Hamburg. Frank Horch geht auf betroffene Hafenfirmen zu, fordert Einlenken Bayerns in der Energiepolitik und will genaue Prüfung von TTIP.

Am heutigen Mittwoch treffen sich die Wirtschaftsminister aller Bundesländer in Hamburg. Den Vorsitz hat Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), der eigentlich gerade andere Probleme hat. So hat sich die Hafenwirtschaft massiv über die Olympia-Pläne des Senats beschwert. Im Gespräch mit dem Abendblatt erklärt Horch, wie er die aufgebrachten Unternehmer befriedigen will, was er bei der Ministerkonferenz vor hat und was die Schwerpunkte seiner zweiten Amtszeit als Senator sind.

Hamburger Abendblatt: Im Hafen gibt es großen Unmut über die Olympia-Planung. Die Unternehmen werfen dem Senat vor, seine Zusagen an die Wirtschaft nicht einzuhalten. Stimmt das?

Frank Horch: Um es klar zu sagen: Wir halten unsere Zusagen ein. Wir müssen aber auch überlegen, wovon wir hier reden. Das Olympia-Projekt ist keine Herkulesaufgabe, das ist eine Monsteraufgabe. Dass da nicht alle Vorstellungen auf Anhieb deckungsgleich sind, ist logisch. Ich bin sicher, es wird bis zum Entzünden des Olympischen Feuers noch tausend Mal zu irgendwelchen Konflikten kommen, die im Gespräch gelöst werden müssen. Wir haben dafür einen regelmäßigen Jour fixe eingerichtet, in dem Vertreter der Planer und der Wirtschaft sich austauschen können. Die Federführung liegt bei Staatsrat Rolf Bösinger.

Eine große Aufgabe

Horch: Ja. Für mich ist es die größte Herausforderung, dass am Ende alle Beteiligten auf einem Kurs sind und die Idee von Olympia mittragen. Es geht ja nicht nur um die Hafenwirtschaft, es geht auch um den Verkehr, für den ich auch Verantwortung trage. Mir war von Anfang an klar, dass nach der anfänglichen Olympia-Euphorie viel grauer Planungsalltag auf uns wartet.

Die Hafenwirtschaft wirft Ihnen vor allem vor, dass die Wohnbebauung auf dem Kleinen Grasbrook kommen soll, selbst wenn die Olympia-Bewerbung am Ende doch scheitert.

Horch: Wir halten unsere Zusagen ein. Es wird keine Wohnbebauung auf dem Grasbrook ohne Olympia geben.

Haben Sie es schon bereut, die zweite Amtszeit angetreten zu haben?

Horch: Nicht eine Sekunde. Ich habe in meinem Leben vieles erreicht. Ich muss mir keine Gedanken mehr um meine Existenz oder meine Karriere machen und kann befreit arbeiten. Bei jeder Aufgabe, die ich übernehme, geht es nur noch um die Sache selbst. Wenn ich morgens aufwache und feststelle: ,Heute kein Heuschnupfen’, dann weiß ich, es wird ein guter Tag.

Was haben Sie sich denn außer Olympia für Ihre zweite Amtszeit vorgenommen?

Horch: Wir müssen die Elbvertiefung unter Dach und Fach bringen. Und dann setze ich einen Schwerpunkt mit einer Digitalisierungsoffensive.

Worin besteht die?

Horch: Das sind verschiedene Projekte. Wir wollen das kürzlich im Hafen getestete Projekt der intelligenten Ampel ausweiten und bemühen uns derzeit darum, die Welt-Verkehrskonferenz 2019 nach Hamburg zu holen. Wir wollen den Breitbandausbau und Industrie 4.0 vorantreiben. Und wir setzen weiter auf den Ausbau von Innovationsparks als Brutstätten für neue industrielle Methoden und Produkte.

Da ist Hamburg spät dran. Andere Städte sind weiter.

Horch: In der Tat, wenn man nach München, Aachen oder Düsseldorf schaut. Wir haben ganz klar Nachholbedarf auf diesem Gebiet. Aber es tut sich jetzt auch eine Menge: Das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung, das Fraunhofer Center für Maritime Logistik und der Innovationspark bei Desy sind nur einige Beispiele. Mit der neuen Investitions- und Förderbank, deren Beirat ich vorstehe, haben wir ein gutes Instrument, um vielversprechende Start-up-Projekte zu fördern.

