Hamburg. Hamburgs erstem Olympiabotschafter Alexander Otto spricht über die nächsten Schritte für die Bewerbung für die Sommerspiele 2024.
An diesem Sonnabend wird aller Voraussicht nach in der Frankfurter Paulskirche die außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Hamburg zur Bewerberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024 küren. Mit Hamburgs erstem Olympiabotschafter, Unternehmer Alexander Otto, sprach Oliver Schirg.
Hamburger Abendblatt: Was treibt Sie an, sich persönlich für Olympische Spiele in Hamburg zu engagieren?
Alexander Otto: Olympische Spiele in Hamburg wären für mich eine Herzensangelegenheit. Ich stamme aus der Hansestadt und bin ein großer Fan von Olympia. Deshalb ist es der größte Traum für mich, wenn die Stadt Austragungsort Olympischer Spiele wird.
Nicht wenige Hamburger fragen sich: Was habe ich von Olympischen Spielen?
Alexander Otto: Dieses Sportereignis, das das größte der Welt ist, wird in der Stadt einen mächtigen Schub auslösen. Sportstätten werden saniert und auf den modernsten Stand gebracht. Dazu kommen hohe Investitionen in die Infrastruktur. Der kleine Grasbrook wird zu einem neuen Stadtteil mit 6000 Wohnungen, voraussichtlich darunter auch Sozialwohnungen. Profitieren werden auch die Veddel und Wilhelmsburg. Denn mit Olympia wird der Sprung über die Elbe real.
Das klingt alles sehr berechnend – also typisch hamburgisch.
Alexander Otto: Die wirtschaftlichen Vorteile für eine Stadt, die Olympische Spiele austrägt, sind nicht zu leugnen. Aber das allein ist es nicht. Die olympische Idee ist eine Vision, hinter der sich alle Hamburgerinnen und Hamburger versammeln können. Es geht darum, dass Sportler aus allen Teilen der Welt hier zusammenkommen und in einem friedlichen Wettstreit um die Medaillen ringen. In einer Zeit, in der an vielen Orten auf der Welt Menschen in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt oder auf der Flucht sind, ist so ein friedvolles Treffen einzigartig.
Kritiker trauen dem Internationalen Olympischen Komitee nicht.
Alexander Otto: IOC-Präsident Thomas Bach steht für eine Reform der Olympischen Spiele, und Hamburgs Bewerbung stellt eine Chance für die Reformer innerhalb des Verbandes dar. Olympische Spiele in Hamburg wären ein Signal, dass man dem Gigantismus wirklich abgeschworen hat. Unser Konzept sieht vor, dass die meisten Sportstätten zu Fuß, mit dem Rad oder dem öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen sind. Außerdem werden viele neue Einrichtungen nur temporär einer olympischen Nutzung gewidmet. Danach werden sie ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt, wie die Olympiahalle als Kreuzfahrtterminal oder das Olympische Dorf für Wohnungen. Damit würde Hamburg zur Blaupause für nachhaltige Spiele.
Im Herbst wird es in Hamburg einen Volksentscheid über die Olympiabewerbung geben. Was muss Hamburg für einen Erfolg tun?
Alexander Otto: Man muss Sorgen und Kritik ernst nehmen. In Hamburg haben wir sehr früh mit der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und Umweltverbänden über die Olympiabewerbung gesprochen. Viele Hinweise und Anregungen sind bereits in die ersten Konzeptüberlegungen eingeflossen. Aber nichts ist in Stein gemeißelt. Schließlich wird das finale Konzept ja jetzt erst entwickelt.
Das klingt jetzt ziemlich allgemein.
Alexander Otto: Aber es ist ernst gemeint. Wir stehen am Anfang des Bewerbungskonzepts. Gute Argumente können noch eingebunden werden. Zudem werden wir den Runden Tisch für Olympia nicht nur fortführen, sondern für einzelne Themen Runde Tische entwickeln. Themen können die Einbindung älterer Menschen, die Auswirkungen von Olympia auf die Hafenwirtschaft, auf Architektur und Nachhaltigkeit sein. Wir meinen es ernst: Wer sich einbringen will, wird die Möglichkeit dazu erhalten.
Menschen sorgen sich, dass Wohnen in Hamburg nicht mehr zu bezahlen sein wird, wenn erst einmal Olympische Spiele ins Haus stehen.
