Hamburg. Lufthansa Industry Solutions stellt bei Hafenkonferenz Software für Terminalbetreiber vor. Sie profitiert von Erfahrung an Flughäfen.
Da hat sich wohl jemand verirrt. Etliche Hafenfirmen, Forschungsinstitute und Betriebe der maritimen Industrie zeigen bei derWelthafenkonferenz im CCHan Messeständen ihre Neuheiten. Die Konferenz ist der größte internationale Branchentreff, da will man positiv auffallen. Und mittendrin – die Überraschung: Halle D, Stand 23 – Lufthansa Industry Solutions steht auf dem Messestand. Was will bloß eine Fluglinie bei einer Welt-Hafenkonferenz?
„Wir haben uns nicht verirrt, sondern sind aus guten Gründen hier“, sagt Bernd Appel, Geschäftsführer der Lufthansa Industry Solutions mit Sitz in Norderstedt. „Wir sind ein guter Partner der maritimen Wirtschaft.“ Sein Unternehmen biete Beratung und Software-Produkte an, mit denen sich logistische Prozesse in der maritimen Wirtschaft intelligent steuern lassen, etwa wenn es darum geht, den Umschlag von Gütern zu beschleunigen.
Lufthansa Industry Solutions ist zwar ein Tochterunternehmen der Kranich-Airline, aber eigentlich ein IT-Dienstleister, der erst seit April eigenständig ist. Der Betrieb gehörte früher zu Lufthansa Systems. Diese wurde vom Mutterkonzern erst kürzlich größtenteils an IBM verkauft. Die Tochter Lufthansa Industrie-Lösungen, wie der Name auf Deutsch heißt, aber hat der Luftfahrtkonzern behalten. Aus gutem Grund. Das Tochterunternehmen hat Zukunft, vor allem als Software-Lieferant und Berater für die maritime Industrie.
Ursprünglich wurde die Tochterfirma für die Entwicklung und den Betrieb der IT-Systeme des Lufthansa-Frachtgeschäfts (Lufthansa Cargo) gegründet. Heute gehören unter anderem die internationale Spedition Panalpina, die Hamburg Port Authority und die Reederei Hamburg Süd zu ihren Kunden. Die Traditionsreederei erledigt einen Großteil ihres Auftrags- und Flottenmanagements sowie die Preisfindung mit Programmen der Lufthansa Industry Solutions.
Erfahrung von Flughäfen wird auf Häfen übertragen
Pünktlich zur Welthafenkonferenz kommen deren Entwickler mit einem neuen Produkt auf den Markt: Einem System, dass die Planung für die Belegung von Schiffsanlegern deutlich vereinfacht. „Wir haben Programme entwickelt, mit denen sich die Betriebsabläufe an Flughäfen effizienter gestalten lassen. Warum soll so etwas nicht auch bei Schiffen gehen?“, fragt Appel.
Das neue Programm sei die Antwort darauf. Solange der Hafenumschlag einer Routine folge, sei alles gut. „Kommt es aber zu Unregelmäßigkeiten wie Schiffsverspätungen, muss eine ganze Kette von Maßnahmen geändert werden, von der Information des Fuhrunternehmens, dass der Lkw erst später kommen muss, bis zur Änderung der Personalplanung an der Kaikante.“
Zudem müsse die Vergabe der Schiffsanleger neu geplant werden, sagt Appel. Damit nicht ein verspätet eintreffendes Schiff an derselben Anlage festmachen will, an der ein anderes, das pünktlich ist, bereits liegt.
Wer so etwas programmieren kann, ist nicht nur Aussteller, sondern Sponsor der IAPH. „Die Welthafenkonferenz ist für uns eine große Chance, uns vor allem international noch bekannter zu machen. Nirgendwo sonst hat man die ganze Hafenbranche so geballt zusammen“, sagt Appel. Und auch für Hamburg sei die Konferenz eine gute Gelegenheit, den Hafen jenseits des eigentlichen Umschlags größer und Erlebbarer zu machen.
Lufthansa Industry Solutions macht einen Umsatz von rund 210 Millionen Euro. Der Betrieb beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter, vorwiegend Ingenieure und Wirtschaftsinformatiker. 600 davon sitzen in Norderstedt und Hamburg. Außer an Software-Lösungen für die maritime Wirtschaft arbeitet das Unternehmen auch an Aufträgen aus der Automobilindustrie, der Energiewirtschaft, der Medizin und dem Verlagswesen.
Dubai: Containerkräne bewegen 80 Boxen pro Stunde
Wie intensiv die Häfen weltweit nach neuen technischen Lösungen suchen, um den Umschlag und Weitertransport der Güter zu beschleunigen, zeigte sich bei der Hafenkonferenz am Mittwoch in zahlreichen Diskussionen. Der Geschäftsführer der Hamburg Port Authority und Gastgeber der Konferenz, Jens Meier, stellte sein Programm zur Schaffung einer intelligenten Hafeninfrastruktur vor, bei der am Ende alle Verkehrsträger, vom Schiff über die Kräne bis hin zum Lkw so miteinander vernetzt sind, dass der Warenfluss erhöht werden kann.
Viel Aufmerksamkeit bekam der voll automatisierte Hafen von Dubai, den der Direktor des Hafenbetreibers DP World, Patrick Bol, vorstellte. Wenn auch Mega-Containerschiffe während einer Liegezeit abgefertigt werden sollen, wie sie heute für weitaus kleinere Schiffe üblich ist, müssten die Umschlagsarbeiten beschleunigt werden. Bei durchschnittlich 6000 bis 8000 Stahlboxen in einem Hafen, müsste alle 55 Sekunden ein Container über die Kaikante gehen. Davon seien die meisten Häfen aber weit entfernt, sagte Bol.
Vielfach schaffen die Kräne nicht mehr als 38 Containerbewegungen in einer Stunde. Dubai habe das Ziel, auf 80 Bewegungen in der Stunde kommen. Der Transport-Chef des Hafens von Fremantle in Australien, Michael Pal, zeigte hingegen Lösungen, mit denen die Durchgangszeiten von Lkw auf den Terminals beschleunigt werden.
Die abschließende Diskussionsrunde am Nachmittag musste jedoch entfallen. Nach dem Fund eines herrenlosen Koffers im CCH, wurde die Veranstaltung kurz vor Ende abgebrochen. Die Polizei öffnete den Koffer, sein Inhalt stellte sich als harmlos heraus.