Die SPD hat das Regierungsprogramm „Hamburg weiter vorn“ verabschiedet. Bürgermeister Scholz benannte in seiner Rede Wohnungsbau, Fahrradwege und die neue U-Bahn als wichtige Aufgaben.
Wilhelmsburg. Die SPD erhebt selbstbewusst den Anspruch, Hamburg auch nach der Bürgerschafswahl im Februar 2015 zu regieren. Anlässlich der Verabschiedung des Wahlprogramms sagte Bürgermeister Olaf Scholz am Sonnabend auf einem Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg: „Wir bitten die Hamburger erneut um ein starkes Mandat für die SPD.“
Den Grund für dieses demonstrative Selbstbewusstsein sieht der SPD-Landesvorsitzende in der Regierungsbilanz der vergangenen vier Jahre: „Wir haben Wort gehalten, das Wahlprogramm ist komplett umgesetzt. Wir haben gut regiert.“ In seiner gut 30-minütigen Rede zeichnete Scholz ein positives Bild der Stadt. Hamburg habe allen Grund zu Optimismus. Die Wirtschaft wachse, die Stadt sei attraktiv und ziehe beständig Neubürger an.
Anfang 2011 hatte die SPD aus der Opposition heraus mit gut 48 Prozent die absolute Mehrheit geholt und damit knapp zehn Jahre CDU-Regierungszeit beendet. Derzeit liegt sie in Umfragen bei 43 bis 45 Prozent und damit immer noch zumindest in der Nähe der absoluten Mehrheit. Dieses große Vertrauen der Bürger habe auch mit der Verlässlichkeit der SPD-Politik zu tun, betonte Scholz, dem seine Genossen mehr als vier Minuten lang applaudierten.
Auch für die kommende, erstmals fünfjährige Wahlperiode, versprach der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, dass alle Ankündigungen im neuen „Regierungsprogramm“ auch umgesetzt würden. Das 70-seitige Papier mit dem Titel „Hamburg weiter vorn“ wurde nach kurzer Debatte von den 293 Delegierten bei nur drei Gegenstimmen mit großer Mehrheit angenommen.
Wie der Titel andeutet, verspricht das Programm im Wesentlichen eine Fortsetzung der bisherigen SPD-Politik. Auf inhaltliche Kurswechsel oder große neue Ankündigungen verzichtete die Partei. So sollen auch künftig mindestens 6000 Wohnungen, darunter 2000 Sozialwohnungen, pro Jahr gebaut werden. Um den Druck auf die Mieten in den angesagtesten Vierteln wie Ottensen oder Eimsbüttel zu mindern, will die SPD die Attraktivität anderer Stadtteile erhöhen. „Diese Stadt hat viele attraktive Quartiere. Wir werden dafür sorgen, dass sie entwickelt werden“, sagte Scholz und nannte als Beispiele den „Hamburger Osten“ um Rothenburgsort und Billstedt, die neue Mitte Altona, Wilhelmsburg und den Harburger Binnenhafen.
Auch im Bereich Verkehr wollen die Sozialdemokraten Kurs halten. Er verstehe nicht, dass unsere Vorväter vor 100 Jahren einen ganzen U-Bahnring bauen konnten, heute aber jede neue Station als Problem gesehen werde, sagte Scholz mit Blick auf die geplante neue U-Bahn-Linie 5, die sein Senat derzeit anschiebt. Auch den Fahrradverkehr wolle er weiter fördern: „Wir müssen Fahrradwege bauen, und nicht nur darüber reden“, so der Bürgermeister – das durfte als Seitenhieb auf die Grünen verstanden werden. Deren Anhänger würden es Umfragen zufolge auch begrüßen, wenn die „Busse schneller durch die Stadt“ kämen, sagte Scholz, ohne das Reizwort „Busbeschleunigungsprogramm“ zu verwenden, das auch im Wahlprogramm nicht vorkommt.
Einige der Ankündigungen des Papiers wurden schon in den vergangenen Tagen im Ansatz Realität. So vereinbarte die SPD mit den Trägern der Kindertagesstätten für die kommende Wahlperiode bereits eine Verbesserung der Betreuungsqualität. An den Kosten von 120 Millionen Euro wollen sich die Träger mit rund 35 Millionen beteiligen.
Auch die Entwicklung des Überseequartiers in der HafenCity, von dem es im Programm noch knapp heißt, es werde nun „endlich gebaut“, wurde bereits am Freitag angeschoben: An dem Tag präsentierte Scholz den neuen Investor für das 860-Millionen-Euro-Projekt, den französischen Immobilienkonzern Unibail-Rodamco.
Mit Blick auf den Haushalt 2015 / 2016, der am kommenden Mittwoch verabschiedet werden soll, sagte Scholz, die „solide Finanzpolitik“, die dazu geführt habe, dass Hamburg schon in diesem Jahr keine Schulden mehr mache, werde fortgesetzt. Alle im Programm angekündigten neuen Ausgaben seien bereits in diesen Etat eingearbeitet.
Kritik äußerte mit Jochen Rasch nur ein Delegierter. „Dieses Wahlprogramm ist nicht sozialdemokratisch, sondern neoliberal“, sagte Rasch. Alles sei auf die Schuldenbremse ausgerichtet, selbst Mehreinnahmen würden nicht ausgegeben, das sei „absurd“. Während sich daraufhin keine Hand regte, bekam Juso-Chef Carl Philipp Schöpe großen Beifall für seine Gegenrede: „Wir haben den Haushalt konsolidiert und trotzdem die Studiengebühren abgeschafft, trotzdem die Kitagebühren abgeschafft und trotzdem Wohnungen gebaut.“
Ein andere Form von Kritik bekamen die meisten Sozialdemokraten dagegen gar nicht mehr mit: Vor dem Bürgerhaus protestierten etwa 50 Anhänger der Bewegung „Recht auf Stadt“ gegen die Flüchtlingspolitik des Senats. Doch als sie gegen 12 Uhr mit Spruchbändern und Megafon auftraten, war der Parteitag schon beendet.