Hamburg. Die Hafenwirtschaft verlangt bis Mitte September rechtsverbindliche Zusagen. Andernfalls will sie nicht weiter verhandeln.
Der Streit um die Olympiapläne im Hamburger Hafen zwischen Stadt und Wirtschaft droht zu eskalieren. Nach Informationen des Abendblatts hat die Hafenwirtschaft dem Senat ein Ultimatum gestellt. In einem Schreiben des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH) knüpfen die Firmen ihr Ja zu Olympia an neun Bedingungen. Gebe es dafür nicht bis zum 15. September 2015 rechtsverbindliche Zusicherungen seitens der Stadt, sollen keine Verhandlungen mehr über die Nutzung weiterer Hafenflächen für die Olympischen Sommerspiele 2024 in der Stadt geführt werden. Bei den Forderungen geht es unter anderem um den Beginn möglicher Baumaßnahmen für Olympia und die Begrenzung von Wohnprojekten im Hafengebiet.
Das Ultimatum wurde auf einer Sondersitzung des Hafenrats beschlossen, dem Parlament des Unternehmensverbands. Dieses Treffen war notwendig geworden, weil die neuen Masterpläne der Olympiaplaner nach Meinung der Unternehmen den Zusagen zur Nutzung des Kleinen Grasbrooks entgegenstehen. Wie das Abendblatt berichtete, sehen die neuen Pläne für das Olympiagelände die Nutzung von Hafenflächen über den Kleinen Grasbrook und das Überseezentrum hinaus vor. Zudem soll die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt auch die Möglichkeit ins Auge fassen, die Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook voranzutreiben, selbst wenn Hamburg den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele nicht erhalten sollte. Beides sei so nicht mit den Unternehmen verabredet gewesen, behauptet die Hafenwirtschaft.
Dem Hafenrat gehören die Spitzenmanager der 26 größten und bedeutendsten Unternehmen an. Dazu zählt auch die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die von den Olympiaplänen am stärksten betroffen wäre, weil ihre Betriebsteile am Kleinen Grasbrook weichen müssten. Zwar hat die HHLA frühzeitig eine Vereinbarung mit der Stadt über eine mögliche Entschädigung getroffen. Dem Vernehmen nach soll HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters inzwischen aber selbst Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Lösung formuliert haben.
Die neun aufgestellten Forderungen des UVHH, die der Senat den Firmen rechtsverbindlich zusichern soll, haben es in sich: Ein zentraler Punkt ist die Zusicherung, dass eine Umsetzung der Olympiapläne im Hafengebiet nur für den Fall erfolgt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) tatsächlich eine verbindliche Entscheidung für Hamburg trifft. Start der Umsetzung darf laut UVHH zudem erst nach der IOC-Entscheidung sein.
Somit dürfte der Senat etwaige Betriebsverlagerungen nicht vor 2017 in Angriff nehmen. Da in diesem Fall die Zeit bis zur Eröffnung der Olympischen Spiele 2024 zu knapp sein könnte, macht die Hafenwirtschaft eine Einschränkung: Sollten Verlagerungen vor der Entscheidung des IOC notwendig sein, und sollte das IOC sich letztlich gegen Hamburg entscheiden, müssten die bis dahin geräumten Flächen wieder der Hafenwirtschaft zufallen.
Eine weitere Forderung: Die Nachnutzung der Flächen soll nur für den O’Swaldkai und das Überseezentrum gelten – wobei eine Wohnbebauung auf der westlichen Kaifläche nicht erfolgen soll, damit die benachbarten Hafenbetriebe keine Beeinträchtigung befürchten müssen.
Die Hafenwirtschaft soll zudem frühzeitig in die Planung der Verkehrsinfrastruktur einbezogen werden. Und die Planungsbehörden sollen zusichern, dass die Versorgung der Baustellen – soweit technisch machbar – auf dem Wasserweg stattfindet. Schließlich soll auch der Besuchertransport der Olympischen Spiele sowie der anschließenden Paralympics vorrangig über Wasserwege erfolgen, heißt es in dem Schreiben.
Der Brief endet mit einer klaren Fristsetzung: „Die Erfüllung dieser Rahmenbedingungen bis 15.09.2015 durch die Freie und Hansestadt Hamburg ist für die Hafenwirtschaft Voraussetzung dafür, dass Verhandlungen über mögliche und allenfalls nur temporäre Nutzungen von weiteren Hafenflächen (zum Beispiel im Bereich Schuppen 50/52) ausschließlich für den Zeitraum der Olympischen Spiele stattfinden.“
Der Hafenumschlag soll sich laut Prognose bis 2030 verdoppeln
Der UVHH begründet seine strikte Haltung mit der Notwendigkeit, auf die Nutzung aller vorhandenen Hafenflächen angewiesen zu sein. Die aktuelle Seeverkehrsprognose des Bundes bescheinige dem Hamburger Hafen bis 2030 nahezu eine Verdoppelung des Umschlags. Um dem Hafen Entwicklungsoptionen offen zu halten, müssten deshalb zumindest Flächen, die dem Hafen entzogen werden, an anderer Stelle qualitativ gleichwertig ersetzt werden. Im Ergebnis müsse die Stadt für die Herauslösung des Kleinen Grasbrooks aus dem Hafen etwa 100 Hektar Ersatzflächen finden.
Die Wirtschaftsbehörde bestätigte dem Abendblatt den Eingang des Schreibens. Sie dringt selbst innerhalb des Senats darauf, sich mit den Hafenunternehmen zu einigen: „Wir streben an, dass Olympia von der Wirtschaft mitgetragen wird und befinden uns mit den Interessenverbänden in enger Abstimmung“, sagte Behördensprecherin Susanne Meinecke. „Dem Senat ist bewusst, dass das Thema Olympia nur gemeinsam zum Erfolg geführt werden kann.“ Meinecke betonte noch einmal, dass sich die Behörde an ihre Zusagen an die Wirtschaft halte: „Es gibt ohne Olympia keine Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook.“