den Redakteuren Sven Kummereincke (l.) und Peter Ulrich Meyer (r.).
Scholz nahm sich für das Interview eine Stunde Zeit
Bürgermeister Olaf Scholz im Gespräch mit den Flüchtlingsreportern des Abendblatts sowie den Redakteuren Sven Kummereincke (l.) und Peter Ulrich Meyer (r.). Scholz nahm sich für das Interview eine Stunde Zeit © Mohammad Shoaib Rezayi

Berj Baghdee Sar: Ich bin unter anderem auch vor den IS-Terroristen aus Syrien geflohen. Jetzt habe ich gelesen, dass unter den nach Deutschland geflüchteten Syrern 4000 IS-Angehörige sind. Salafisten verteilen den Koran auf der Mönckebergstraße. Ich habe Angst, dass diese Leute auch etwas in Hamburg machen.

Mays Albeer: Ich habe auch Angst. Angst davor, dass aus vielleicht jetzt noch wenigen viele werden. Ich möchte meine Kinder vor denen schützen. Das dürfen wir nicht ignorieren. Ich bitte Sie, sehr ernsthaft darüber nachzudenken.


Mohammed Shoaib Rezayi: Ich war neulich am Hauptbahnhof, um als Freiwilliger bei der Ankunft von Flüchtlingen zu helfen. Dort ist es zu einer Schlägerei zwischen zwei Syrern gekommen, weil der eine den anderen als IS-Kämpfer der Dayesh-Gruppe identifiziert hatte. Können die Flüchtlinge nicht besser kontrolliert werden?

Scholz: Viele kommen jetzt nach Deutschland, weil wir ein weltoffenes, liberales und tolerantes Land sind. Und eins muss klar sein: Das werden wir auch bleiben. Wir verlangen von allen, die hier Schutz suchen, dass sie unsere Wertvorstellungen und Überzeugungen akzeptieren. Je besser wir bei der Identifizierung von Personen sind, desto eher können wir dieses Problem lösen. Polizei und Nachrichtendienste arbeiten daran herauszufinden, ob unter denen, die kommen, auch welche sind, die etwas mit Terrorismus zu tun haben. Das sieht man niemandem an.

Aber wir hoffen auch, dass Flüchtlinge, die Kenntnis über solche Leute haben, uns das auch sagen. Wenn jemand Straftaten begangen hat, gehen wir dagegen vor. Für mich ist sehr beruhigend, dass gerade Salafisten in Hamburg Muslime als ihre erbitterten Gegner haben. Die sagen: Was wollt ihr, wir haben doch ein tolles Land hier, unsere Religion ist wie alle anderen akzeptiert. Für eure Propaganda gibt es keinen Grund.

Berj Baghdee Sar: Ich bin mir in einem Fall zu 100 Prozent sicher, dass jemand, der IS-Kämpfer war, hier eine Aufenthaltserlaubnis bekommen hat.

Scholz: Wenn Sie uns das erzählen, dann wissen unsere Sicherheitsorgane damit umzugehen. Wir sind darauf angewiesen, dass die Flüchtlinge sich als Bürger begreifen und uns helfen. Wir stehen ja nicht neben jedem.

Mays Albeer: Die Ursache, warum Menschen auf die Flucht gehen, sind Kriege. Warum gibt es so viele Kriege? Woher kommen die Waffen, um die Kriege zu führen? Und wer kauft Öl vom IS, warum gibt es keine Sanktionen gegen diese Staaten?

Berj Baghdee Sar: Deutschland verkauft Waffen an die Kurden. Aber weiß Deutschland, dass die Kurden viele Waffen an radikale Gruppen weiterverkaufen? Der IS hat auch amerikanische und israelische Waffen. Warum?

Scholz: Dieses Thema treibt uns alle um. Wenn es um Waffenexporte geht, brauchen wir eine restriktive Politik. Es ist, wie Sie sagen. In der Welt werden unglaublich viele Waffen gehandelt, und sie kommen in Hände, in die sie nicht gehören. Und es stimmt, dass die IS-Terroristen im Irak Öl fördern können und auch Käufer finden. Es wird aber auch versucht, dies zu unterbinden, auch mit Sanktionen und mit nachrichtendienstlichen Mitteln.

Berj Baghdee Sar: Eine letzte Frage – was empfehlen Sie jemandem, der als Ausländer in Hamburg lebt, um erfolgreich zu sein?

Scholz: Das erste ist, die deutsche Sprache zu lernen. Das ist die Voraussetzung, um erfolgreich zu sein und aktiv am Leben hier teilzunehmen. Den jungen Leuten empfehle ich, dass sie sich in der Schule Mühe geben und versuchen, viel zu lernen. Allen anderen möchte ich den Rat geben, dass sie mit aller Kraft versuchen, sich beruflich zu integrieren. Es ist immer besser, eine Arbeit zu ergreifen, auch wenn sie zunächst unterhalb der eigenen Möglichkeiten ist. Ansonsten ist mein Rat: Öffnen Sie sich für eine der liberalsten und tolerantesten Gesellschaften der Welt! Wer seine Möglichkeiten nutzen will, hat hier bestimmt bessere Chancen, als an vielen anderen Orten.

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Aufgezeichnet von Peter Ulrich Meyer und Sven Kummereincke