Hamburg. Die schon seit Jahren zu hohe Belastung mit giftigem Stickoxid steigt weiter. Umweltschützer mahnen Konzept zur Reduzierung an.

Die Belastung der Hamburger Luft mit giftigem Stickoxid (NOx) hat in den ersten drei Quartalen des Jahres 2015 noch weiter zugenommen – obwohl die Belastung schon vorher deutlich über den von der EU vorgegebenen Grenzwerten lag. Das ergab eine Auswertung der Daten aus dem Luftmessnetz durch den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Belastung sei an drei von vier straßenbezogenen Messstationen weiter gewachsen, so der BUND.

Besonders hoch ist die gemessene Stickoxidkonzentration demnach auch weiterhin an der Max-Brauer-Allee und an der Habichtstraße. Dort ist sie in den ersten drei Quartalen auch weiter angestiegen – ebenso wie an der Kieler Straße. Einzig an einer der vier Messstationen, nämlich an der Stresemannstraße, ist die Belastung zuletzt zurückgegangen.

Hauptquellen der giftigen Stickoxide, die zu chronischem Husten, Bronchitis, Asthma, Entzündungen oder Lungenkrebs führen können, sind der Kfz-Verkehr und Schiffsabgase. Besonders stark wird die Luft durch Dieselmotoren belastet. Deswegen hatte die EU kürzlich vorgeschlagen, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in besonders belasteten Regionen einzuführen.

„Hamburg wurde wegen schlechter Luft rechtskräftig verurteilt, und auch die EU-Kommission macht Druck wegen der Grenzwertüberschreitungen“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Trotzdem hat der Senat noch kein neues Konzept vorgelegt, wie die Belastungssituation von mehr als 200.000 Hamburgern schnell verbessert werden kann.“

Die von Hamburg in einem Schreiben vom August an die EU angeführten Maßnahmen seien nicht ausreichend. Der in Aussicht gestellte Anteil von Hochbahnbussen mit Euro-Norm V oder besser falle sogar hinter die Ankündigung im Luftreinhalteplan von 2012 zurück.

„Der VW-Skandal hat nochmals verdeutlicht, dass technischer Fortschritt durch neue Euro-Normen das Problem allein nicht lösen wird“, so BUND-Chef Braasch. „Moderne Dieselfahrzeuge stoßen im realen Betrieb deutlich mehr Schadstoffe aus als bisher angenommen. Zudem nahm der Bestand an Diesel-PKW bis Ende 2014 weiter zu.“ Mittlerweile seien in Hamburg insgesamt 295.169 Fahrzeuge mit dieser Technologie zugelassen, das sei eine Zunahme von mehr als vier Prozent gegenüber 2013.

Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hatte vor wenigen Tagen einen Brandbrief an die Unternehmensvorstände der deutschen Automobilhersteller geschrieben. Darin forderte er rasche Aufklärung über die Emissionen ihrer Fahrzeuge – und drohte mit verkehrs­beschränkenden Maßnahmen in Hamburg, falls die Unternehmen nicht kooperieren sollten. Eine Antwort gab es bisher laut Umweltbehörde noch nicht.

„Hamburg muss nicht nur seinen Luftreinhalteplan aktualisieren, sondern diesen als erstes Bundesland auch konkret durchrechnen“, sagte Behördensprecher Jan Dube. „Das geht nur mit verlässlichen Daten zum Schadstoffausstoß der Autoflotte.“ Noch im Oktober solle als neue Maßnahme eine automatisierte Luftmessstation im Hafen in Betrieb gehen, so Dube. „Ziel ist es, die Hintergrund-Immissionen von SO2, NOx und Feinstaub aus dem Hafen laufend zu messen. Die Daten werden auf der Homepage des Luftmessnetzes veröffentlicht und ständig aktualisiert.“