Noch mal zurück zur Elbvertiefung. Anfang Juli wird endlich der Europäische Gerichtshof zu seinem Urteil kommen. Glauben Sie, dass es 2015 noch etwas mit der endgültigen Entscheidung wird?

Horch: Von den an uns gestellten rechtlichen Anforderungen könnte es 2015 noch möglich sein. Wenn es in diesem Jahr nichts mehr wird, lag es nicht an uns. Aber auf die Gerichte haben wir natürlich keinen Einfluss.

Der Eurogate-Chef Emanuel Schiffer hat unlängst gesagt, dass die Elbvertiefung kaum helfen wird, weil der Hamburger Hafen für die wachsende Zahl der Mega-Containerschiffe schlecht erreichbar sein wird. Und laut einer Umfrage der HSH Nordbank ist eine Mehrheit der Wirtschaft für eine Hafenkooperation mit Wilhelmshaven. Was sagen Sie dazu?

Horch: Wir haben etliche Hafenkooperationen. Nicht nur entlang der Unterelbe, sondern weltweit. Das, was einigen mit einer Arbeitsteilung zwischen Hamburg und Wilhelmshaven vorschwebt, funktioniert so nicht. Kein Politiker, kein Hafenchef kann bestimmen, wohin die Seegüter gehen. Die Ware sucht sich ihren Weg selbst. Und zu Herrn Schiffer sage ich: Wilhelmshaven ist ein Hafen fürs Transshipment, also bei den Seegütern, die in Europa weiter verteilt werden. Wilhelmshaven hat aber keine riesige Industrieregion wie Hamburg, die schon einen Großteil an Fracht bindet. Außerdem punktet Hamburg mit exzellenten Hinterlandanbindungen, speziell auf der Schiene.

Heute startet unter dem Hamburger Vorsitz die Wirtschaftsministerkonferenz. Ein Thema wird das geplante Freihandelsabkommenmit den USA. Dagegen gibt es viele Vorbehalte in der Bevölkerung. Können Sie das verstehen?

Horch: Grundsätzlich sei eines vorausgeschickt: Wir leben seit Jahrhunderten von Handelsabkommen. Handel hat Hamburg und Deutschland zu seiner Bedeutung verholfen. Deshalb ist TTIP nicht per se abzulehnen. Wenn aber der Chef von Hamburg Wasser befürchtet, dass die Qualität des Trinkwassers unter der Liberalisierung leiden könnte, dann nehmen wir die Sorgen ernst und sprechen darüber. Wenn der Präsident der Universität davor warnt, dass eine Herabsetzung der Standards bei Forschung und Lehre passieren könnten, dann will ich das selbstverständlich auch nicht. Deshalb plädiere ich dafür, lieber noch einmal ein halbes Jahr länger zu verhandeln, um Nachteile auszumerzen, als TTIP jetzt durchzudrücken.

Ein weiteres Thema ist die Energiepolitik. Was werden Sie der bayrischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sagen, die sich beim Netzausbau querlegt?

Horch: Die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Netzausbauprojekte müssen zügig erfolgen, damit der zunehmend dezentral erzeugte Strom bundesweit bedarfsgerecht verteilt werden kann. Es kann nicht angehen, dass Bayern nun ausschert und sagt, in den Nachbarländern sollen die Leitungen ausgebaut werden, aber nicht bei uns. Wir müssen mit Bayern besprechen, dass nicht jedes Land seine eigene Energiewende machen kann. Das gelingt in Deutschland nur gemeinsam.

Was wollen Sie auf der Tagung noch besprechen?

Horch: Breitbandausbau, Industrie 4.0 stehen gleichfalls auf der Tagesordnung. Wir wollen außerdem einen Beschluss aller Wirtschaftsminister hinbekommen, in dem die Länder ihre Unterstützung zur Kandidatur Hamburgs und Kiels für Olympische Spiele ausdrücken und den Wert der Bewerbung für das ganze Land anerkennen.