Was der 31-jährige ehemalige Laienrichter angeboten haben soll, ist ein in der Hamburger Justizgeschichte wohl bisher einmaliges Verbrechen.
Hamburg. Sie haben das Schicksal von Menschen mit in ihren Händen. Sie tragen zu Verurteilungen bei und zu Freisprüchen, und sie schwören, „nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen“. Jeder Schöffe vor Gericht muss diesen Eid ablegen, ein wichtiges, ein feierliches Prozedere. Auch Johann D. hat dieses Versprechen einmal abgegeben, als Laienrichter vor dem Landgericht, mit zum Schwur erhobener Hand und ernster Miene. Jetzt blickt der 31-Jährige aus einer ganz anderen Perspektive auf die Richterbank: als Angeklagter, weil er die Pflichten seines Amtes offenbar aufs Gröbste verletzte. Freispruch gegen Geld – was der 31-jährige ehemalige Laienrichter angeboten haben soll, ist ein in der Hamburger Justizgeschichte wohl bisher einmaliges Verbrechen.
Das Gesicht zur undurchdringlichen Maske verhärtet, hatte der dunkelhaarige Angeklagte den Gerichtssaal betreten, jetzt sitzt er regungslos und mit steif durchgedrücktem Rücken da und fixiert das Gericht. Bestechlichkeit lautet der Vorwurf, der dem Hamburger gemacht wird. Laut Staatsanwaltschaft fuhr der Mann im Juni 2014 als Schöffe in einem früheren Korruptionsprozess zum Wohnort eines der Angeklagten und forderte von ihm jeweils 20.000 Euro für sich selber und einen weiteren Laienrichter. Für diese Summe wolle er ein bereits vorberatenes Urteil in dem Verfahren mithilfe des zweiten Schöffen so beeinflussen, dass es einen Freispruch gebe, lautete demnach sein Angebot. Der damalige Angeklagte ging zum Schein auf die Forderung ein.
Dann informierte er seinen Verteidiger, der sich wiederum an die Polizei wandte, so die Anklage weiter. Bei einer ebenfalls zum Schein geplanten Geldübergabe am Hauptbahnhof bemerkte der Schöffe aber offenbar, dass etwas nicht stimmte und floh. Vier Tage später wurde er festgenommen. Der Prozess, in dem er Laienrichter war, platzte am 16. Verhandlungstag. Es ist zu erwarten, dass Johann D. für die Kosten des gescheiterten Verfahrens aufkommen muss. Erfahrene Juristen schätzen, dass die sich auf mehr als 30.000 Euro belaufen könnten. Mittlerweile wurden die damaligen Angeklagten in einem neuen Verfahren zu Haftstrafen verurteilt.
Laut Staatsanwaltschaft wollte sich Johann D. mit seiner Bestechlichkeit einen „Vorteil besonders großen Ausmaßes“ verschaffen. Damit würde dem Angeklagten wegen seiner Geldgier eine Mindeststrafe von zwei Jahren Haft drohen. Sein Mandant sei, erklärt der Verteidiger des 31-Jährigen, „grundsätzlich bereit, Angaben zur Sache zu machen“. Am nächsten Verhandlungstag wird wohl auch ein anderer reden: der Zeuge, der den Bestechungsvorwurf auffliegen ließ.