Hamburg. IOC-Chef lässt Hamburg hoffen: Erhält die Stadt den Zuschlag, bekäme Hamburg 200 Millionen mehr als Rio für die Spiele 2016.

Seit Mittwoch sitzt Hamburg im Fahrersitz. Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hat dieses Bild gewählt, als er die fünf Bewerberstädte für die Spiele 2024 bekannt gab. „Jede von ihnen ist eingeladen, eine authentische Bewerbung zu entwickeln und ihre Pläne vorzustellen, wie sich Olympia in ihre Vorstellungen von Stadtentwicklung einfügt“, sagte der 61 Jahre alte Jurist bei einer Telefonkonferenz. Das entspreche der Agenda 2020, mit der Bach die olympische Bewegung reformieren und aus der Glaubwürdigkeitskrise führen will. Olympia solle demnach künftig ein Projekt der Stadt werden – und nicht die Stadt ein Projekt von Olympia.

Es ist der erste Bewerbungsprozess nach den neuen IOC-Spielregeln

Bach zeigte sich „hocherfreut“, dass sich alle fünf Kandidatenstädte – neben Hamburg noch Budapest, Los Angeles, Paris und Rom – die Agenda zu Eigen gemacht hätten. Es ist der erste Bewerbungsprozess, der komplett nach den neuen Spielregeln des IOC abläuft. Sie sollen den Aufwand für die Ausrichterstädte reduzieren und Werten wie Transparenz und Nachhaltigkeit zu mehr Bedeutung verhelfen.

Dazu gehört auch, dass erstmals mit der Bekanntgabe der Bewerber auch der Gastgebervertrag veröffentlicht wurde. Er regelt die Rechte und Pflichten zwischen dem IOC und den Ausrichtern, die mit der Planung, Organisation und Durchführung der Spiele verbunden sind.

Kommentar: Hamburg ist Favorit auf Olympia 2024

Demnach erhält das Organisationskomitee der Stadt, die beim IOC-Kongress in Lima im September 2017 den Zuschlag erhält, Zuwendungen in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar (1,5 Millionen Euro), 200 Millionen mehr als Rio de Janeiro für die Spiele im kommenden Jahr. Allerdings sind alle Kandidaten angehalten, neben der Olympischen Charta auch die Grundsätze des Gastgebervertrages zu respektieren.

Stärkung von Umweltschutz und Arbeitnehmerrechten

Bach hob dabei drei inhaltliche Neuerungen hervor: den ausdrücklichen Verweis auf die sexuelle Orientierung bei den Bestimmungen gegen Diskriminierung, die Aufnahme der Pressefreiheit in die Prinzipien des Vertrages und die Verbesserung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Insgesamt sei das Prozedere deutlich einfacher und weniger bürokratisch als bisher. So sei das technische Handbuch von mehr als 7000 auf weniger als 350 Seiten verkleinert worden.

Insgesamt umfassen die vier Dokumente, die Hamburg erhalten hat, 508 Seiten. 44 davon entfallen auf den Gastgebervertrag, der bei den potenziellen Vertragspartnern auf Zustimmung stieß. „Nach erster Durchsicht bewerten wir insbesondere die Stärkung von Umweltschutz und Arbeitnehmerrechten sowie die verpflichtende Einhaltung nationaler und internationaler Anti-Korruptionsgesetze positiv“, sagte Nikolas Hill, Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024. Sport-Staatsrat Christoph Holstein sprach von einem „Beitrag zur Transparenz und Vertrauensbildung“.

Für Alfons Hörmann, den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes und Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung der Bewerbungs-GmbH, bildet der Vertrag die Grundlage, auf der alle Fakten für das Referendum am 29. November zu erarbeiten seien: „Die Bürger werden damit ein genaues Bild davon erhalten, was die Spiele an Kosten und Nutzen bringen.“

Die Initiative NOlympia kritisiert, alle Rechte lägen beim IOC

Die Initiative NOlympia Hamburg kritisierte das 44-seitige Schriftwerk hingegen als „Knebelvertrag“. An zentralen Kritikpunkten habe sich nichts geändert. „Nach wie vor bleiben alle finanziellen Risiken bei der Gastgeberstadt, alle Rechte liegen beim IOC.“

Sportsenator Michael Neumann (SPD) reagierte zurückhaltend. „Wir werden den Gastgebervertrag genau prüfen und dann bewerten“, sagte er am Rande der Bürgerschaft. Eigentlich hatte sich der Senator auf eine Rede zum Thema Olympia in der Aktuellen Stunde vorbereitet, aber Parteifreunde und Grüne machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Rot-Grün „filibusterte“, dehnte die vorherige Debatte über den Radverkehr so lange aus, bis kaum mehr Zeit für Olympia blieb. Der Grund: SPD und Grüne wollten den Linken keine Bühne bieten, die die kritische Stellungnahme des Rechnungshofs zur Diskussion angemeldet hatten.

„Der Rechnungshof hat nüchtern die Zahlen geprüft, soweit sie vorliegen“, sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. Allerdings werde der Senat laut Rechnungshof bis zum Referendum keine belastbaren Kosten-Nutzen-Rechnungen vorlegen können. Hackbusch befürchtet, dass es nach der Entscheidung zu erheblichen Kostensteigerungen kommen wird. „Wir arbeiten mit heißem Herzen für Olympia, aber mit kühlem Kopf“, sagte Neumann. Es gelte die Risiken abzuwägen, aber vor allem die Chancen zu sehen.