Präsident des Oberverwaltungsgerichts soll der Sozialdemokrat Friedrich-Joachim Mehmel werden. Das Verwaltungsgericht bekommt eine Präsidentin. Der Richterwahlausschuss soll am 11. Juni entscheiden.
Hamburg. Es zählt zu den eher seltenen und wegen diverser Fallstricke bisweilen verdrießlichen Aufgaben der politischen Führung der Justizbehörde, die Spitzenpositionen der Gerichte neu zu besetzen. Jetzt haben Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) und Justizstaatsrat Nikolas Hill Vorschläge für gleich drei der zehn Gerichtspräsidenten-Posten vorgelegt. Nach Informationen des Abendblatts soll Friedrich-Joachim Mehmel, bislang Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, neuer Präsident des Oberverwaltungsgerichts (OVG) werden.
Der 61 Jahre alte Sozialdemokrat, der die Nachfolge des Anfang Mai pensionierten Rolf Gestefeld antreten soll, hat sich über seine richterliche Tätigkeit hinaus in Rechtsfragen und rechtspolitischen Debatten profiliert. Mehmel gründete 2009 den Verein Rechtsstandort Hamburg und ist seit 2012 dessen Vorsitzender. Der Verein hat unter anderem das Ziel, international für Hamburg als Standort zum Beispiel von Schiedsgerichten zu werben. Der Verwaltungsjurist hat einen Lehrauftrag an der Juristischen Fakultät der Universität und ist seit 2012 auch Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts. Axel Filges, Vorsitzender der Bundesrechtsanwaltskammer aus Hamburg, nannte den über die Parteigrenzen hinaus anerkannten Mehmel einmal „Meister des Networkings“.
„Jochen“ Mehmel war über viele Jahre parteipolitisch sehr aktiv: Allein 22 Jahre lang war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (AsJ), von manchen früher als „linke Kaderschmiede“ in der Hamburger SPD beargwöhnt. Und der Jurist war Mitglied im SPD-Landesvorstand, als der größte Skandal die Nachkriegspartei erschütterte: der Stimmenklau im Februar 2007. Fast 1000 Stimmzettel fehlten plötzlich bei der Auszählung der Mitgliederabstimmung über den künftigen Bürgermeisterkandidaten zwischen dem früheren Landesvorsitzenden Mathias Petersen und der heutigen Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt. Mehmel war Vorsitzender der Zählkommission, die die Auszählung schließlich abbrach. Eine spätere Nachzählung ergab, dass Petersen uneinholbar vorn lag – unabhängig von den gestohlenen Stimmzetteln. SPD-Bürgermeisterkandidat wurde jedoch Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann.
Im Vorfeld Widerstand gegen Mehmels Nominierung
Es ist durchaus charakteristisch für die von Neid und Missgunst nicht völlig freie Stimmung rund um das Gerichtszentrum am Sievekingplatz, dass es gegen Mehmels Nominierung im Vorfeld erhebliche Widerstände gab. Ex-OVG-Präsident Gestefeld soll sich nach Informationen des Abendblatts explizit gegen Mehmel als seinen Nachfolger ausgesprochen haben. Gestefeld favorisierte den OVG-Vizepräsidenten Günther Ungerbieler. Ein Problem bestand darin, dass Gestefeld als Vorgesetzter sowohl für Mehmel als auch für Ungerbieler die Beurteilung schreiben musste. Die fiel im Falle Mehmels nach dessen Ansicht offensichtlich so wenig überzeugend aus, dass er dagegen Widerspruch einlegte.
Hinzu kam, dass zwei Mitglieder des Richterwahlausschusses Gestefeld für befangen hielten, weil er die beiden davon zu überzeugen versucht haben soll, dass Mehmel auf keinen Fall sein Nachfolger werden dürfe. Schließlich fertigte Sabine Haase, die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts (VG), eine neue Beurteilung für Mehmel an, auf deren Basis die Entscheidung der Behördenleitung für ihn schließlich fiel.
Die 60 Jahre alte Juristin soll nach dem Vorschlag von Schiedek und Hill neue Präsidentin des VG werden. Der Posten ist seit der Pensionierung von Klaus Seifert Ende November 2013 vakant. Die erfahrene Verwaltungsrichterin ist seit 2011 Vizepräsidentin des Gerichts und als Mediatorin tätig. Sabine Haase setzte sich gegen einen Hamburger Richter durch, der zum Uno-Tribunal in Genf abgeordnet ist. Die dritte Personalie schließt eine langjährige Lücke: Neuer Präsident des Landessozialgerichts soll Wolfgang Siewert werden, derzeit Leiter des Justizverwaltungsamtes. Der Posten war seit 2007 unbesetzt, nachdem der damalige Präsident Michael R. beurlaubt worden war. Gegen ihn lief ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften. Obwohl es nie zur Anklage kam, zogen sich die disziplinarrechtlichen Auseinandersetzungen über Jahre hin. Im September 2013 wurde R. in den Ruhestand versetzt.
Der 54 Jahre alte Siewert, der einst aus Bayern nach Hamburg kam, genießt in der Justizbehörde einen ausgezeichneten Ruf. Siewert konnte sich nach Abendblatt-Informationen gegen zwei Mitbewerber durchsetzen: die Vizepräsidentin des Landessozialgerichts, Ariane Abayan, die jedoch erst seit wenigen Monaten im Amt ist, sowie den Direktor des Sozialgerichts Kassel, einen Sozialdemokraten.
Der Richterwahlausschuss soll nun am 11. Juni über die entsprechenden Personalien entscheiden. In dem 14-köpfigen Gremium werden neben Senatorin Jana Schiedek und Staatsrat Nikolas Hill auch noch Richter, Rechtsanwälte sowie sechs Vertreter der Parteien sitzen.