Hamburg. Das schätzt Gewerkschaft Ver.di nach 22 Tagen Ausstand. Sendungen stapeln sich in Hallen. Bei Kunden wächst der Ärger.
Dreieinhalb Wochen nach Beginn des Streiks bei der Deutschen Post wachsen in den Verteilzentren die Berge der nicht zugestellten Briefe und Pakete. Nach Schätzungen der Gewerkschaft Ver.di sind seit Streikbeginn am 8. Juni allein in Hamburg mehrere Millionen Briefe und mehrere Hunderttausend Pakete liegengeblieben. „Möglicherweise liegt die Zahl der nicht zugestellten Pakete ebenfalls bereits im siebenstelligen Bereich“, sagte Gewerkschaftssekretär Thomas Ebeling dem Abendblatt.
In Hamburg werden nach Angaben der Gewerkschaft für gewöhnlich pro Woche etwa 20 Millionen Briefe und 600.000 Pakete zugestellt. „80 Prozent aller Sendungen kommen weiterhin innerhalb der üblichen Frist beim Empfänger an“, sagt Postsprecher Jens-Uwe Hogardt. Wegen der langen Dauer des Streiks seien jedoch „Rückstände nicht ganz zu vermeiden“. Laut Ver.di lagert die Post liegengebliebene Pakete in zuvor nicht mehr genutzten Hallen, etwa am Standort in der Kaltenkirchener Straße in Altona sowie in einer ehemaligen Zustellbasis in Norderstedt.
Mit jedem Streiktag wächst derweil der Unmut von Postkunden. Viele von ihnen haben ihren Briefzusteller schon seit drei Wochen nicht mehr gesehen oder warten vergeblich auf die Auslieferung eines vom Versender längst auf den Weg gebrachten Pakets. „Seit dem 10. Juni ist kein Blatt Papier und kein Paket mehr auf dem Postweg bei uns angekommen“, klagt etwa Thomas Maul aus Ohlstedt. Der Immobilienverwalter wartet vergeblich auf Mietverträge und Bankbelege – und auf Unterlagen für eine private Reise: „Der Schaden für die Firma ist schon da.“
Auch der Unternehmensverband Unterelbe-Westküste in Schleswig-Holstein beklagt nach einer Umfrage bei Mitgliedsfirmen „massive Einschränkungen im Tagesgeschäft“. Geschäftsführer Ken Blöcker erklärt: „Unsere Unternehmen sind verärgert, dass die Deutsche Post nach wie vor kommuniziert, dass 80 Prozent der Post zugestellt werde.“
Die Post räumt ein, dass die Zustellquote während des Streiks von Region zu Region sehr unterschiedlich sein kann. Nach Angaben von Gewerkschafter Ebeling waren am Dienstag 1800 der 5600 Postbeschäftigten in Hamburg im Ausstand. Für Freitag bereitet die Gewerkschaft eine Kundgebung mit 3500 Streikenden vor.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Für Freitag und Sonnabend ist eine neue Verhandlungsrunde zwischen Post und Ver.di geplant. Doch selbst wenn es dabei eine Einigung über die strittige Auslagerung von Paketdienst-Beschäftigten in neue Regionalgesellschaften geben sollte, werden Postkunden auch nach einem Streikende noch etwas länger auf Briefe und Pakete warten müssen. Post-Sprecher Hogardt sagt: „Es wird einige Tage dauern, bis die Depots geleert sind.“