Hamburg. Beinahe-Kollision bei Landung einer finnischen Maschine in Fuhlsbüttel. Airport warnt angesichts Tausender illegaler Starts vor Risiko.

Flug AY855 aus Helsinki ist in der kritischen Phase, 250 Meter über der Landebahn in Fuhlsbüttel, als die Bedrohung seitlich vorbeirauscht. Die Piloten geben ein Signal an den Tower: „Unbemanntes Flugobjekt“, es kommt zu einer Beinahe-Kollision im Landeanflug.

Mit einer Drohne sorgte ein Unbekannter am frühen Sonnabendabend für einen heiklen Moment am Hamburger Flughafen. Ein Unfall hätte zum Absturz des Flugzeuges führen können. Die Airport-Leitung warnt am Montag vor einer wachsenden Gefahr: „Vorfälle mit Drohnen im Umfeld des Flughafens häufen sich seit zwei Jahren“, sagt Flughafen-Sprecherin Stefanie Harder. Per Smartphone oder Tablet steuerten Hobbypiloten die mit Kameras ausgestatteten Geräte, am Sonnabend flog die Drohne auf bis zu 30 Meter an das Flugzeug aus Finnland heran. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, eine Sofortfahndung nach Pilot und Drohne blieb erfolglos. Zeugen des Vorfalls sollen sich unter der Telefonnummer 040-42 86 56 78 melden.

Fast wöchentlich gebe es Vorfälle dieser Art, sagt Ralf Kunz, Sprecher der Polizei am Flughafen. Rechtlich ist der Einsatz der ferngesteuerten Spielzeuge an Flugplätzen in einem Umkreis von 1500 Metern genehmigungspflichtig – dennoch hätten die Menschen nicht das Gefühl, etwas Unrechtes zu tun. „Drohnen sind die Drachen von heute“, sagt Kunz. Fachleute schätzen nach der Auswertung von Benutzerdaten, dass Piloten seit dem Jahr 2013 allein in Fuhlsbüttel rund 5600 illegale Starts und Landungen mit Drohnen vollführten. Auch insgesamt gehen demnach nirgendwo in Deutschland mehr Drohnen in die Luft als in Hamburg. Der Flughafen bringt fast jeden bekannten Fall zur Anzeige, ertappt werden die Täter selten.

Eine Kollision im Landeanflug könne ein Flugzeug „ohne weiteres abstürzen lassen“, sagt Jan Hesselbarth, Geschäftsführer der Consultingfirma „Caballero & Hesselbarth“, die sich auf unbemannte Flugzeuge spezialisiert hat. „Wir erleben einen extremen Boom, eine leistungsfähige Drohne ist im Elektronikmarkt inzwischen für geringes Geld zu haben.“

Beim Kauf wird nicht darüber aufgeklärt, welche Bestimmungen gelten

„Es gibt einige, die wollen damit gezielt Schindluder treiben. Und die große Mehrzahl der anständigen Hobbynutzer wird beim Kauf nicht richtig darüber aufgeklärt, welche Bestimmungen gelten.“ Auch außerhalb des 1,5-Kilometer-Radius um Flughäfen brauchen Drohnenpiloten eine weitere Erlaubnis der Deutschen Flugsicherung, um höher als 50 Meter zu fliegen.

Am vergangenen Wochenende tauschten sich Fachleute in Hamburg über Technik und Risiken von Drohnen aus. „Es gibt die einhellige Meinung, dass ein großer Unfall nur eine Frage der Zeit ist“, sagt Jan Hesselbarth. Drohnen werden neben dem Hobbygebrauch inzwischen im kommerziellen Betrieb als Transportgeräte und zur Fotografie benutzt. In diesem Jahr versuchten Straftäter zudem, Schmuggelware mit Drohnen über die Gefängnismauern zu fliegen, so etwa in der JVA Fuhlsbüttel.

Die für die Flugsicherung zuständige Wirtschaftsbehörde und die Innenbehörde arbeiten an neuen Bestimmungen. „Es soll ein Konzept zur Prävention entstehen“, sagt Jan Hesselbarth. Bislang ist nur eine Warnung verbindlich: Die Nutzer werden beim Drohnenkauf angehalten, „das Luftverkehrsgesetz nicht zu verletzen“.