Hamburg. Sven Meyer, Gründer des Plattenlabels Elfenmaschine und Komponist von Werbesounds, hat im Leben vieles ausprobiert und verworfen.

Der Zeichner und Grafiker Horst Janssen gehörte quasi zu seiner Verwandtschaft. „Als ich mich als Jugendlicher im Zeichnen versuchte, war es Horst, der mir über die Schulter schaute und meine Striche korrigierte“, erzählt Sven Meyer. Gerda Meyer, die Cousine der Mutter des Künstlers, war Meyers Oma und betreute ihn vor allem in den Sommerferien. Die Stimme von Sven Meyer klingt immer einen Tick warmherziger, wenn er von dem großen Hamburger Künstler erzählt.

Sven Meyer selbst ist in Hamburg geboren, Musiker und Initiator unterschiedlicher Musikprojekte. Er produziert Sounds für Werbeclips, zuletzt für Daimler, komponiert Filmmusik und hat das Plattenlabel „Elfenmaschine“ gegründet. Wir treffen uns im trubeligen Café Panter im Karolinenviertel. Sven Meyer lebt hier in dem Quartier. Im Café besitzt er sogar eine eigene Anschreibeliste.

Der 42-Jährige sieht jünger aus als sein Alter vermuten lässt. Er lächelt charmant, und wer mit ihm spricht, ist rasch beim „Du“. Man sieht ihm den „Revoluzzer“ nicht an, auch wenn das „Dagegensein“ eine Konstante in seinem Leben ist. „Ich kann nicht anders“, sagt er bestimmt. „Wenn ich finde, dass etwas gemacht werden muss, dann mache ich das.“

Das Hanffest in den 90er-Jahren war beispielsweise so etwas, das unbedingt gemacht werden musste. „Ich war empört darüber, dass Hanf verboten, aber der Genuss von Alkohol erlaubt war“, erzählt Sven Meyer. Also eröffnete er 1993 einen sogenannten Headshop, organisierte das Hanffest im Schanzenpark und den Hanfmove. Als Hamburgs erste rot-grüne Regierung im Jahr 2001 abgewählt, Ronald Schill Innensenator wurde und „wir die harte Gangart voll abbekamen“, verlagerte Sven Meyer das Projekt ins Internet und zog sich später zurück.

Der Vater engagierte sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung

Es waren aber nicht nur die veränderten politischen Bedingungen, die Sven Meyer dazu bewogen, den Headshop zu verkaufen. „Ich war 24 Stunden mit Hanf beschäftigt, das hat mir irgendwann gereicht“, erzählt er. Außerdem wollte er endlich auch professionell und nicht nur in seiner Freizeit Musik machen. „Wenn ich im Keller meines Ladens übte und ein Kunde das Geschäft betrat, nervte mich das. Da wurde mir klar: Ich muss was anderes machen.“

Es gehört zum Leben von Sven Meyer, Dinge zu tun. Er beschreibt sich als ein Macher, als einer, der mit stundenlangen theoretischen Debatten nicht allzu viel anfangen kann. „Wenn eine Glühbirne kaputt ist, wechsle ich sie sofort aus“, sagt er mit einem Lachen, weil ihm gerade nichts anderes einfällt . Zudem beschreibt er sich als „liebevollen Diktator“, als Alleinkämpfer, auch wenn er Musik natürlich lieber „im Team“ macht.

Er sei als Einzelkind groß geworden, erzählt er. Die Eltern arbeiteten beide als Lehrer. Während seine Mutter Musik machte und sich vor allem um den wunderschönen heimischen Garten kümmerte, engagierte sein Vater sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung. „Er galt in seiner Familie als das schwarze Ökoschaf, weil er nach Brokdorf fuhr und dort protestierte.“

Sven Meyer ist mit der 68er-Haltung seines Vaters groß geworden. „Es ging daheim viel um die Politik, aber nicht nur.“ Der Vater lebte zivilen Widerstand vor, und „meine Mutter hat immer ausgesprochen, was sie meinte“. Er habe auf dieser Welt keinen Menschen kennengelernt, „der besser lobt als meine Mutter“.

Für Sven Meyer ist es selbstverständlich, offen auszusprechen, was ihn bewegt. „Wenn man den Drang hat, die Wahrheit zu sagen, dann muss es raus.“ Auch dieses Unbedingte, so scheint es, ist ein Wesenszug des 42-Jährigen. Nach der Schule machte er sein Fachabitur in Grafikdesign, aber er war nicht glücklich dabei. „Ich habe die Schule gehasst, weil wir Schüler alle über einen Kamm geschoren wurden.“ Immer wieder unterbrach er seine Ausbildung, um sie am Ende im Alter von 21 Jahren dann doch noch abzuschließen.

