Die Realisierung des Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung hat sich für den Steuerzahler zu einer sehr teuren Posse entwickelt. Hamburg baut das Zentrum für 82,4 Millionen Euro zu Ende.
Finkenwerder. Die Stadt muss 82,4 Millionen Euro für den Bau des Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) auf Finkenwerder bezahlen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Anjes Tjarks hervor. „Die Realisierung des ZAL hat sich zu einer peinlichen und vor allem für den Steuerzahler sehr teuren Posse entwickelt.“
Hier sei eigentlich alles schiefgegangen, was schiefgehen könne und im Endeffekt, müsse die Stadt die Zeche zahlen, sagt Tjarks. Der Bund der Steuerzahler Hamburg greift die Stadt ebenfalls an: „Plötzlich wird aus dem Bauvorhaben eines Privatinvestors ein städtisches Projekt. Die Fehler der Politik sollen wieder mal mit dem Geld der Steuerzahler ausgebügelt werden. Das kann es nicht sein“, sagte der Vorsitzende Lorenz Palte.
Ursprünglich sollten der Stadt bei der Errichtung des Gebäudes gar keine Kosten entstehen. Der private Investor Lukas Bauprojekt GmbH – der dazu die FAP First Aviation Property Development Grundstücksgesellschaft KG (FAP KG) gegründet hatte – sollte die Immobilie bauen und diese dann nach der Fertigstellung an das ZAL vermieten.
Viele Verzögerungen und Probleme hat es bei der Umsetzung gegeben
Doch im Laufe der Bauarbeiten kam es zu Differenzen zwischen den Initiatoren des ZAL und dem privaten Investor. Ende Juli bestätigte die zuständige Wirtschaftsbehörde, dass sie das Bauvorhaben selbst in die Hand genommen habe. Damals hieß es aus der Behörde, es habe viele Verzögerungen und Probleme bei der Umsetzung des Bauvorhabens gegeben.
Eigentlich war der Einzug ins Gebäude mit 26.500 Quadratmeter Nutzfläche schon für Sommer 2013 geplant, nun ist Ende 2015 als Termin vorgesehen.
Hamburg ist das größte Zentrum der zivilen Luftfahrtindustrie in Deutschland. Von dieser Branche hängen in der Metropolregion etwa 40.000 Arbeitsplätze ab, darunter allein rund 13.000 bei Airbus und 8000 bei Lufthansa Technik. „Das ZAL ist ein zentraler Baustein für den Luftfahrtstandort Hamburg, mit dem ein neues Kapitel der deutschen Luftfahrtgeschichte geschrieben wird“, sagte Wirtschaftsstaatsrat Bernd Egert (SPD) dem Abendblatt. Der größte Nutzer des ZAL sei Airbus und damit wollen wir das Unternehmen auch langfristig an den Standort Hamburg binden, sagt Staatsrat Egert.
Das ZAL ist ein zentraler Baustein für den Luftfahrtstandort Hamburg
Zu den Gesellschaftern des ZAL gehören neben Airbus, die Stadt Hamburg und Lufthansa Technik. Herzstück des ZAL ist das TechCenter in dem die Akteure des Luftfahrtclusters „Hamburg Aviation“ unter einem Dach anwendungsorientiert forschen und entwickeln sollen. Nach der Fertigstellung, sollen hier bis zu 600 Menschen arbeiten.
Die Antwort auf die Tjarks-Anfrage deckte nun auch auf, worum es bei den Streitigkeiten zwischen der Lukas Bauprojekt GmbH und der Stadt ging. Eine Rolle spielten demnach „unterschiedliche Auffassungen zur Vertragsauslegung“, insbesondere über den Terminplan sowie über die Fassadengestaltung. Aber auch über die Dachbegrünung und die Ausstattung und Größe der Kantine gab es unterschiedliche Ansichten. Der Streit zwischen der Stadt und dem Investor ging tief ins Detail: Es gab sogar um die Position der Wände und Türen Auseinandersetzungen.
Der frühere Investor sagte: „Beim Bau des ZAL Tech Centers gab es über gewünschte und zusätzliche Änderungen der Bauausführung und des Mieterausbaus sowie deren Kostenübernahme unterschiedliche Ansichten“, sagt Wolfram Lukas, Geschäftsführer der Lukas Bauprojekt GmbH. Aus diesem Grund hätten sich die Beteiligten einvernehmlich auf den Erwerb der Geschäftsanteile der Objektgesellschaft geeinigt
Die Baukosten werden durch die Mieteinnahmen langfristig refinanziert
Die städtische Projektierungsgesellschaft Finkenwerder hat dazu zwei Tochtergesellschaften gegründet, die die FAP KG von der Lukas Bauprojekt GmbH übernommen haben. Dafür wurden rund 17,3 Millionen Euro bezahlt. Für die Fertigstellung des Gebäudes werden weitere 62,5 Millionen Euro fällig, dazu kommen etwa 2,6 Millionen Euro für die Kreditfinanzierung. Alles in allem sind das rund 82,4 Millionen Euro. Staatsrat Egert ist wichtig: „Die Baukosten werden durch die Mieteinnahmen langfristig refinanziert.“
Grünen-Politiker Tjarks ist der Deal zwischen Stadt und Investor nicht geheuer: „Der Investor hat sich anscheinend eine goldene Nase verdient, weil die Stadt ihn unbedingt loswerden wollte. Der Senat wird sich dazu noch unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.“