Monika Mosch arbeitete weltweit für Foto- und Filmproduktionen. Ihre wahre Passion sind Windhunde. Sie hat sie zum Beruf gemacht.
Zugegeben, ich habe Angst vor Hunden. „Dann sind Windhunde ideal, diese Angst zu überwinden“, hat Monika Mosch vor unserem Treffen behauptet. „Es gibt keine sensiblere Rasse, und sie sind sehr menschenbezogen.“ Nun ja, auch ich gehöre zu den Joggern, die regelmäßig von frei laufenden „Der-tut-nichts-Exemplaren“ verbellt werden und schockstarr im Wald stehen, bis Herrchen seinen Hund gerufen, angeleint und Entwarnung gegeben hat: „Hasso ist eigentlich ganz brav.“
Tatsächlich geben sich Amadeo, perlgrau, fünf Jahre alt, Stockmaß 38 Zentimeter, sowie Percy, rehbraun, zwei Jahre alt, Rückenhöhe 42 Zentimeter, Windspiele genannt, alle Mühe, Vorurteile zu beseitigen. Sie sehen elegant aus, bleiben vor allem aber in Distanz vor dem Cafétisch stehen und gucken sich alles mit freundlichen Augen an. Mich finden sie offenbar wenig interessant. Eher hat es ihnen die Taube angetan, die in ziemlicher Entfernung nach Krumen pickt.
„Windhunde sind sehr gute Beobachter“, erklärt Monika Mosch das Verhalten ihrer vierbeinigen Begleiter. „Das liegt in ihren Genen. Sie jagen seit Jahrtausenden auf Sicht.“ Mit Spitzengeschwindigkeiten von 60 Stundenkilometern verfolgen sie ihre Beute über Stock und Stein, quer durch Büsche und Gestrüpp. Nur Geparden sind schneller. „Sie beobachten dabei die Körpersprache des Fliehenden. Diese Fähigkeit und ihre Schnelligkeit machen sie zu idealen Jagdhunden.“
Monika Mosch, 52, ist Windhundtrainerin oder Sighthoundcoach, wie die internationale Bezeichnung lautet. Man kann sie buchen, wenn es Schwierigkeiten mit den feingliedrigen, aber dennoch extrem schnellkräftigen Tieren gibt. Sie kommt dann vorbei und vermittelt in Kompakt-Seminaren über zwei, drei Tage die Grundkenntnisse für stressfreies Miteinander zwischen Mensch und Tier. Dazu gehört Wissen über die Besonderheiten dieser Hunde, aber auch alles rund um Gesundheit und Ernährung.
Dass sie sich auf Windspiele, Greyhounds oder auch Galgos Español spezialisiert hat, um nur einige der Arten zu nennen, ist Zufall. „Ich hatte mal ein Pferd, das hieß Nitschaz“, erzählt die passionierte Reiterin. „Als ich mit ihm ein Seminar bei einem Pferdeausbilder besuchte, gehörte dort ein großer schwarzer Windhund zum Rudel, mit dem niemand wirklich zurechtkam.“ Zum Erstaunen aller wich der Rüde der Besucherin fortan nicht mehr von der Seite. „Am Ende der Schulung hieß es: Entweder du zeigst ihm, dass er wegbleiben soll. Oder du nimmst ihn mit.“ Inzwischen ist er längst im Hundehimmel, und Nachfolger Spyder von Erdberg, auch schon zwölf Jahre alt, teilt sich die Erdgeschosswohnung plus kleinen Garten in Eimsbüttel mit Frauchen und fünf Artgenossen.
Dass eine Frau mit so vielen Hunden in der Wohnung in einer dicht besiedelten Großstadt wie Hamburg nicht nur geduldet, sondern von den Mitbewohnern akzeptiert wird, hat auch mit dem Charakter von Windhunden zu tun. „In der Wohnung und auf der Straße sind sie meist sehr ruhig“, sagt Mosch. „Auf dem Land mit seiner verlockenden Jagdbeute wären sie viel schwieriger zu halten. Aber natürlich ist das bei richtiger Führung und entsprechender Erziehung kein Problem.“ Zudem sind nur Senior Spyder sowie die kleinwüchsigen Amadeo und Percy ständige Mitbewohner. „Die anderen habe ich lediglich zeitweise in Pflege.“
Bevor sie ihre Liebe zu Hunden und ein gewisses Talent zur Verhaltensforschung zum Beruf machte, hat die Hessin Monika Mosch lange als Producerin in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main gearbeitet. Nach dem Fachabitur mit Schwerpunkt Wirtschaft rutschte die gut aussehende junge Frau mit dem Brilli-Piercing in der Nase eher zufällig in die Werbebranche, arbeitete fortan für Foto- und Filmproduktionen weltweit und machte sich mit eigener Agentur selbstständig, als es besonders gut lief.
