Hamburg . Mehrere Hundert Flüchtlinge kommen jeden Tag nach Hamburg. FDP wirft der Regierung Planlosigkeit bei der Unterbringung vor.

In Jenfeld protestieren die Anwohner weiter gegen eine neue Unterkunft für Flüchtlinge, auch Rechte sollen sich unter die Demonstranten gemischt haben. Vertreter der Linken hielten mit einer Kundgebung für die Unterbringung dagegen. Der Streit um die Zeltstadt für 800 Menschen, die am Freitag am Jenfelder Moorpark aufgebaut wurde, ohne dass die Nachbarn vorher informiert worden waren, steht zur Zeit im Mittelpunkt der Debatte um die Flüchtlingsunterbringung in der Hansestadt. Aber auch an anderen Standorten, etwa an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg, ist die Stimmung angespannt.

Die FDP hat dem Hamburger Senat am Wochenende Überforderung und Planlosigkeit in der Flüchtlingsfrage vorgeworfen. Seit einigen Monaten steige die Anzahl der nach Hamburg kommenden Flüchtlinge sprunghaft, erklärte die sozial- und integrationspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Jennyfer Dutschke. Es fehle aber ein nachhaltiges Unterbringungskonzept. „Rot-Grün agiert derart planlos, dass von heute auf Morgen Zeltdörfer in Parks aus dem Boden gestampft werden müssen, ohne ein Mindestmaß an Transparenz und Bürgerbeteiligung.“ Auch die Abstimmung zwischen Senat und Bezirken funktioniere nicht. „Das alles schürt Misstrauen und Konflikte und setzt Willkommenskultur und Aufnahmebereitschaft in Hamburg aufs Spiel“, so die FDP-Abgeordnete.

Sozialbehörde macht inzwischen eigene Prognosen

Nach Angaben von Innenstaatsrat Bernd Krösser kommen derzeit jeden Tag zwischen 200 bis 300 Flüchtlinge nach Hamburg. Bei den Zahlen verlässt sich die Stadt inzwischen nicht mehr allein auf die Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). „Da das BAMF seine Prognose (...) 2014 insgesamt viermal erhöht hat, sind wir in Hamburg dazu übergegangen, die Kapazitätsbedarfsplanung auf Räder zu stellen“, erklärte der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer. Grundlage sei der Mittelwert der tatsächlichen Zugangszahlen der jeweils letzten sechs Monate. Darauf basiere die Hamburger Planung für die kommenden Monate.

SPD will Arbeitsmöglichkeiten beschleunigen

Das Thema Flüchtlinge beschäftigte am Freitag und Samstag auch die SPD-Fraktion auf einer Klausurtagung in Boltenhagen (Mecklenburg). SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sprach sich dafür aus, Flüchtlinge noch schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die sogenannte Vorrangprüfung, bei der geschaut wird, ob es einen anderen Bewerber aus Deutschland oder der EU für einen Job gibt, sei ein großes Hindernis dabei. „Deshalb ist es dringend an der Zeit, dass diese unsägliche Vorrangprüfung endlich gestrichen wird, die den Flüchtlingen viel zu lange den Weg in Arbeit versperrt“, erklärte Dressel.

Rückführungsabteilung bekommt mehr Personal

Zugleich will Innensenator Michael Neumann (SPD) die Rückführungsabteilung in der Ausländerbehörde von 10 auf 30 Mitarbeiter verstärken. Partei und Fraktion unterstützen dieses Vorhaben, obwohl Hamburg „kein Vollzugsdefizit“ bei Abschiebungen habe, hieß es. Die Zahl der Rückführungen sei von 724 in 2013 auf 1304 im vergangenen Jahr gestiegen. (dpa)