Hamburg. Deutschland-Zentrale von Unilever in Hamburg geht bei der Marke Knorr neue Wege und reagiert damit auf Kritik.

Der Speiseplan in der Unilever-Kantine sah in den vergangenen Wochen ein wenig anders aus als sonst. Zusätzlich zu den üblichen Gerichten bekamen die Mitarbeiter der Deutschlandzentrale in der HafenCity echte Klassiker aufgetischt: Spaghetti Bolognese, Gulasch, Chili con Carne, Lasagne. Das Ganze war ein Testlauf für neue Knorr-Würzmischungen, die der britisch-niederländische Konsumgüterkonzern in diesen Tagen auf den Markt bringen wird.

Das Ungewöhnliche an der neuen Produktlinie ist nicht so sehr, was sie enthält, sondern eher, was nicht darin steckt: Kein Maltodextrin, keine Aromen, kein Hefeextrakt, das von den großen Lebensmittelherstellern sonst gerne mal als Geschmacksverstärker verwendet wird. Stattdessen stecken beispielsweise in der Bolognese-Mischung nur Zutaten wie pulverisierte Tomaten, Meersalz, Zwiebeln, Zucker, Karotten, Kartoffelstärke, Knoblauch, Olivenöl, Kräuter, Paprika und Pfeffer. Die Kunden müssen in der Küche dann noch Zutaten wie Hackfleisch oder Nudeln hinzufügen.

„Mit den neuen Produkten kommen wir dem Wunsch der Verbraucher nach natürlichen Zutaten entgegen“, sagt Unilever-Sprecher Konstantin Bark dem Abendblatt. In den Knorr-Mischungen sollten nur die Dinge enthalten sein, die Konsumenten auch bei sich zu Hause im Würzregal stehen hätten und beim Zubereiten eigener Gerichte verwenden würden.

Solche Töne überraschen, waren es nach Ansicht der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch doch gerade die Fertigmischungen von Knorr oder Maggi, die über Jahrzehnte hinweg für eine weite Verbreitung von Zusatzstoffen sorgten und die mit Aromen einen natürlichen Geschmack allenfalls vorgaukelten.

Insofern kommt der Schritt von Unilever einer Kehrtwende um 180 Grad gleich. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen soll es vor allem der seit einem Jahr amtierende Deutschlandchef Ulli Gritzuhn gewesen sein, der die Einführung der neuen Produkte gegen erheblichen internen Widerstand im Konzern durchgedrückt hat. Die Bedenken waren erheblich und drehten sich vor allem um zwei Punkte: Preis und Geschmack.

Konzerne wie Unilever setzen Aromen oder Geschmacksverstärker unter anderem deshalb ein, weil sich dadurch die Produktionskosten verringern lassen. Natürliche Zutaten sind schlicht teurer als die Ersatzstoffe. Bei Trockenmischungen kommt hinzu, dass der Geschmack, der durch das Entziehen von Feuchtigkeit verloren geht, in irgendeiner Weise ersetzt werden muss.

Laut Unternehmenssprecher Bark ist es bei den neuen Knorr-Mischungen gelungen, beide Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Bei Testverkostungen und auch in der eigenen Kantine seien die neuen Produkte ausgesprochen gut angenommen worden. Der Preis der Knorr-Mischungen werde trotz leicht höherer Kosten vermutlich konstant bleiben, wobei der Hersteller natürlich nicht für die Handelsketten sprechen könne.

Auf den Markt kommen die Produkte zunächst einmal ausschließlich in Deutschland, weil die Verbraucher hierzulande besonders viel Wert auf Lebensmittel ohne Zusatzstoffe legen. „Wenn sie sich durchsetzen, könnten auf längere Sicht alle Knorr-Produkte auf ausschließlich natürliche Zutaten umgestellt werden“, sagt Bark. Dies würde dann die Veränderung Hunderter Rezepturen bedeuten, von Fertigsuppen, über Hollandaise-Saucen Salatzutaten bis hin zu kompletten Fertigmenüs wie Asia-Nudelgerichten.

Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht in der Einführung der neuen Produkte einen Schritt in die richtige Richtung, bleibt allerdings skeptisch. „Fixgerichte von Knorr oder Maggi haben in Deutschland ein erhebliches Imageproblem, weil sie von immer mehr Konsumenten mit Zusatzstoffen in Verbindung gebracht werden“, sagt Ernährungsexperte Armin Valet. „Daher beobachten wir schon seit Längerem, dass die Unternehmen ihre Rezepturen überarbeiten.“

Verbraucherzentrale sieht Fortschritte, aber auch viel Verbesserungsbedarf

Die Veränderungen bei Knorr stellen laut Valet eine tatsächliche Verbesserung dar. Bei einem Vergleich mit den alten Produkten zeige sich, dass getarnte Geschmacksverstärker wie Würze oder Hefeextrakt ebenso weggefallen seien wie Aromen. Billiges Palmöl sei durch Olivenöl ersetzt worden. „Da fragt man sich, warum es Jahre der Proteste bedurfte, bis solche Verbesserungen umgesetzt wurden“, sagt der Experte. Wenn es Unilever mit der neuen Strategie ernst meine, dürfe sich die Umstellung nicht auf wenige Gerichte beschränken.

Selbst bei dem Einsatz von natürlichen Zutaten ist nach Valets Ansicht Vorsicht geboten, weil die Konzerne auch hier immer noch zu Tricks greifen. Bei einem bereits früher eingeführten Knorr-Ketchup habe das Unternehmen zwar auf nachhaltig angebaute Tomaten zurückgegriffen, zugleich aber auch den Zuckergehalt drastisch heraufgesetzt. Durch eine geringere Füllmenge sei es zudem zu versteckten Preiserhöhungen gekommen.