Ein US-amerikanisches Eisenbahnunternehmen will den Betrieb übernehmen und verspricht: Alle halbe Stunde soll ein Zug fahren.

Niebüll/Westerland Etwa 960.000 Autofahrer benutzen Jahr für Jahr den sogenannten Sylt-Shuttle, um in der Urlaubszeit nicht auf das eigene Fahrzeug verzichten zu müssen. Bislang ist die Deutsche Bahn Betreiber des Autozuges, der zwischen Niebüll und Westerland verkehrt und die Insel über den Hindenburgdamm ansteuert. Für das Staatsunternehmen ist das ein einträgliches Geschäft. Eine Straßenverbindung zur Insel gibt es nicht.

Der „Sylt-Shuttle“ gilt als einzige derzeit profitabler Autozugstrecke in Deutschland. Nachdem die Bahn derzeit ihr Angebot für die Autozüge aufgibt, bekommt sie nun bei der Verbindung nach Sylt Konkurrenz durch ein privates Bahnunternehmen. Die Railroad Development Cooperation Deutschland (RDC D), die Tochter eines US-amerikanischen Unternehmens, hat sich jetzt um einen langfristigen Rahmenvertrag für den Betrieb des Autozuges beworben. Das Hamburger Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum künftigen Sylt-Shuttle.

Wie lukrativ ist der Sylt-Shuttle?

Bislang betreibt die Deutsche Bahn den Autozug, der zwischen Niebüll und Westerland verkehrt. Da es keine Straßenverbindung zwischen dem Festland und der Insel gibt, gilt diese Verbindung als ausgesprochen lukrativ. Insider sprechen von einem jährlichen Gewinn in Höhe von 60 Millionen Euro. Schleswig-Holstein kritisiert, dass die Deutsche Bahn zwar gut an der Strecke verdient, aus Sicht des Landes aber viel zu wenig in die Verbindung, die in Teilbereichen noch eingleisig ist, investiert.

Weshalb können Eisenbahnunternehmen sich um den Sylt-Shuttle bewerben?

Sogenannte Trassen für den Betrieb des Sylt-Shuttle werden stets nur für einen Zeitraum von zehn Jahren vergeben. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember des kommenden Jahres laufen die bisher geltenden Vereinbarungen aus. Eine Bahnsprecherin erklärte am Mittwoch auf Anfrage, dass ihr Unternehmen erneut Trassen beantragt habe. Zudem hat dieses Mal das US-amerikanische Unternehmen RDC D ebenfalls beantragt, den Betrieb des Autozuges im kommenden Jahrzehnt zu übernehmen. Man habe „im Verfahren zur Vergabe von langfristigen Rahmenverträgen entsprechende Anmeldungen eingereicht“, erklärte das Unternehmen am Mittwoch.

Was sollte sich ändern, wenn die Railroad Development Cooperation Deutschland den Zuschlag für den Sylt-Shuttle erhalten sollte?

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, würde das amerikanische Unternehmen den Autozug täglich zwischen vier Uhr morgens und 23 Uhr abends alle halbe Stunde fahren lassen. „Bis zu 50 Prozent mehr Abfahrten sind beantragt“, erklärte das Unternehmen dazu. Bei der Planung sei darauf geachtet worden, den Schienenpersonenverkehr nicht zu verdrängen. „Ziel ist es, den Touristen mehr Service und der Wirtschaft, den Einwohnern und den auf der Insel Beschäftigten einen besseren Autozug zu bieten.“

Wird die Bahn ihr bisheriges Angebot an Autozügen verändern?

Wohl eher nicht. Das Unternehmen will nach den Worten einer Sprecherin die bisherigen Regelungen, wonach ein Autozug nur zu Spitzenzeiten alle 30 Minuten fährt, weitestgehend beibehalten. Dies bisherigen Fahrpläne basierten auf langjährigen Erfahrungen. Man schaue sich das Passagieraufkommen sehr genau an. Wenn ein Bedarf bestehe, würden auch mehr Züge eingesetzt, zum Beispiel zu Weihnachten oder Ostern und in der Urlaubszeit.

Wie sieht der Vergabeprozess aus?

Nach den Worten einer Sprecherin der DB Netz AG wird jetzt geprüft, ob alle Trassenanmeldungen auf der Strecke „untergebracht“ werden können. Gelinge das nicht, werde mit allen Antragstellern eine „Konfliktlösung“ versucht. Gibt es auch dabei keine Lösung, entscheide die DB Netz AG auf gesetzlicher Grundlage, wer die Trasse letztlich bekomme. Überwacht werde der Prozess von der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde. Mit einer Entscheidung rechnen die Beteiligten im März des kommenden Jahres.

Welche Chancen rechnet sich RDC D aus?

Das amerikanische Unternehmen hofft auf den Zuschlag, weil es der DB Netz AG erheblich mehr Geld bezahlen will. Man plane eine deutliche Ausweitung des Verkehrs, wodurch „die Trasseneinnahmen der DB Netz AG erheblich steigen“ würden, erklärte das Unternehmen. Die DB Netz erhalte dadurch zusätzliche Einnahmen, um die Strecke zwischen Niebüll und Westerland zu ertüchtigen und auszubauen.

Wer steckt hinter RDC?

Die Railroad Development Cooperation (RDC) wurde im Jahr 1987 in Pittsburgh von Henry Posner gegründet, der Vorstandschef ist. In Deutschland ist sie Hauptgesellschafter der Hamburg-Köln-Express GmbH. Das Unternehmen befährt neben der Bahn die Strecken zwischen der Hansestadt und der Rheinmetropole. Wie die FAZ berichtet schreibt das Unternehmen noch Verluste. „Wir sind geduldige Investoren und gleichzeitig ungeduldige Manager“ zitiert die Zeitung Posner.

Was kostet derzeit eine Fahrt mit dem Sylt-Shuttle?

Die Bahn bietet ihrem aktuellen Katalog zufolge eine einfache Fahrt für 51 Euro an. Hin- und Rückfahrt kosten 90 Euro. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag sind Hin- und Rückfahrt mit 77 Euro etwas günstiger. Die Hin- und Rückfahrt für ein Wohnmobil schlägt mit 142 Euro zu Buche.

Was wird aus der Idee, eine Autozuglinie von Flensburg nach Sylt auszuschreiben?

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer prüft nach Darstellung seines Ministeriums derzeit, ob es Wege und einen Nutzen für das Land gibt, das „Netz-West“ und den Autozug zu verknüpfen. Aufgrund des Zeitplans sei die aktuelle Ausschreibung für das „Netz-West“ davon aber nicht betroffen.