Alexander Otto: Das Bewerbungskonzept von Hamburg sieht vor, dass das Olympische Dorf auf dem Kleinen Grasbrook entsteht und nach den Spielen als ganz gewöhnlicher Stadtteil genutzt wird. Der Bau von Wohnungen ist der wichtigste Weg, die Lage auf Hamburgs Wohnungsmarkt zu entspannen und den Anstieg von Mieten zu mindern. Hinzu kommt, dass die Elbinsel für Investoren an Attraktivität gewinnt, wenn auf dem Kleinen Grasbrook mehr als 10.000 Menschen leben werden.
Was sind jetzt die wichtigsten Aufgaben, die Hamburg erledigen muss?
Alexander Otto: Als Erstes wird Hamburg mit dem DOSB eine Olympiagesellschaft gründen und diese personell ausstatten. Dann werden wir unser Planungskonzept konkretisieren. Dazu bleiben wir mit allen gesellschaftlichen Gruppen im Gespräch oder suchen es. Entscheidend ist, dass wir weiter beharrlich um die Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger werben.
Warum? In der Forsa-Umfrage haben sich 64 Prozent der Hamburger für Olympia ausgesprochen.
Alexander Otto:Wir dürfen uns auf diesem positiven Votum nicht ausruhen. Ein Volksentscheid ist etwas anderes als eine Umfrage. In einem Volksentscheid müssen sich die Menschen aktiv für etwas entscheiden. Da zählen mehr die Argumente und weniger die Stimmung. Entscheidend wird sein, dass wir die Befürworter einer Hamburger Olympiabewerbung mobilisieren. Die Erfahrungen aus München lehren, dass die Gegner sich mobilisieren werden. Nicht zuletzt wird ein hohes Maß an Zustimmung in Hamburg seine Wirkung bei der Entscheidung des IOC nicht verfehlen.
Die Hafenwirtschaft sieht die Olympiapläne skeptisch, da Unternehmen vom Kleinen Grasbrook umgesiedelt werden müssen. Wie wollen Sie die Hafenwirtschaft zu einem Verbündeten machen?
Alexander Otto: Es gibt ja bereits einen Letter of Intent zwischen der Stadt, der Hamburger Hafen- und Logistik AG und der Hamburg Port Authority. Das aber reicht nicht. Jetzt müssen rasch Gespräche mit den anderen Hafenunternehmen aufgenommen und Kompromisse gefunden werden. Dabei ist unstrittig, dass Umzugskosten, die Unternehmen wegen Olympia entstehen, übernommen werden.
Sie haben eine Olympiainitiative der Hamburger Wirtschaft gegründet. Was wird aus ihr, nachdem Hamburg als nationaler Bewerber feststeht?
Alexander Otto: Vorweg: Ich bin beeindruckt, mit welchem Enthusiasmus und mit welcher finanziellen Unterstützung Hamburgs Wirtschaft sich bislang in die Olympiabewerbung eingebracht hat. Diese Hilfe ist auch künftig notwendig. Deshalb wird unsere Olympiainitiative bestehen bleiben und die Bewerbung intensiv begleiten.
Aus Berlin kam nach der Entscheidung des DOSB-Präsidiums die Kritik, die Bundeshauptstadt sei international viel bekannter als Hamburg und hätte daher größere Chancen. Wie sehen Sie das?
Alexander Otto: Es mag sein, dass Berlin häufiger von ausländischen Touristen besucht wird als Hamburg. Die Olympia-Bewerbung und die Eröffnung der Elbphilharmonie im Jahr 2017 sind daher große Chancen, Hamburg international bekannter zu machen. Allerdings können Olympische Spiele in Hamburg auch ein weltweites Vorbild werden: für nachhaltige Stadtentwicklung und für den solidarischen Zusammenhalt in einer Gesellschaft. Zu guter Letzt dürfen wir eines nicht vergessen: Zwar bewirbt Hamburg sich für die Ausrichtung der Spiele, aber dahinter steht der ganze Norden, ja ganz Deutschland.
Selbst wenn das IOC sich für eine andere Stadt entscheiden sollte: Profitiert Hamburg schon von der Bewerbung?
Alexander Otto: Unbedingt, weil wir uns bereits jetzt mit anderen Städten messen können. Eine Bewerbung ist ein guter Benchmark für die eigenen Stärken und Schwächen. Außerdem verspüre ich schon jetzt einen olympischen Geist in der Stadt.