Hamburg. Pilotenvereinigung Cockpit warnt vor ferngesteuerten Flugobjekten: „Sie können auf Flugzeuge wie Kanonenkugeln wirken“.

Am Hamburger Himmel wird es eng – und gefährlicher als je zuvor. Ferngesteuerte Flugobjekte behindern zunehmend den Betrieb am Airport und neuerdings sogar den Bahnverkehr. Erst kommt es auf dem Flughafen zu einem Beinah-Unfall zwischen einer Drohne und einem mit 80 Passagieren besetzten Finnair-Flugzeug. Dann stürzt am Wochenende bei den Deichtorhallen ein Mini-Zeppelin auf eine Oberleitung der Bahn. In Wild-West-Manier lassen einige Hobby-Piloten ihre Drohnen für Fotoaufnahmen in die Luft steigen. Mit möglicherweise fatalen Folgen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie gefährlich sind Drohnen für den Flugverkehr wirklich?
Zwar sind Flughäfen im Umkreis von 1,5 Kilometern für Drohnenflüge tabu, ihr Einsatz in diesem Bereich ist gesetzlich verboten. Aber die Verstöße häufen sich. „Drohnen können auf Flugzeuge und Helikopter wie Kanonenkugeln wirken“, sagt Jörg Handwerg, Vorstandsmitglied in der Pilotenvereinigung Cockpit, dem Abendblatt. „Sie zertrümmern im schlimmsten Fall Scheiben und zerstören das Triebwerk.“ Der Einsatz von Drohnen stelle für die Piloten und die gesamte Luftfahrt ein „steigendes Risiko“ dar.

Was muss der Besitzer einer Drohne in Hamburg vorlegen, um eine Genehmigung für den Aufstieg zu bekommen?

Man muss zwischen privater und gewerblicher Nutzung unterscheiden. Für den privaten Sport- und Freizeitbereich ist für Drohnen bis zu einem Gewicht von fünf Kilogramm und einer Flughöhe bis 50 Meter in der Regel keine Genehmigung erforderlich. Anders bei gewerblicher Nutzung – sie ist immer genehmigungspflichtig. Die Hamburger Luftfahrtbehörde verfährt bei Anträgen nach den bundesweiten luftrechtlichen Regelungen für gewerblich genutztes Fluggerät. Im Unterschied zu anderen Bundesländern gibt es in Hamburg keine Allgemeinerlaubnisse, die etwa für die Dauer von ein oder zwei Jahren erteilt werden. In der Hansestadt muss jeder einzelne Flug genehmigt werden. Beim Erstantrag inspiziert ein Behördenvertreter das Gerät. Außerdem muss eine besondere Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden und der Steuerer den Nachweis erbringen, dass er die Drohne sicher beherrscht – zum Beispiel durch den Nachweis von Übungsstunden.

Wie viele Aufstiegserlaubnisse wurden in Hamburg erteilt?
Nach Angaben der Luftfahrtbehörde waren es im vergangenen Jahr bis zum jetzigen Zeitpunkt 735 Anträge zu kommerziellen, logistischen und wissenschaftlichen Zwecken. Die Ablehnungsquote beträgt ein Prozent.
Reichen die gesetzlichen Bestimmungen für den Einsatz von Drohnen aus?

Ja, sagt Susanne Meinecke, Sprecherin der Verkehrsbehörde. „Die Vorschriften reichen aus, um sichere, bezogen auf die behördlichen Auflagen ausgewogene und datenschutzrechtlich unbedenkliche Aufstiegserlaubnisse für die aus unserer Erfahrung verantwortungsbewussten Steuerer von gewerblich genutzten Fluggeräten zu erstellen.“ Dieser Ansicht ist auch Abendblatt-Fotoredakteur Thorsten Ahlf. Er fotografiert seit fast zwei Jahren mit einer Drohne und hat mit dem Fluggerät bereits 440 Starts und Landungen absolviert. Allerdings fordert er, dass die rechtlichen Bestimmungen auch eingehalten werden müssten. Außerdem sollte es beim Kauf eine umfassende Belehrung geben. Er selbst habe zwei Tage lang ein Theorie- und Praxistraining absolviert und vier Wochen eine Übungsdrohne eingesetzt.

Geht es bei den Hobby-Nutzern auch so professionell zu?
Die Luftfahrtbehörde weist darauf hin, dass ihr die Nutzung von Drohnen im Hobby- und Freizeitbereich zunehmend Sorgen bereitet, weil sich dieser Bereich aufgrund der rechtlichen Regelungen weitgehend der behördlichen Kontrolle entzieht. Und vor allem die Zahl der Aufstiege enorm zugenommen hat. So gibt es vage Expertenschätzungen, dass es seit 2013 allein in Fuhlsbüttel rund 5600 illegale Einsätze von Drohnen gegeben haben soll.

Drohne des chinesischen Herstellers
und Marktführers DJI
Drohne des chinesischen Herstellers und Marktführers DJI © dpa | Wolfgang Kumm

Welche Verstöße sind in Hamburg bekannt geworden?
Verlässliche Zahlen gibt es nach Behördenangaben nicht, da die Dunkelziffer im Freizeitbereich hoch ist. Behördenbekannt sind derzeit drei flugbetriebliche Systemausfälle, das heißt, wenn die Verbindung zur Fernsteuerung unterbrochen ist, sowie drei Drohnen, die sich in der Einflugschneise in unmittelbarer Nähe des Flughafens aufhielten und zu einer massiven Gefährdung anfliegender Flugzeuge führten. Außerdem wurde der Versuch bekannt, mittels einer Drohne bestimmte Güter in eine Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln. „Mit Ausnahme der Systemausfälle konnten die Verursacher polizeilich noch nicht ermittelt werden“, sagt Sprecherin Susanne Meinecke.

Wie werden Verstöße geahndet?
Gefährliche Eingriffe in den Luftverkehr und der JVA-Vorfall stellen Straftaten dar. Verstöße gegen luftrechtliche Vorschriften oder behördliche Auflagen werden als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet. Weil die Täter unbekannt sind, konnten sie nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Was fordern Experten, um die wachsenden Gefahren am Himmel zu begrenzen?
Die Hamburger Luftfahrtbehörde fordert, dass die rechtliche Ungleichbehandlung zwischen freizeitlicher und kommerzieller Nutzung aufgehoben werden soll. Außerdem sollten die Hobby-Piloten registriert und ausgebildet werden. Das verlangt auch die Pilotenvereinigung Cockpit. „Notwendig ist ein Drohnen-Führerschein“, fordert Vorstandsmitglied Handwerg.

Der Weg zum Drohnen-Foto

Die rechtlichen Bestimmungen
für die Nutzung von Drohnen hat die Hamburger Verkehrsbehörde im Internet unter www.hamburg.de/bwvi/drohnen zusammengestellt. Dort gibt es auch ein Formular, mit dem man den Aufstieg seiner Drohne bei der Luftfahrtbehörde anmelden kann.