Er gründete in der Alsterdorfer Straße ein Werbeatelier, gestaltete Werbeprospekte, bot Bus- und Autobeschriftung an. „Es lief sehr gut, ich beschäftigte rasch sieben Außenmitarbeiter und verdiente mehr Geld als genug.“ Doch er merkte auch, dass diese Tätigkeit auf Dauer nicht sein Ding sein würde. „Die Werbeszene war mir zu merkwürdig, und ich fühlte mich unfrei. Ich hatte keine Lust, den normalen Weg zu gehen.“ Also gab er auch dieses Geschäft wieder auf.

Drei Fragen an...

Was zieht sich wie ein roter Faden druch ihr Leben? Musik und Natur, Vogelgezwitscher, Wind in den Bäumen, Wellenrauschen, – Hängematten.

Was verbindet Sie mit der Person, an die Sie den roten Faden weitergeben? Die Leidenschaft zur Kunst und etwas unbequem zu sein, unsere Freundschaft und die unserer Kinder.

Warum geben Sie den roten Faden an diese Person weiter? Móka und ihr Mann Bernd machen tolle Projekte und alles mit Liebe. Und ihre EcoFavela braucht die Welt.

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Inzwischen hat Sven Meyer seine Bestimmung gefunden und Musik zu seinem Lebensinhalt gemacht. Schon in der Schülerband war er als Sänger und Schlagzeuger unterwegs, brachte sich selbst Gitarre und Saxophon bei. „Musik ist für mich wie Meditation“, sagt er. „Ich lasse es fließen, schalte den Kopf aus und schaue, was meine Hände mit dem Instrument machen.“ Sven Meyer spricht von „in diesem Moment sein“, in dem es keine Vergangenheit und keine Zukunft gibt.

Konkrete Vorstellungen über sein „Musik machen“ hatte er anfangs wenig. Er arbeitete als DJ, half Freunden bei der Vertonung von Filmen und merkte, dass er mit Musik für Werbespots gutes Geld verdienen konnte. „Mit diesem Geld habe ich dann Dinge gemacht, die mir wichtig sind.“ Die „Elfenmaschine“ beispielsweise, ein Musiklabel und Labor, mit dem er alles vertont, was Sound braucht, und gleichzeitig Herzensprojekte bespielen kann.

Besonderen Erfolg feiert Sven Meyer seit einiger Zeit mit seiner Kymat-Idee. „Mein bislang wichtigstes Projekt, in dem alles, was ich je gemacht habe, zusammenfließt.“ Dazu hat er eine Apparatur gebaut. Eine kleine Wasserschale steht auf einem Lautsprecher und wird beleuchtet. Eine darüber angebrachte Kamera macht Aufnahmen, die durch einen Projektor an eine Leinwand geworfen werden. Wenn Sven Meyer Musik spielt, verändert sich die Oberfläche des Wassers, geht sozusagen in Resonanz, was auf der Leinwand zu erkennen ist. „Wir machen Töne sichtbar“, sagt er. „Jeder Klang verursacht sein Bild.“

Chillen in der Hängematte ist seine große Leidenschaft

Für die Besucher seiner Konzerte ist es aber nicht nur ein visuelles Ereignis. „Durch die unterschiedlichen Frequenzen entstehen ja nicht nur unterschiedliche Bilder, sondern die von den Tönen ausgelösten Schwingungen und Vibrationen berühren die Menschen körperlich.“ Kunst, Wissenschaft und Spiritualität verbänden sich in diesem Moment miteinander, sagt Sven Meyer. „Letzten Endes sind unsere Konzerte visualisierte Klangtherapien.“

Das mag ein wenig abgedreht klingen, doch Meyer meint es ernst. „Ich habe verschiedene Bücher gelesen und mit Klangtherapeuten gesprochen.“ All das Wissen habe er sich selbst angeeignet. Zumal es mit der Kymatik eine Wissenschaft für die Visualisierung von Klängen und Wellen tatsächlich gibt. „Das, was bei unseren Konzerten und Installationen an Klängen und Bildern entsteht, das geht so tief rein: Für mich gibt es nichts Ausdrucksstärkeres.“

Es sei denn, Sven Meyer organisiert wieder einmal das Yoga Wasser Klang Festival in Planten un Blomen. Das ist ein „Chill-Out-Fest mit Musik, DJs, Kunst, Design und Kulinarik“, erzählt er. Jeder kann kommen und sich umschauen. Nur wer bei den Yogaklassen mitmachen will, braucht ein Tagesbändchen. Das Festival ist ganz nach seinem Geschmack. Denn wenn er nicht arbeitet, „häng’ manchmal einfach ab und chille in der Hängematte“.