Hamburg/Berlin. Mehr als 90 Prozent der Ver.di-Mitglieder stimmen für Ausstand. In Hamburg kündigen Elbkinder-Kitas Programm für Notbetreuung an.

Eltern müssen sich in den nächsten Wochen auf erhebliche Beeinträchtigungen bei der Betreuung ihrer Kinder einstellen. Wie erwartet ist die Urabstimmung im laufenden Tarifkonflikt zur Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes für einen unbefristeten Streik ausgefallen. Schon ab Freitag werden viele Kita-Türen geschlossen bleiben.

„Der Streik wird über die kommende Woche hinausgehen", sagte die Ver.di-Landesbezirksfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales, Hilke Stein, am Mitwoch in Hamburg. „Ich weiß, dass wir ganz viele Eltern in schwierige Situationen bringen. Das ändert aber nichts daran, dass wir ein Angebot der Arbeitgeber brauchen, um aus der Situation herauszukommen.“ Auch in der Hansestadt hätten sich weit mehr als die Hälfte der Ver.di-Mitglieder beteilgt. "Das sind ungewöhnlich viele."

Bundesweit hatten 93,44 Prozent der ver.di-Mitglieder für einen unbefristeten Streik gestimmt. Damit wurde das erforderliche Quorum von 75 Prozent deutlich übertroffen. „Der Streik wird am Freitag mit einem spürbaren und starken bundesweiten Signal beginnen. Danach wird er in vielen Einrichtungen zunächst dauerhaft fortgeführt – notfalls auch über Pfingsten. Wir werden Zug um Zug weitere Einrichtungen in den Streik einbeziehen“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. „Eltern müssen sich bereits ab Freitag auf erste Kita-Schließungen einstellen, die dann unbefristet andauern werden.

In Hamburg sind nach bisherigen Informationen Arbeitsniederlegungen für den 8., 11. und 12. Mai angekündigt. Die städtischen Elbkinder-Kitas haben mitgeteilt, dass in den meisten Kindertagesstätten und GBS-Standorten Notbetreuungen eingerichtet werden sollen. ,„Wir gehen davon aus, dass 55 Prozent unserer Mitarbeiter nicht streiken werden. Mit denen werden wir einen Notdienst organisieren", sagte Sprecherin Katrin Geyer. Beim letzten Warnstreik im April war nur jede sechste der 180 Elbkinder-Kitas komplett geschlossen, vier von fünf boten zumindest einen Notdienst an. Geyer schätzt, dass eine solche Versorgung auch dieses Mal sichergestellt werden kann. Unter anderem sollen Zeitarbeitskräfte eingesetzt werden.

Von mehr als 1000 Kindertagesstätten in Hamburg sind die 222 tarifgebundenen Einrichtungen von dem Ausstand betroffen. Außer den Elbkinder-Kitas sind es die Einrichtungen der Rudolf-Ballin-Stiftung, des Hamburger Schulvereins, des Arbeiter-Samariter-Bunds und des Studierendenwerks. Für sie ist die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg (AVH), der städtische Arbeitgeberverband, zuständig. Hinzu kommen die Elbe-Werkstätten und das Hamburger Lebenshilfe-Werk. Insgesamt arbeiten den Angaben zufolge rund 18.000 Menschen im Sozial- und Erziehungsdienst. Davon seien etwa 8000 bei Trägern beschäftigt, die Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband sind und damit voraussichtlich bestreikt werden.

„Der Tarifvertrag der AVH in Hamburg orientiert sich am Vertrag, den die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ausgehandelt hat. In Hamburg sind die Erzieher sogar in Entgeltgruppe 8 statt 6 eingeordnet", sagte die Sprecherin der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH), Senatsdirektorin Bettina Lentz. "Die Arbeit in einer Großstadt-Kita ist anspruchsvoller, deshalb zahlen wir den Erzieherinnen auch etwas mehr." Die Forderungen der Gewerkschaften gingen allerdings darüber hinaus. Sollten die Forderungen der Gewerkschaften umgesetzt werden, rechnet sie für Hamburg mit Mehrkosten von 15 bis 20 Millionen Euro.

„Diese Streiks finden auf dem Rücken von Hamburger Kindern und deren Eltern statt“, kritisierte der Landeselternausschuss für Kindertagesbetreuung (LEA) Hamburg. Er forderte die Arbeitgeber auf, Arbeitsniederlegungen durch ein akzeptables Angebot zu verhindern. Die Eltern rief er auf, die Gebühren für die Kindertagesbetreuung im Falle von Streiks zurückzufordern. Zudem verlangte der Landeselternausschuss die Einrichtung von Notdiensten. „Wir fragen uns, ob die Gewerkschaften wirklich gerade in einer Ferienwoche solche Streiks durchziehen müssen.“ Der LEA appellierte an Gewerkschaften wie Arbeitgeber, „nicht aus dem Blick zu verlieren, wie problematisch diese Streiks für Familien sind“.

Ende April hatten die Arbeitnehmervertreter die Gespräche nach fünf erfolglosen Verhandlungsrunden und mehreren eintägigen Warnstreiks abgebrochen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Ver.di und der Deutsche Beamtenbund fordern bundesweit für alle 240.000 Beschäftigten aus den Sozial- und Erziehungsdiensten eine Aufwertung der pädagogischen Berufe und eine höhere Eingruppierung. Insgesamt geht es um etwa zehn Prozent mehr Gehalt. Nach Angaben der kommunalen Arbeitgeberverbände würde dies 1,2 Milliarden Euro kosten. (hpah/dpa)