St. Georg. Makler müssen sich auf große Einbußen einstellen, glaubt der Mieterverein. Er warnt davor, das neue Gesetz zu umgehen.
St. Georg. Der modernisierte Altbau liegt ruhig, aber zentral in einer Nebenstraße mitten in Eimsbüttel. 66 Quadratmeter groß ist die Wohnung, drei Zimmer, Holzdielen, Einbauküche und Jugendstil. 986 Euro soll sie an Miete kosten. Mit 15 Euro pro Quadratmeter liegt der Preis im gängigen Mittel begehrter Wohnlagen. Eine Zeile bleibt aber bei dem Angebot eines Wohnungsportals leer: die Maklercourtage. Bis vor Kurzem wären hier 2300 Euro aufgerufen worden, die der potenzielle Mieter hätte zahlen müssen.
Doch die Zeiten sind bald vorbei. Nachdem gestern zwei Makler vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem Antrag gegen das Inkrafttreten des sogenannten Bestellerprinzips scheiterten, steht dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz nichts mehr im Wege. Vom kommenden Montag an muss bei der Vermietung einer Wohnung derjenige den Makler bezahlen, der ihn beauftragt hat. Das ist meist der Vermieter. Bislang hatten – zumindest in nachgefragten Wohnlagen – die Mieter die Courtage entrichten müssen.
Eckard Pahlke, Chef des Hamburger Mietervereins, zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass die neue Regelung die Mieter entlasten werde. „Die Makler laufen ja aus schwerwiegenden finanziellen Gründen Amok gegen das Bestellerprinzip.“ Nach Pahlkes Berechnungen können in Hamburg bis zu 440.000 Wohnungen über Makler vermittelt werden. Bei jährlich rund 30.000 Wohnungswechseln und durchschnittlich 1500 Euro Courtage pro Wohnung gingen den Maklern rund 45 Millionen Euro pro Jahr verloren. „Das ist ein Riesenvolumen“, sagte Pahlke.
Der Präsident des Mieterbundes, Franz-Georg Rips, sieht künftig seine Organisation besonders in der Pflicht, die Einhaltung der Regeln des neuen Gesetzes zu überwachen. „Ich betrachte uns als Marktwächter“, sagte Rips, ebenfalls in Hamburg. Der Deutsche Mieterbund veranstaltet bis Sonnabend seinen 66. Mietertag in der Stadt. Heute wird der Vorstand gewählt, morgen werden Umweltministerin Barbara Hendricks und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (beide SPD) sprechen.
Rips geht davon aus, dass Scholz in seiner Rede die Anwendung der ebenfalls am 1. Juni in Kraft tretenden Mietpreisbremse in ganz Hamburg verkünden wird. Bislang gebe es darüber noch keine Einigung mit dem Grundeigentümerverband, so Pahlke. Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt versuche, einen Konsens zu erreichen, um ein Platzen des Bündnisses für Wohnen zu verhindern. Auch in dieser Frage gehe es um viel Geld, so Pahlke. Ein Euro mehr pro Quadratmeter bedeute 25 Millionen Euro im Jahr.
Kritiker halten die flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse – bei Wiedervermietung darf künftig die Miete nicht mehr als zehn Prozent über dem Mietspiegel liegen – für kontraproduktiv. So gehe bereits jetzt in Hamburger Randgebieten die Nachfrage nach Wohnraum zurück.
In der Frage der Maklercourtage riet Heinrich Stüven, Chef des Grundeigentümerverbands, zu Gelassenheit. „Das wird sich alles mit der Zeit regeln.“ Viele Makler hätten den Grundeigentümern bereits Angebote für eine weitere Zusammenarbeit gemacht. „Dabei geht es meist um Pauschalangebote.“ Dass die Mehrheit der Eigentümer künftig einfach die bisher üblichen Courtagen zahlt, glaubt Stüven nicht. Vermieter, die nur eine oder wenige Wohnungen besitzen, würden sich zukünftig wahrscheinlich selbst um Nachvermietungen kümmern.
Grundsätzlich sieht Stüven die Neuregelung allerdings kritisch. „Sie ist mindestens genau so ungerecht wie die bisherige“, sagt er. Schließlich seien Makler am Ende für beide – Mieter und Vermieter – tätig. Die gerechteste Lösung wäre, die Courtage zwischen beiden Parteien aufzuteilen.
Der Rechtsvorstand des Hamburger Mietervereins, Siegmund Chychla, warnte Vermieter am Donnerstag davor, das Bestellerprinzip zu umgehen. Versuche, durch spezielle Formulierungen in Verträgen von den Wohnungssuchenden eine Courtage zu verlangen, würden vor Gericht nicht standhalten. „Wenn ein Makler eine Wohnung von einem Vermieter bekommt, darf er unter gar keinen Umständen eine Zahlung verlangen.“
Sowohl Rips als auch Pahlke mahnten weitere Änderungen im Mietrecht an. Vor allem müsse die Möglichkeit der Vermieter, bei einer energetischen Sanierung jährlich elf Prozent der Kosten auf die Mieter umzulegen, abgeschafft werden, sagte Rips. Nach seiner Darstellung würden nach einer Sanierung in der Regel dreimal mehr bezahlt, als an Energiekosten eingespart werde. Pahlke verwies auf einen Fall, bei dem infolge der Modernisierungsumlage die Miete einer Hamburgerin von 280 auf 860 Euro gestiegen sei.
Die Vertreter des Mietervereins können sich vorstellen, dass die Kosten einer energetischen Sanierung künftig gedrittelt werden: Ein Drittel zahlten die Mieter, ein Drittel die Vermieter, und ein Drittel erfolge über eine staatliche Förderung.