Hamburg. Nur noch drei Prozent Umsatzplus in Deutschland wegen der Schwäche im Textilhandel. Dafür läuft das Geschäft mit Technik und Möbeln gut.

Der Hamburger Versandhändler Otto gibt beim Ausbau des Online-Geschäfts kräftig Gas: Nachdem das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr zum 28. Februar 2015 rund 60 Millionen Euro investiert habe, sei für das aktuelle Jahr ein dreistelliger Millionenbetrag vorgesehen, sagte Alexander Birken, Konzernvorstand Multi­channel Distanzhandel, auf der Jahrespressekonferenz der Otto-Einzelgesellschaft. Das Geld fließt in eine Verfeinerung der Technik und in den Ausbau der Sortimente, wird aber auch dafür eingesetzt, den Kundendialog mittels neuer Blog- und Chatformate zu intensivieren – schon jetzt gibt es sechs eigene Blogs.

Gleichzeitig weitet Otto die Personalstärke aus: In diesem Jahr wolle man 250 bis 300 Stellen besetzen, so Birken, etwa zwei Drittel der Positionen würden neu geschaffen. Gesucht werden vor allem IT-Fachkräfte, die meisten davon am Standort Hamburg. Hier hat die Tochter der Otto Group rund 2700 Beschäftigte, bundesweit sind es 4350.

Geplant ist außerdem, weitere Spezialshops einzurichten. Bisher gibt es sechs von ihnen: privileg.de und ­ekinova.de­ speziell für Technik-Artikel, daneben die drei Einrichtungs-Shops schlafwelt.de, cnouch.de und naturloft.de sowie den Universalanbieter neckermann.de.

Im Segment dieser Spezialshops, die Firmenangaben zufolge zuletzt „hervorragend gelaufen“ sind, erreichte Otto im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 70 Millionen Euro Umsatz. Insgesamt kamen die Erlöse des Unternehmens um etwa drei Prozent auf 2,34 Milliarden Euro voran, nachdem im Vorjahr noch ein Plus von sieben Prozent verbucht wurde.

„Die Schwäche im deutschen Textilhandel ist an uns nicht spurlos vorübergegangen“, erklärte Birken. Dafür habe sich der Hartwaren-Bereich „äußerst positiv entwickelt.“ So konnte das Unternehmen eine halbe Million Fernseher verkaufen, der Absatz von Smartphones stieg um 40 Prozent.

Traditionell nennt Otto für das deutsche Kerngeschäft keine konkreten Ertragszahlen. Angestrebt wird eine Umsatzrendite von drei bis fünf Prozent – „und hier lagen wir voll im Zielkorridor“, so Birken.

Nachdem die gesamte deutsche Onlinehandels-Branche jahrelang über Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozent berichten konnte, brachte 2014 nach Angaben des Bundesverbands bevh nur noch ein vergleichsweise bescheidenes Wachstum von sieben Prozent. Einschließlich des klassischen Versandgeschäfts lag der Zuwachs lediglich bei zwei Prozent. Damit konnten die Internet- und Versandhändler ihren Marktanteil am gesamten Einzelhandel von etwa elf Prozent erstmals nicht mehr steigern.

Gemessen daran hat Otto ambitioniertere Ziele: Die Erlöse sollen jährlich im Schnitt um fünf Prozent zulegen. Um dies zu realisieren, setzt das Unternehmen nicht zuletzt auf den Online-Möbelhandel. Schon bis 2016 will Otto in diesem Segment zusätzliche Umsätze im dreistelligen Millionenbereich erwirtschaften. Es handele sich um ein „sehr ertragreiches Geschäft“, sagte Birken. Schon jetzt sei Otto hier der größte Anbieter in Deutschland – vor dem Spezialisten Ikea.

Zwar druckt Otto immerhin noch rund drei Millionen Kataloge. Aber schon mehr als 85 Prozent der Erlöse werden über das Internet realisiert. Dabei nutzten bereits bis zu 40 Prozent der Besucher auf otto.de ihre Smartphones oder Tablet-Computer, der Umsatzanteil über diese Geräte lag im Weihnachtsgeschäft bei rund 25 Prozent. „Damit scheint die lang erwartete Marktreife des mobilen Shoppens tatsächlich Gestalt anzunehmen“, so Birken. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, ist seit Jahresbeginn eine Technik im Einsatz, die das vom Kunden genutzte Endgerät und seine Bildschirmauflösung erkennt und die Seitendarstellung daran anpasst. Bisher funktioniere dies bei Smartphones, bis April sollen auch Tablets hinzukommen, hieß es.

Anders als etwa bei Amazon ist eine deutliche Mehrheit von 65 bis 70 Prozent der Otto-Kunden weiblich. „Die typische Kundin ist um die 40 Jahre alt und verfügt über ein mittleres Einkommen, in den meisten Fällen hat sie eine Familie“, sagte Marc Opelt, Bereichsvorstand Vertrieb.

Um das Problem der Rücksendungen besser in den Griff zu bekommen, experimentiert das Unternehmen im Bekleidungsbereich mit einer Größenberatung. Zunächst gebe es einen Testlauf mit einer telefonischen Beratung, so Petra Scharner-Wolff, Bereichsvorstand Service.

Vor allem aber sorge das wachsende Geschäft mit technischen Produkten für steigenden Beratungsbedarf, sagte Birken: „Wir haben 2000 Mitarbeiter im Kundenservice. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal im Online-Handel.“ Darüber hinaus will das Unternehmen künftig noch stärker als bisher auf Wünsche der Kunden nach einem bestimmten Lieferzeitpunkt, etwa am Sonnabend, eingehen. Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 hatte Otto mit dem Angebot, bestellte Fernseher noch am gleichen Tag zu liefern, nach eigenen Angaben überaus großen Erfolg: 10.000 Geräte seien so verkauft worden. Eine solcher „Same Day“-Service soll aber nicht flächendeckend kommen.