Hamburg. Die rot-grüne Regierung will Transporte von Lastwagen auf umweltfreundliche Schuten verlagern. Doch den Terminals ist das zu teuer.
Im Hafen zeichnet sich neben dem Olympia-Streit ein neuer Konflikt zwischen der Wirtschaft und der Hamburger Regierung ab. SPD und Grüne haben im Koalitionsvertrag einen Luftreinhalteplan festgeschrieben. Aber zumindest eine Maßnahme des Plans stößt bei den großen Containerterminals aber auf Widerstand.
Die Rede ist von Änderungen bei den täglichen Containerumfuhren im Hafen. Diese geschehen zum größten Teil per Lastwagen, was insbesondere den Grünen aufstößt. So haben die Koalitionäre jetzt vereinbart, dass Containerfahrten im Hafengebiet künftig mehr über Wassertaxis erfolgen soll. Das vermindert ihrer Ansicht nach die Autoabgase und die Staus auf den Straßen. Immerhin geht es nicht nur um zwei oder drei Fahrten am Tag.
Von den 9,8 Millionen Containern, die im vergangenen Jahr im Hafen über die Kaikante gingen, wurden 3,3 Millionen mit dem Lastwagen weitertransportiert. Nicht alle verließen sofort die Stadt. Viele wurden innerhalb des Hafens hin und her gefahren, sei es zum Umpacken zu einem anderen Terminal, zu einem Lager oder zum Leerdepot. Rund 350.000 Container werden auf diese Weise jedes Jahr im Hafen umherkutschiert und tragen so zur Verstopfung auf den Straßen rund um den Hafen bei.
Auf dem Wasser ist aber noch Platz, also wäre eine Verlagerung dieser Umfuhren volkswirtschaftlich sinnvoll. Dass dieser Wandel bisher nicht stattgefunden hat, liegt an den Betreibern der großen Containerterminals HHLA und Eurogate. Sie haben eine Verlagerung der Containerumfuhren aufs Wasser verhindert – aus Kostengründen.
Zwar geben sich beide als besonders umweltfreundliche Unternehmen, denen die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes besonders am Herzen liegt. Manche Entscheidung ist dabei aber schwer verständlich: Dem Abendblatt liegt eine Dienstanweisung aus dem Jahr 2013 der HHLA-Führung an die einzelnen Terminals vor, laut der Containerumfuhren in Absprache mit Eurogate per Lkw erfolgen sollen. Schon vor zwei Jahren hat die HHLA also vorgegeben, dass Binnenschifftransporte nur in absoluten Ausnahmefällen stattfinden sollen.
Eine Arbeitsanweisung am Burchardkai, die dem Abendblatt ebenfalls vorliegt, erklärt auch warum: Schiffstransporte sind den Terminals zu teuer. Einen Container mit einem kleinen Kran oder einem Van-Carrier auf einen Lkw zu laden, kostet weniger Strom und Mühe, als eine der riesigen Containerbrücken in Bewegung zu setzen, um ein Wassertaxi zu beladen. Der Preis für eine Umfuhr per Schute für straßenfähige Container decke nicht die internen Verrechnungssätze des Terminals Burchardkai für die Bewegung der Containerbrücken, heißt es in dem Schreiben. Daher würden hier Verluste eingefahren: „Um hier kostendeckend und gewinnbringend zu arbeiten, wird eine Verlagerung der Umfuhrmengen auf die Straße angestrebt.“
Entstanden ist die Dienstanweisung damals, als es einem auf Lkw-Umfuhren spezialisierten Tochterunternehmen der HHLA wirtschaftlich nicht besonders gut ging und der Betrieb dadurch gestützt werden sollte. Im Prinzip hat sich am Kern dieser Anweisung aber nichts geändert, sagen die bei Hafenumfuhren auf dem Wasserweg führenden Unternehmen Carl Robert Eckelmann und Walter Lauk. Dass sie für ihre Wassertaxis überhaupt noch Ladung bekommen, liegt daran, dass die Straßenkapazitäten im Hafen jetzt schon erschöpft sind und die Schutentransporte vor allem Spitzen abdecken.
Die HHLA weist den Vorwurf der Blockadehaltung zurück. „Wir verschließen uns selbstverständlich überhaupt nicht den Hafenumfuhren per Binnenschiff. Wir führen die Aufträge unserer Kunden entsprechend deren Wünschen aus. Eine umfassende Lösung für den gesamten Hafen und allen Beteiligten sollte jedoch aus unserer Sicht in jedem Sinne nachhaltig sein. Dafür ist es erforderlich, zunächst die Bedarfe zu quantifizieren. Wir haben daher sehr darauf gedrungen, als ersten Schritt die tatsächliche Zahl der Umfuhren mit Voll- und Leercontainern auf der Straße zu ermitteln. Diese Erhebung soll jetzt umgesetzt werden“, sagt Heinrich Goller, Geschäftsführer der HHLA-Container-Terminals.
Das sei im Prinzip richtig, sagt Sebastian Poser, Prokurist des Schuten-Unternehmens Walter Lauk. Entsprechende Gespräche habe es in der Wirtschaftsbehörde gegeben. „Das ändert aber nichts daran, dass eine weitere Öffnung der Hafenumfuhren auf dem Wasser immer an der Kostenfrage gescheitert ist“, so Poser. Dabei würden die Hafenumfuhren per Schute nicht nur Straßen und Umwelt entlasten, sondern auch logistische Abläufe erleichtern. Anstatt 180 einzelne Lieferscheine für jeden Lkw, der einen Container abholt, bräuchte man nur noch einen für das Wassertaxi, das bis zu 180 Standardcontainer tragen kann. „Deshalb haben sich viele Reedereien, die Hamburg anlaufen, für mehr Wassertransporte ausgesprochen“, so Poser.
Helmuth Lüneburg, Geschäftsführer bei Walter Lauk wünscht sich, Hamburg würde ein System einführen, das in Rotterdam bereits erfolgreich läuft: „Dort hat die Politik den Terminalbetreibern vorgeschrieben, dass 30 Prozent der Umfuhren im Hafen auf dem Wasserwerg erfolgen müssen.“
Grüne wollen Gespräche mit Terminalbetreibern führen
Tatsächlich sei der Anteil in Rotterdam inzwischen höher, meint John Hinneberg, Geschäftsführer der Carl Robert Eckelmann Transport und Logistik GmbH. „Ich sage deshalb, dass sich das System erst einmal etablieren muss, dann läuft es auch.“ Die Kostenunterschiede zwischen einem Weitertransport per Schiff oder Lkw seien tatsächlich beträchtlich, erklärt der Professor für Nautik und Seeverkehr, Ulrich Malchow. Deshalb habe er selbst vor zehn Jahren ein System entwickelt, dass die kostenintensive Nutzung der großen Containerbrücken zur Beladung der Schuten überflüssig macht: ein Wassertaxi mit eigenem Kran, die sogenannte Port Feeder Barge. „Aber auch die wird von der HHLA nicht gewünscht“, sagt Malchow. Sie sei infolge dessen bis heute nicht gebaut worden.
Der Fraktionschef der Grünen, Anjes Tjarks, lässt jedoch nicht locker: „Uns ist die Entlastung der Infrastruktur und die Verbesserung der Luftqualität wichtig. Deshalb halten wir am Koalitionsvertrag fest und werden Gespräche mit den Terminals führen.“