Hamburg. Die Stadt Hamburg prüft derzeit besonders Hallen für die Flüchtlingsunterbringung. Bis Jahresende werden 6000 neue Plätze benötigt.

Der Herbst naht, und die Zeit drängt. Mit Hochdruck suchen die Hamburger Behörden nach festen Unterkünften, um die Flüchtlinge aus den Zelten der Erstaufnahmestellen noch vor Einbruch der kalten Jahreszeit in festen vier Wänden unterbringen zu können. Besonders im Fokus bei der Suche: große Hallen, die Platz für viele Menschen bieten.

Im Senat geht man offenbar davon aus, dass auch im Winter noch Flüchtlinge in Zelten leben werden. Bislang galt als oberstes Ziel der Behörden, dies zu verhindern. Dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge noch weiter auf mehr als 350 Flüchtlinge täglich angestiegen ist, bringt die Stadt jedoch an die Belastungsgrenze.

Ende September müssen wegen der Hanseboot die Messehallen frei werden

„Fast alles, was wir vor einigen Wochen geplant haben, ist jetzt Makulatur“, heißt es aus Senatskreisen. Mit kleinen Lösungen und hohen Standards ließe sich die Situation nicht mehr bewältigen. Man müsse bei den Unterkünften nun in neuen Dimensionen denken und alles nehmen, was möglich sei. Für die Hamburger Sozialbehörde hat momentan die Verlagerung der Flüchtlinge aus den Messehallen Priorität. Wie berichtet, war das Angebot der Messe, die Halle B 6 kurzfristig als provisorische Erstaufnahmestelle zur Verfügung zu stellen, nur bis Ende September befristet. Dann beginnt der Aufbau der Hanseboot.

Registrierungsstelle Harburger Poststraße

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    1200 Menschen müssen in neue Unterkünfte gebracht werden. Familien und Alleinstehende mit Kindern würden dabei bevorzugt behandelt, sagt Marcel Schweitzer von der Sozialbehörde. Er sei zuversichtlich, dass für alle Flüchtlinge eine Folgeunterkunft gefunden werde. „Unsere Verwaltung ist extrem leistungsfähig, alle Kollegen arbeiten auf Hochtouren“, sagt der Sprecher. Bis zum Jahresende könnten 6000 neue Plätze geschaffen werden. „Außerdem haben wir noch vieles in der Pipeline.“

    Welche Standorte geprüft werden, geben die Behörden nicht bekannt. Erst, wenn einer tatsächlich zu einer Unterkunft umgebaut wird, informieren sie die Öffentlichkeit. Einen Bericht im Uhlenhorster Wochenblatt vom Mittwoch, demzufolge ein ehemaliges Schulgebäude an der Ecke Averhoffstraße/Winterhuder Weg als Flüchtlingsunterbringung geprüft werde, wollte man daher in der Sozialbehörde auch nicht bestätigen. In dem Backsteinbau, in dem bis vor Kurzen die HafenCity Universität untergebracht war, betreibt das St. Pauli Theater derzeit eine Probebühne.

    Die Zelte am Ohlstedter Platz wurden kürzlich mit Heizlüftern ausgerüstet

    Eine einzige Unterkunft für 7000 Flüchtlinge, wie sie in Harburg erwogen wird, wurde jedoch zunächst dementiert. „Wir prüfen sicherlich alles, aber eine Kapazität von 3000 Plätzen ist die Obergrenze“, so ein Sprecher der Innenbehörde. Nur, wenn sich keine der avisierten Hallen nutzen ließe, würde nach Abendblatt-Informationen über eine Unterkunft in dieser Größenordnung nachgedacht. Doch soweit will man es offenbar gar nicht erst kommen lassen. Vereinzelt ist unter Beamten das Wort vom „Aufnahmestopp“ gefallen, der im absolut schlimmsten Fall bei anhaltend hohen Zahlen verhängt werden müsse.

    Derzeit sind die Behörden ohnehin mit der Bewältigung der akuten Lage gebunden. Am Hauptbahnhof kamen am Vormittag mehrere Dutzend Flüchtlinge aus München an. Sie wurden von Ehrenamtlichen in Empfang genommen, die ihnen den Weg zur Zentralen Erstaufnahmestelle in der Harburger Poststraße erklärten oder Tipps zur Weiterreise gaben.

    Wer sich in einen Zug Richtung Dänemark setzte, kam allerdings auch gestern nur bis zur Grenze. „Solange es keine politische Einigung zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden gibt, fahren unsere Züge nur bis Flensburg und Puttgarden“, so Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn. Normalerweise führen EurocityZüge bis Kopenhagen bzw. Århus durch. Nun müssten Reisende, die in die dänische Hauptstadt wollten, zu Fuß auf die Fähre nach Rødby gehen. Von dort würden sie mit dänischen Nahverkehrszügen an ihr Ziel gebracht, so Meyer-Lovis. Diese würden auch die Strecke Flensburg-Århus bedienen.

    Unterdessen wurden am Wochenende die Zelte, die die Bundeswehr für die 400 Flüchtlinge am Ohlstedter Platz bereitgestellt und aufgebaut hatte, mit Heizungen nachgerüstet. Andere Zelte, etwa in der Unterkunft Jenfelder Moorpark, sind deutlich schlechter isoliert und kaum beheizbar. Insgesamt wohnen in Hamburg derzeit rund 2000 Flüchtlinge in Zelten.