Hamburg. Systemausfall nach Umzug von Dienstleister. Kundenzentren sagen Termine ab. Heute ist provisorische Lösung geplant.

Im ersten Stock des Kundenzentrums im Harburger Einwohnermeldeamt bietet sich am Mittwoch ein ungewohntes Bild. Dort, wo sich sonst zu den Schalterzeiten im Warteraum und vor dem Infoschalter Menschen drängen und Kinder quengeln, herrscht gähnende Leere. Schon vor dem Zugang weist ein selbst ausgedrucktes Schild darauf hin, dass nur „eingeschränkter Dienstbetrieb“ stattfindet. Durch eine Computerpanne ist der Betrieb in Harburg wie in weiteren 19 Kundenzentren seit Montag größtenteils lahmgelegt.

„Ich wollte einen Reisepass beantragen“, sagt Miriam Hellmann, die als eine von wenigen Kunden am Mittwoch ins Bezirksamt kommt. „Ich wusste nicht, dass es einen Ausfall gegeben hat. Mir wurde gesagt, dass die Computer nicht funktionieren. Aber niemand wusste, wann es Sinn macht, wiederzukommen.“

Eine technische Störung hatte die Kundenzentren heimgesucht. Die Sachbearbeiter hatten von Dienstag bis Mittwoch keinen Zugriff auf Meldedaten und Vorgänge. Neuanträge für Personalausweise sowie An- und Ummeldungen konnten nicht bearbeitet werden, nur fertige Ausweise und Pässe wurden ausgegeben. Mitarbeiter riefen Hunderte Kunden an und sagten vereinbarte Termine ab.

Am heutigen Donnerstag soll der Betrieb in den 20 Kundenzentren mit einer provisorischen Lösung wieder regulär laufen. Die Techniker des verantwortlichen IT-Unternehmens Dataport arbeiteten erneut bis in die späten Abendstunden an einer Lösung des Problems. „Es gibt einen ,workaround‘, eine Art Bypass für die Software, um das System möglichst schnell wieder nutzbar zu machen“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens.

Grund für die Computerpanne ist ein Umzug des IT-Dienstleisters Dataport. Das Unternehmen verlagerte am Wochenende die Server für Meldedaten in die neu errichteten Rechenzentren in Alsterdorf und Norderstedt. Bereits am Montag mussten die Kundencenter für den Testbetrieb nach der Umstellung geschlossen bleiben. Mit Betriebsbeginn der Bezirksämter um 7 Uhr am Dienstag ging im EDV-System für Meldeanträge schließlich nichts mehr.

Die Techniker von Dataport sperrten die Software zunächst und suchten fieberhaft nach den Ursachen. „Wir haben eine Taskforce einberufen und sind im Krisenmodus“, sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Die Daten sind auf 32 Servereinheiten verteilt. Am Mittwochnachmittag fand Dataport ein technisches Mittel, die Fehler im System zu umgehen. Dieses soll am heutigen Donnerstag ab Betriebsbeginn eingesetzt werden. Für weitere Ausfälle stehe ein Notfallteam von Dataport bereit. In den sozialen Dienstleistungszentren in Hamburg fiel ein weiteres Dataportsystem aus. Dort sollte über Nacht eine neue Software für das „Elterngeld Plus“ aufgespielt werden. Als Mitarbeiter am Mittwoch zur Arbeit eintrafen, funktionierte das Programm nicht.

Die Bezirksämter rechneten offenbar zunächst damit, dass ihr System schnell wieder funktionieren würde. Erst am Mittwoch wurden vor den Schaltern zum Einwohner- und Meldewesen jeweils Zettel mit Informationen ausgehängt. In mehreren Kundenzen­tren, etwa an der Steinstraße im Bezirk Mitte, standen Mitarbeiter außerhalb der Öffnungszeiten für Fragen von Kunden zur Verfügung. Während noch am Dienstag viele Hamburger vergeblich zu Terminen in den Bezirksämtern erschienen, blieben viele Kundenzentren am Mittwoch fast menschenleer.

Die Absage der Termine wird jetzt zu weiteren Verzögerungen führen. Nach einer Abendblatt-Stichprobe aus dem Juni sind Termine für die Ausstellung von Personalausweisen teilweise nur mit einem Vorlauf von acht Wochen zu bekommen. Mitarbeiterinnen an den Servicetelefonen rieten, nach der Reparatur des Computersystems noch einige Tage mit dem Besuch im Bezirksamt zu warten. Begründung: „Es wird sehr voll werden.“ (zv/nic/crh)