Hamburg. Der Unglücksflug des Werbe-Luftschiffs war angemeldet und versichert. Dennoch prüft die Bahn Schritte. Unfall bleibt Rätselhaft.
Ein Luftschiff hat sich am Sonnabend in einer Oberleitung der Bahn verheddert und den Zugverkehr von und nach Süden lahmgelegt. Drei Stunden lang musste am Nachmittag die Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Harburg für den Fern- und Regionalverkehr unterbrochen werden. Reisende mussten auf S-Bahnen umsteigen. 19 Fernzüge fielen aus oder mussten umgeleitet werden. Ein Metronom mit 900 Passagieren musste im Freihafen sogar evakuiert werden.
Nach Angaben der Bundespolizei ließ sich der acht Meter lange Zeppelin vermutlich wegen eines technischen Defekts nicht mehr lenken. Daher verfing sich das Luftschiff, das mittags um kurz nach 12 Uhr von einem Steg von der Gurlittinsel an der Außenalster aus zu einem Werbeflug gestartet war, in Höhe der Deichtorhallen in der Oberleitung. Die Gurlittinsel gilt als ein idealer Ort für Start und Landung eines Luftschiffs dieser Größe, da genügend Abstand zu Gebäuden vorhanden und man von Passanten ungestört ist.
Erste Flugminuten verliefen reibungslos
Der Zeppelin wird mit einer Funkfernbedienung mit zwei Joysticks gelenkt. Zunächst sah alles ganz normal aus. „Das Luftschiff hob ab und ist 20 Minuten lang prima über der Alster geflogen. Aber dann plötzlich nicht mehr“, sagte ein Mitarbeiter der Hamburger Luftaufsicht dem Abendblatt, der den Flug vom Start bis zur unfreiwilligen Landung des unbemannten Flugobjekts am Bahnhof beobachtet hatte. Die Luftaufsicht sieht sich immer mal stichprobenartig Drohnen- und Luftschiffflüge in Hamburg an.
Die genaue Ursache dafür, dass sich der Zeppelin, an dem ein kleines Modellschiff hing, plötzlich nicht mehr steuern ließ, müssen Fachleute ermitteln. Vor den Augen der Spaziergänger an der Alster driftete der Zeppelin langsam immer weiter in Richtung Hauptbahnhof ab – und landete dort schließlich in den Oberleitungen. Spezialisten der Bahn zogen das Luftschiff mit Haken aufs Gleis und von dort auf die Straße. Verletzt wurde niemand.
Luftschiff legt Zugverkehr lahm
Der Flug, der Werbung für den Anfang Oktober in die Kinos kommenden Film „Pan“ machen sollte, war offiziell genehmigt. Das bestätigte die Leiterin des Referats für Luftfahrt in Hamburg, Ina Tjardes, dem Abendblatt. Sie geht von einem technischen Defekt am Fluggerät aus. Die Vorschriften für den „Betrieb eines unbemannten Luftfahrtsystems“ seien vom Steuernden des Fluggerätes eingehalten worden. Danach müssen Luftschiffe, aber auch Drohnen ausreichend Sicherheitsabstand zu Personen, Verkehrswegen, Hochspannungsleitungen und anderen Hindernissen einhalten. Der Zeppelin hatte die Erlaubnis, bis zu 50 Meter hoch zu fliegen. Gleichwohl ermittelt die Polizei gegen die Verantwortlichen des Zeppelin-Irrfluges. Die Bahn will je nach Sachlage über weitere Schritte entscheiden. „Wenn es Anhaltspunkte gibt, dass der Bahn durch schuldhaftes Verhalten Dritter ein Schaden entstanden ist, prüft die Bahn mögliche Schadenersatzansprüche. Eine abschließende Entscheidung ist offen“, sagte eine Bahnsprecherin. Fahrgäste haben je nach Dauer der Verspätung Anspruch auf Entschädigung.
Zeppelin-Lenker muss wohl nicht haften
Dass der 43 Jahre alte Lenker des Luftschiffs selbst Schadenersatz leisten muss, ist praktisch ausgeschlossen. „Der Flug war versichert. Ohne den Nachweis einer gültigen Haftpflichtversicherung erteilen wir keine Starterlaubnis“, sagt Ina Tjardes. Es war das erste Mal, dass für einen Zeppelin dieses Typs in Hamburg eine Starterlaubnis beantragt und erteilt wurde.
Unterdessen warnen die Behörden vor der zunehmenden Gefahr von Drohnen für den Luftverkehr: Immer öfter werden sie im Umfeld des Hamburger Flughafens gesichtet, zuletzt in der vorigen Woche. Ein Pilot, der gerade mit einem Passagierflugzeug aus Helsinki landete, bemerkte das Flugobjekt in nur 30 Metern Entfernung. Zu einem Zusammenstoß kam es glücklicherweise nicht. „Seit ungefähr zwei Jahren mehren sich solche Vorfälle“, sagt Stefanie Harder, Sprecherin des Flughafens. Es sei sehr gefährlich, die ferngesteuerten Geräte in der Nähe der Landebahn fliegen zu lassen. „Die Drohnen könnten außer Kontrolle geraten, in die Turbinen fliegen und die Flugzeuge beschädigen.“ Verboten ist es ohnehin: Im Umkreis von 1500 Metern um einen Flughafen sind Drohnen tabu. Auch zu Schiffen müssen Drohnen 200 Meter Sicherheitsabstand einhalten. Wer sich nicht daran hält, riskiert bis zu 50.000 Euro Bußgeld.