Hamburg. Unternehmensverband wirft Senat Verstoß gegen ursprüngliche Zusagen vor. Lautstarke Krisensitzung bringt keine Einigung.
Hamburgs Hafenwirtschaft begehrt gegen die Olympia-Pläne des Senats auf. Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) wirft der rot-grünen Regierung vor, sich an ursprüngliche Zusagen an die Hafenwirtschaft im Rahmen der Bewerbung für die Olympischen Spiele nicht mehr zu halten.
In einem Schreiben des Verbandes an den zuständigen Sportsenator Michael Neumann (SPD) sowie an Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) heißt es, entgegen der ursprünglichen Zusagen würden die aktualisierten Olympia-Pläne mehr Hafenflächen in Anspruch nehmen. Die Haupthafenroute würde von erheblichen Verkehrseinschränkungen betroffen sein.
Einschränkungen bei der Zollabfertigung befürchtet
Zudem würden Zufahrten zu den Lagerei- und Packbetrieben an der Afrikastraße und Indiastraße eingeschränkt werden. Der Grund: Die Straße Am Windhukkai soll den Zugang zu dem am Lübecker Kai und am Schuppen 50-52 geplanten Presseeinrichtungen der Olympia-Berichterstatter bilden. Außerdem wäre auch die Zufahrt zum Zollamt Windhukkai eingeschränkt mit der Folge, dass es dann im östlichen Hafen gar kein Zollamt mehr gäbe und sämtliche Abfertigungen im Zollamt Waltershof erfolgen müssten, was zu einem erheblichen Anstieg der Ost-West-Verkehre über die Köhlbrandbrücke führen würde.
Weiterhin beklagt der Hafenverband, der Senat habe ursprünglich erklärt, dass die Nutzung des Kleinen Grasbrooks nur erfolge, wenn Hamburg den Olympia-Zuschlag bekomme. Unterdessen hat der Oberbaudirektor der Stadt, Jörn Walter, bei der Vorstellung der Pläne am 2. Juni aber gesagt, dass die Stadt eine Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook auch dann realisieren werde, wenn Hamburg nicht für die Spiele ausgewählt werde.
Eine kurzfristig angesetzte Krisensitzung am Dienstagabend, bei der neben Senats- und Hafenvertretern der Olympia-Projektmanager der Stadt, die Handelskammer, der Industrieverband sowie die Geschäftsleitung der Hamburg Port Authority anwesend waren, brachte keine Einigung. Im Gegenteil: In einem Vermerk des Hauptgeschäftsführers des UVHH, Norman Zurke, heißt es: „In dem sehr kontroversen Gespräch wurde deutlich, dass für die Stadt die seinerzeit gegenüber der Hafenwirtschaft gemachten Zusagen offenbar nicht bindend sind.“ Die Hafenwirtschaft sei vom Senat aufgefordert worden, nicht auf starre Grenzen bei den Olympia-Planungen zu beharren, sondern bezüglich der Planungen flexibel zu sein, heißt es in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Auf die Frage, ob die Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook auch erfolgt, wenn Hamburg nicht den Zuschlag für Olympia erhalten sollte, habe es keine klare Aussage gegeben.
Massiv verärgert ist die Hafenwirtschaft auch darüber, dass sie indirekt den Städtebau finanzieren soll: So hat die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in einer Drucksache gefordert, dass die olympiabedingten Verlagerungskosten der Firmen vom Kleinen Grasbrook von der HPA zu tragen sind, während die Erlöse aus dem Verkauf der Grundstücke auf dem Kleinen Grasbrook dem Städtebau zugute kommen sollen. Von den Verlagerungen würde vor allem die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) betroffen sein, die mehrheitlich der Stadt gehört.
In dem knapp dreistündigen Gespräch, bei dem sich die Parteien zeitweise angeschrien haben sollen, wie Teilnehmer anschließend berichteten, wurde abschließend vereinbart, eine feste Arbeitsgruppe in der Wirtschaftsbehörde zu installieren, bei der alle im Laufe der Olympia-Planung auftauchenden Fragen mit der Hafenwirtschaft besprochen werden sollen.
Der UVHH-Präsident und Generalbevollmächtigte von Eurogate, Gunther Bonz, wollte sich zu dem Ausgang des Krisentreffens nicht äußern: „Ich werde zunächst eine Sondersitzung des Hafenrats einberufen. Diese wird voraussichtlich in der kommenden Woche stattfinden.“ Der Hafenrat ist das Parlament der Unternehmen im Hafen, in dem alle bedeutenden maritimen Firmenmanager zusammenkommen.
Sportstaatsrat betont gutes Verhältnis des Senats zur Hafenwirtschaft
Die Vertreter des Senats setzten hingegen nach dem Treffen auf Deeskalation. Die Wirtschaftsbehörde betonte, sie stehe zu ihren einstigen Zusagen. „Gestern ist eine regelmäßige Gesprächsreihe verabredet worden unter der Leitung von Staatsrat Rolf Bösinger. Dort sollen Kritikpunkte ausgeräumt sowie Anregungen und Wünsche diskutiert werden“, sagte Behördensprecherin Susanne Meinecke.
Der für Olympia zuständige Sportstaatsrat der Hansestadt, Christoph Holstein, ergänzte am Mittwoch: „Es gibt ein gutes Verhältnis zwischen Stadt und Hafen. Und es gibt laufend Gespräche, auch über die Frage von Verlagerungen im Falle eines Erfolgs 2017.“ Man setze sich dabei nicht unter Druck. „Es gibt keine Deadline für diese Gespräche“, so Holstein.