Hamburg . Bis zum Sonntagmorgen zogen sich die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und den Beamten hin. Eine ernüchternde Bilanz.

Das Hamburger Wochenende rund um den eigentlich abgesagten "Tag der Patrioten" samt befürchteten Aufzug von Neonazis und Hooligans war ernüchternd. Wieder sind Linksautonome nach Provokationen von mutmaßlich Rechtsextremen auf Polizisten losgegangen und haben am Hamburger Hauptbahnhof für mehrere Stunden ein Chaos ausgelöst. Es gab Steinwürfe auf einen Zug, Polizisten wurden mit Reizgas besprüht.

Auch der Abzug der rechten Gruppierungen nach Bremen hat die Lage dort eskalieren lassen. Bis in den Sonntagmorgen hinein haben mehrere Hundert Szene-Aktivisten vor der Roten Flora und im weiteren Bereich der Sternschanze randaliert. Insgesamt fast 3000 Polizisten waren im Einsatz. Es wurden mehrere Personen in Gewahrsam genommen.

Die Polizei hatte am Hauptbahnhof einige Rechtsradikale zwischenzeitlich festgenommen. Ein Zug mit weiteren Rechten, die trotz Demo-Verbots nach Hamburg gekommen waren, wurde offenbar von Bergedorf nach Schwerin geleitet.

Am Hamburger Rathaus hatten rund 7500 Menschen unter dem Motto „Hamburg bekennt Farbe“ friedlich für Vielfalt und Toleranz demonstriert.

Bei den Zusammenstößen in der Sternschanze wurde am späten Sonnabend ein Mann verletzt, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der Mann sei ins Krankenhaus gebracht worden. Ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur schilderte, dass der Mann nach einem Vorrücken der Polizei auf eine Gruppe von Demonstranten plötzlich leblos am Boden lag. Es habe mehrere Minuten gedauert, bis er von Helfern stabilisiert werden konnte. Wenige Minuten vor dem Vorfall habe die Polizei einen Vermummten aus der Gruppe herausgeholt. Inzwischen ist im Netz ein Video aufgetaucht, das den beschriebenen Vorfall möglicherweise zeigt und - im Falle seiner Echtheit - für die Version des dpa-Fotografen spräche, wonach der Mann durch die Polizei zu Fall gekommen war.

Als dann Steine und Flaschen auf die Polizisten geworfen wurden, seien die Beamten auf die Demonstranten zumarschiert. In der Nacht errichteten Randalierer mehrfach Barrikaden auf dem Schulterblatt und zündeten diese an.

Zuvor bildete sich am frühen Abend im Schanzenviertel eine spontane Demonstration von Linksautonomen. An der Roten Flora versammelten sich mindestens 300 Demonstranten. Als sich der Zug Richtung Feldstraße in Bewegung, riegelte die Polizei die Straße Schulterblatt mit mehreren Hundertschaften und vier Wasserwerfern ab.

Die Nacht verlief nach Polizeiangaben dann relativ ruhig. "Es gab nur noch vereinzelt ein paar kleinere Gruppen, die umherzogen", so ein Sprecher am Sonntagmorgen.

Die Bilanz: Es wurden bis zum Morgen neun Personen vorläufig festgenommen; 35 Personen in Gewahrsam genommen. Die Polizei hatte insgesamt bis zu 2849 Beamte (darunter 1.107 Auswärtige) im Einsatz. Drei Beamte wurden leicht verletzt.

Versöhnlicher Aspekt des Wochenendes: Am Sonnabend um 12 Uhr spielten die Hamburger öffentlich-rechtlichen und privaten Radiosender "Imagine" von John Lennon – eine Hymne für Frieden und Toleranz. Tausende sangen rund um die Binnenalster mit, wo das Lied aus Lautsprechern erschall.