Vor 21 Jahren kam Sohn Moritz zur Welt, was sie ein paar Jahre zu Hause hielt. 2002 zog sie jobbedingt mit Pferd und Hund nach Hamburg, während der Sohn beim Vater in Frankfurt blieb. Vor acht Jahren kam er nach. „Inzwischen ist er schon fast wieder ausgezogen“, sagt die Mutter stolz. „Er macht eine Ausbildung als Mediendesigner.“
Natürlich ist eine Geschichte über Hundetrainer nicht ohne einen Absatz über Tierschutz möglich. „Jetzt wird es grausam“, sagt Monika Mosch auf die entsprechende Frage. „Besonders in südeuropäischen Ländern ist das Leben der Windhunde nicht viel wert.“ Schon die Trainingsmethoden sind brutal. In Spanien sind Windhundrennen anders als in Irland oder England offiziell verboten, also werden sie bei Jagden mit echten Hasen eingesetzt. An Allradwagen gekettet werden die Tiere zur Abhärtung über die Äcker getrieben. Verletzte oder gar tote Tiere lässt man einfach liegen.
Aber auch jene, die das mörderische Trainingsprogramm durchhalten, haben nur begrenzte Überlebensdauer. Wenn sie versagen oder nicht mehr schnell genug sind, werden sie gehenkt. „Die Jagdlobby streitet es zwar ab“, sagt Mosch. „Aber natürlich werden die Tiere auf den Zehenspitzen der Hinterpfoten stehend an einen Baum gebunden, bis sie qualvoll sterben.“ Das Ganze habe auch noch eine perfide Tradition, in der es um Ehre und Gesichtsverlust gehe. „Die Höhe, an der das Seil am Baum festgebunden ist, zeigt, wie erfolgreich der Hund war. Je höher, um so schneller darf er sterben.“
Schicksale wie diese haben Tierschützer aus aller Welt auf den Plan gerufen. Auch in Deutschland kommen viele Windhunde aus dem Auslandstierschutz. Sie als Familienhunde zu integrieren, ist nicht immer einfach, denn den Tieren fehlt das Vertrauen in Menschen. Als Folge haben sich viele Vereine gegründet, um die gequälten Kreaturen zu beschützen. „Ich warne aber davor, in einem Hund einen Partner- oder Kindersatz zu sehen“, sagt Mosch. „Tiere bleiben Tiere, auch wenn wir mit ihnen kuscheln und sie unser Herz erwärmen. Gerade in Deutschland wird das häufig vergessen.“
Die Expertin rät, niemals einem Hund in die Augen zu schauen, wenn er bellt
Von den Einnahmen aus ihrem Hundetraining allein kann Mosch noch nicht leben. Schon früh hat sie sich deshalb zur Webdesignerin schulen lassen. „Pixel verschieben kann man wunderbar nachts oder bei schlechtem Wetter“, sagt sie. Ihre Agentur heißt selbstironisch „Ugly Dog“, weil es viele Menschen gibt, die Windhunde nicht schön finden. „Eher im Gegenteil.“ Und auch hier hat sie sich auf ihre Branche konzentriert. Hundesalons, Hundesitter, andere Trainer, Pflegestellen: Wer sich im Internet präsentieren will, der kann bei Mosch grafische und inhaltliche Hilfe kaufen. „Als Trainerin arbeite ich deutschlandweit“, sagt sie.
Inzwischen frieren Amadeo und Percy mangels Fettschicht am Körper im schlechter werdenden Hamburger Wetter und wollen beide auf den Schoß von Frauchen. Plötzlich naht Abwechslung. Ein Mann mit einem braun-weißen Mischlings-Irgendwas der kleineren Kategorie dringt in den Hoheitsbereich der Hunde am Tisch. Die lassen den Kleinen erst schnüffeln, doch dann verbellt Percy den Eindringling ziemlich laut und aggressiv. „Das ist typisches Revierverhalten“, sagt Mosch. „Der andere Hund war unsicher, hatte den Schwanz eingeklemmt. Da sich sein Halter aber nicht schützend vor ihn gestellt hat, haben die Hunde es unter sich gelöst.“
Und einmal dabei, Verhalten zu erklären, fällt auch ein Tipp für die gestresste Joggerin ab. „Niemals einem Hund in die Augen gucken, wenn er bellt“, sagt Monika Mosch. „Die fühlen sich bei direktem Blickkontakt herausgefordert.“ Und wenn Herrchen oder Frauchen frech werden, dann kann man sich den Freilaufschein zeigen lassen. Er bestätigt, dass die in Hamburg geforderte Gehorsamsprüfung bestanden wurde und der Hund unangeleint herumlaufen darf. Percy und Amadeo haben einen. Natürlich.