Hamburg. Bei einer Protestkundgebung fordern sie bessere Arbeitsbedingungen. Weitere Ausstände ab Montag. Eltern können Beiträge zurückfordern.

Am Tag 1 des unbefristeten Streiks blieben am Freitagmorgen viele Türen von Hamburger Kitas geschlossen. Nach Angaben eines Ver.di-Sprechers waren 70 der 222 tarifgebundenen Kindertageseinrichtungen komplett dicht, in 120 wurde ein Notdienst angeboten. Neben den Kitas werden auch die Nachmittagsbetreuung an Schulen und Einrichtungen der Behindertenhilfe bestreikt.

Am Morgen hatten sich die Streikenden zu einer Kundgebung vor der Zentrale der Elbkinder-Kitas in der Oberstraße in Eimsbüttel getroffen. Die etwa 3000 Teilnehmer zogen durch die Grindelallee zum Schanzenpark. "Streiken, Kämpfen, Umgestalten" stand auf einem Transparent. Der Protestzug wurde von Trillerpfeifen und Gejohle begleitet.

Nachdem die Gewerkschaften Verdi und GEW die Tarifverhandlungen Ende April für gescheitert erklärt hatten, votierten Anfang der Woche in einer bundesweiten Urabstimmung weit mehr als 90 Prozent der Mitglieder für den Arbeitskampf. Die Gewerkschaften verlangen deutlich mehr Geld für die Mitarbeiter. Die Sozial- und Erziehungsberufe müssen nach ihrer Auffassung mit höheren Eingruppierungen aufgewertet werden. Nach Darstellung der kommunalen Arbeitgeber sind die Forderungen nicht bezahlbar.

Die Eltern waren seit Tagen über den Streik informiert worden. Viele hatten versucht einen Platz in der Notbetreuung zu ergattern. Die Stimmung schwankt nach drei eintägigen Warnstreiks und mehreren angekündigten Streiktagen Anfang der nächsten Woche zwischen Verständnis und Verzweifelung. „Meine Frau und ich sind beide selbständig. Nach vier Stunden holen wir unser Kind wieder ab, dafür müssen wir zu Hause bis in die Nacht arbeiten", sagte Möbelerstaurator Sven Gödeke, dessen Kind in der Elbkinder-Kita Am Eichengrund in Blankenese betreut wird. „Für die streikenden Erzieherinnen habe ich vollstes Verständnis. Unsere Familie trifft der Streik nicht so hart, denn in der kommenden Ferienwoche fahren wir ohnehin in den Urlaub", sagt PR-Beraterin Tine Zelass.

Der Flughafen Hamburg hat angesichts des Streiks für die Kinder der Mitarbeiter eine kostenlose Betreuung eingerichtet. „Die Planung war und ist eine Herausforderung. Schließlich ist nicht klar, wie lange der Streik dauern wird, wie viele Kinder betreut werden", sagt Jan Sievers, der den Mitarbeiter- und Familienservice des Airports leitet.

Es gibt auch kritische Stimmen. "Wir werden erpresst, also mit Konsequenzen gestraft, obwohl wir Eltern kein ersichtliches Vergehen an der Lage der Erzieherinnen/Erzieher zu verschulden haben", schrieb eine Mutter in einer Stellungnahme an das Hamburger Abendblatt.

+++ Das müssen Eltern zum Kita-Streik wissen +++

Von den rund 180 Elbkinder-Kitas werden 43 Einrichtungen während der bislang angekündigten Streiktage am 8., 11. und 12. Mai geschlossen bleiben. Zwei Drittel der Kitas bieten einen Notdienst an, jede zehnte gar die ganz normale Betreuung. Beim Arbeiter-Samariter-Bund werden neun der zwölf Kitas bestreikt, bei der Rudolf-Ballin-Stiftung etwa jede zweite der 25 Kindertagesstätten und Ganztagseinrichtungen. Dort wird es Notdienste geben, die zum Teil gemeinsam mit den Eltern organisiert werden. Keine der Einrichtungen bleibt geschlossen. Auch die Elbe-Werkstätten und das Hamburger Lebenshilfe-Werk haben Notfall­betreuungen eingerichtet. Der Hamburger Schulverein und das Studierendenwerk waren nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ver.di hat inzwischen angekündigt, dass der Streik weit über den 12. Mai hinausgehen könnte. Hilke Stein, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales bei Ver.di Hamburg, sagte dem Abendblatt: „So lange wir kein Angebot der Arbeitgeber haben, wird der Streik fortgesetzt. Wir planen bereits bis zum Pfingstwochenende. Davon ausgenommen sind lediglich die Einrichtungen der Behindertenhilfe."

Unterdessen zeigt sich, dass ein längerer Streik für die Kitaträger teuer werden kann. Denn wie die federführende Sozialbehörde mitteilte, darf sie nur Leistungen vergüten, die auch tatsächlich erbracht wurden. Das wäre aber nicht der Fall, wenn die Träger auch den Lohnkostenanteil erhalten würden. Wie Marcel Schweitzer, Sprecher der Sozialbehörde mitteilt, wird die "streikbedingte Ersparnis" von den betroffenen Trägern zurück gefordert. Das könne allerdings nicht sofort erfolgen, sondern erst später und nach komplizierter Abrechnung. Denn zunächst müsse geklärt werden, wieviel Personal an welchem Tag in welcher Kita genau im Einsatz war. Laut Schweitzer hätten die Vereinigung Hamburger Kindertageseinrichtungen und die ASB Sozialeinrichtungen (Hamburg) bereits mitgeteilt, dass sie die Elternbeiträge erstattet werden. Der Hamburger Schulverein und das Studierendenwerk Hamburg hättemn dagegen mitgeteilt, eine juristische Prüfung zu veranlassen, um zu klären, ob eine Rückerstattung der Elternbeiträge rechtens ist.

(hpah/schmoo/mik)