Honolulu/Hamburg. Hamburger Skipper legt auf 32-Meter-Trimaran „Lending Club“ Strecke von Los Angeles nach Hawaii in drei Tagen und 18 Stunden zurück.

Strahlende Sieger im Hawaiihemd: Der Hamburger Skipper Boris Herrmann, 34, und Co-Skipper Ryan Breymeier nahmen nach all den Strapazen im feinen Waikiki Yacht Club auf Hawaii erst mal einen Drink. Die kleine Ananas-Erfrischung in der Nähe des Wai Boat Harbor von Honolulu bildete den symbolischen Abschluss eines Rekordrennens über den Pazifik im Geschwindigkeitsrausch.

Was vor ihm noch keiner geschafft hatte, ist dem Hamburger Segler mit der achtköpfigen Crew am vergangenen Wochenende gelungen: Sie brachen einen der prestigeträchtigsten Segelrekorde der Welt. Für die 4100 Kilometer lange Strecke von Los Angeles (Kalifornien) nach Hawaii brauchten die Segler gut einen Tag weniger als der bisherige Rekordhalter Oliver de Kersauson aus Frankreich.

Die Crew auf dem weltweit zweitgrößten Dreirumpf-Regattaboot, der „Lending Club“, benötigte für die Distanz gerade mal drei Tage, 18 Stunden und neun Sekunden. Das Unvorstellbare sei möglich geworden, kommentierte die Bloggerszene den Erfolg. Und Boris Herrmann sagt: „An Bord waren alle dem Geschwindigkeitsrausch verfallen.“

Eigentlich wollte das Team an der Trans-Pazifik-Regatta auf der gleichen Strecke teilnehmen. Aber die Ausläufer des Hurrikans „Dolores“ bewegten Navigator Herrmann zum spontanen Umdenken. Weit vor dem offiziellen Startsignal nahmen sie Kurs auf Honolulu. So wollten sie nicht mehr die Trans-Pac-Regatta gewinnen, sondern aufgrund der exzellenten Wetterverhältnisse den bisherigen Streckenrekord des Franzosen brechen. Und der lag bei vier Tagen, 31 Minuten und 37 Sekunden. „Mein Wetterrouting sprach für den Alleingang“, sagt Herrmann. „Und es hat uns Recht gegeben.“ Das tropische Tiedruckgebiet „Enrique“ bildete die besten Voraussetzungen für neue Rekordzeiten.

Andreas Kling, Sprecher von Boris Herrmann Racing, kommentierte die Entscheidung so: „Ein neuer Streckenrekord von Long Beach nach Honolulu wird in der weltweiten Seglerszene noch höher als der Wettfahrtsieg angesehen.“

Es kam, wie sie es wollten: Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 45 Stundenkilometern wurde der 32 Meter lange Trimaran zur Rennmaschine. Fast wären die Segler davongeflogen, als Böen der Windstärke sieben bis acht den Luvrumpf bis zu 15 Meter hoch in die Luft hoben. „Alle“, sagt Herrmann, „hielten die Luft an, bis sich der Mittelrumpf wieder ins Wasser setzte. Als es zu brenzlig wurde, mussten die Segeltrimmer die Schoten kräftig fieren – also gleichsam die Notbremse ziehen.

Um die Belastungen zu begrenzen, wurde der Steuermann alle 45 Minuten gewechselt. Zwei Mann standen ständig an den Schoten. Geschlafen wurde, wie bei solchen Törns üblich, im Drei-Stunden Wachrhythmus. Tagsüber trugen die Skipper Shorts und T-Shirts, nachts aber brauchten sie warme Jacken und Pullis. Für eine halbe Stunde fiel der Strom aus, doch mit computergesteuerten Lithiumbatterien wurde das Problem schnell behoben.

Boris Herrmann kann mit solchen Strapazen gut umgehen. Der gebürtige Oldenburger lernte als Kind auf einem Optimisten das Segeln und wählte später Hamburg als seinen Wohnsitz. „Weil diese Stadt für meine sportlichen Ambitionen die besten Voraussetzungen bietet“, sagt der Diplom-Ökonom. Längst gehört Herrmann zu den besten Hochsee-Sportlern der Welt. Zweimal segelte er bereits um die Welt, und der Sieg vor Honolulu ist der vierte Streckenrekord in diesem Jahr.

Mit den US-Amerikaner Ryan Breymeier verbindet ihn eine langjährige Freundschaft. Mit ihm erzielte Herrmann 2011 als erster Deutscher einen fünften Platz beim Barcelona World Race nonstop rund um die Welt. Damals erfüllte sich für den BWL-Studenten ein Traum. „8000 Menschen haben den Mount Everest bezwungen, 500 waren im All. Aber nur 100 haben die Welt nonstop umsegelt.“ Jetzt gehört er dazu.

Einen Mann, der solche Bücher wie „Gnadenlose See“ liest, kann eigentlich nichts schrecken – wenn alles perfekt geplant ist. „Radfahren in der Stadt ist gefährlicher“, meint er. Allerdings freut er sich nun wieder auf sein Zuhause, seine Freundin und die Wohnung auf St. Pauli. Ganz bestimmt wird er bald wieder auf das Feuerschiff im City-Sportboothafen gehen und auf die Elbe schauen. Aber es dürfte nicht lange dauern, da schmiedet der Shootingstar des deutschen Segelsports schon neue Pläne. Es gibt ja noch ein paar Rekorde zu brechen.