Hamburg . Dürfen berufstätige Eltern zu Hause bleiben und können sie die Kita-Gebühren für die Streiktage kürzen? Gibt es eine Notbetreuung?

Eltern müssen sich in den nächsten Wochen auf erhebliche Beeinträchtigungen bei der Betreuung ihrer Kinder einstellen. Wie erwartet ist die Urabstimmung im laufenden Tarifkonflikt zur Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes für einen unbefristeten Streik ausgefallen. Schon ab Freitag werden viele Kita-Türen geschlossen bleiben.

„Der Streik wird über die kommende Woche hinausgehen", sagte die Ver.di-Landesbezirksfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales, Hilke Stein, am Mitwoch in Hamburg. „Ich weiß, dass wir ganz viele Eltern in schwierige Situationen bringen. Das ändert aber nichts daran, dass wir ein Angebot der Arbeitgeber brauchen, um aus der Situation herauszukommen.“ Auch in der Hansestadt hätten sich weit mehr als die Hälfte der Ver.di-Mitglieder beteilgt. "Das sind ungewöhnlich viele."

Von den rund 180 Elbkinder-Kitas in Hamburg werden 43 Einrichtungen während der Streiktage 8., 11. und 12. Mai geschlossen bleiben. Zwei Drittel der Kitas bieten einen Notdienst an, jede zehnte gar die ganz normale Betreuung. Beim Arbeiter-Samariter-Bund werden neun der zwölf Kitas bestreikt, bei der Rudolf-Ballin-Stiftung etwa jede zweite der 25 Kindertagesstätten und GBS-Einrichtungen. Dort wird es jeweils einen Notdienst geben, der zum Teil gemeinsam mit den Eltern organisiert wird. Keine der Einrichtungen bleibt geschlossen. Auch die Elbe-Werkstätten und das Hamburger Lebenshilfe-Werk haben eine Notfallbetreuung eingerichtet. Der Hamburger Schulverein und das Studierendenwerk waren auf Abendblatt-Anfrage nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Wer ist von dem Streik betroffen?

Von den mehr als 1000 Hamburger Kindertagesstätten sind laut Ver.di-Sprecher Krings die 222 tarifgebundenden Häuser betroffen. Hierzu gehören die Einrichtungen der Elbkinder, der Rudolf-Ballin-Stiftung, des Hamburger Schulvereins, des Arbeiter-Samariter-Bunds und des Studierendenwerks. Für sie ist die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg (AVH), der städtische Arbeitgeberverband, zuständig. Hinzu kommen die Elbe-Werkstätten und das Hamburger Lebenshilfe-Werk.

Wie lange wird der Streik dauern?

„Mit einer erfolgreichen Urabstimmung treten wir in eine unbefristete Streikphase ein. Bis es zu einer Einigung mit den Arbeitgebern kommt, wird in dieser Phase aller Voraussicht nach nicht durchgehend, sondern in einzelnen Wellen gestreikt. Diese Streikwellen können mehrere Tage andauern. Die Streikphase kann nur mit einer erneuten Urabstimmung beendet werden“, erklärt Ver.di-Sprecher Krings.

Wird es eine Notbetreuung geben?

Bereits am Dienstag verkündete die Vereinigung Elbkinder, der größte kommunale Hamburger Kita-Träger, in den meisten Einrichtungen eine Notbetreuung oder gar ein uneingeschränktes Angebot anbieten zu wollen. Wie bei den vorangegangenen Warnstreiks solle die Notbetreuung mit den nicht streikenden Erzieherinnen in den Kitas aufrechterhalten werden, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir verhandeln zudem mit unseren Kooperationspartnern, beispielsweise aus den Sportvereinen. Wir wollen versuchen, damit zusätzliche Betreuungsangebote zu schaffen“, sagt Katrin Geyer, Pressesprecherin der Elbkinder. Die konkrete Organisation der Notbetreuung könne jedoch erst dannöffentlich gemacht werden, wenn der Beginn und der Umfang des Streiks bekannt seien.

Dürfen Eltern die Kita-Räume für eine selbst organisierte Betreuung nutzen?

„Wie bei den Warnstreiks werden wir auch jetzt wieder den Eltern die Kita-Räume für eine eigene Betreuung zur Verfügung stellen“, sagt Elbkinder-Sprecherin Geyer.

Können Eltern die Kita-Gebühren für die Streiktage kürzen?

Eigenmächtig kürzen sollten Eltern die Kita-Gebühren in keinem Fall. Sie können aber das Geld anteilig zurückfordern. In dem Betreuungsvertrag mit der Kita steht, ob sich der Träger eine bestimmte Zahl von Sonder-Schließungstagen wie bei Streiks vorbehält. Björn Staschen vom Landeselternausschuss Hamburg: „Wir rufen die Eltern dazu auf, die Kita-Gebühren zurückzufordern. Für die Kita-Träger entsteht dadurch zusätzliche Arbeit. So wird der Druck an die Verhandlungspartner weitergegeben.“

Dürfen berufstätige Eltern zu Hause bleiben, um ihr Kind zu betreuen?

Wenn sich tatsächlich keine anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten für das Kind finden lassen, müssen Eltern nicht zur Arbeit erscheinen. Dann nämlich wird der Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wirksam. Demzufolge darf ein Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben, wenn er „ohne sein Verschulden“ und „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ verhindert ist. Lohneinbußen drohen in diesem Fall nicht. Klaus Müller-Knapp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, warnt jedoch: „Die Eltern müssen zunächst alle denkbaren Mittel heranziehen, also auch eine Betreuung durch die Großeltern oder andere Verwandte prüfen.“ Gesetzliche Grenzen für die Dauer gäbe es nicht. „Ich würde aber empfehlen, nicht länger als einen Tag zu Hause bleiben“, sagt Knapp.

Unbefristeter Kita-Streik droht

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